0159 - Seance des Schreckens
erhob sich, nachdem er den geleerten Teller endgültig in die Mitte des Tisches geschoben hatte. Er winkte der Bedienung und äußerte die Absicht, zu zahlen. »Es ist aussichtslos, den Burschen jetzt in die Hände zu bekommen«, sagte er. »Mitten zwischen all den Leuten kann ich ihn nicht stellen und vernichten. Selbst wenn er Asmodis selbst wäre…«
»Von dem wir in letzter Zeit erstaunlich wenig hören«, warf Nicole ein. »Irgend etwas ist da faul, oberfaul sogar. Wenn ich an seine Wut und seinen Vernichtungswillen denke, den er damals bekundete, nachdem du ihm so viele Niederlagen hintereinander bereitet hast…«
»Wir«, korrigierte Zamorra sanft. »Wir alle waren es. Ja, ich glaube auch, daß der Fürst der Finsternis eine ganz dicke Sache ausbrütet, aber ich glaube nicht, daß diese Sache etwas damit zu tun hat.«
Die Bedienung kam, und die vier zahlten.
»Ich werde mich für eine oder auch nur eine halbe Stunde zurückziehen«, verkündete der Professor. »Ich habe etwas vor, wobei ich völlige Ruhe brauche.«
Fragend sah Nicole ihn an. Zamorra lächelte dünn. »Ich werde mich um den Verbleib des Amuletts kümmern.«
Nicole hob die Schultern. Sie spürte den unausgesprochenen Vorwurf in seiner Stimme, hatte aber dennoch keine Erinnerung daran, auf welche Weise die silberne Scheibe verschwunden war. Aber sie wußte, auf welche Weise Zamorra versuchen wollte, sie zurückzuholen oder zumindest ihren Aufenthaltsort ausfindig zu machen.
Da sie nicht allein unten bleiben wollte, folgte sie Zamorra. Sie wußte, daß seine Anwesenheit ihn nicht stören würde. Im Zimmer ließ sich der Professor in einem der beiden Sessel nieder. Nicole hockte sich auf die Bettkante. Sie beobachtete, dachte ebenfalls an das, was er plante. Vielleicht konnte sie ihn durch eigene Gedankenkonzentration unterstützen.
Zamorra versetzte sich in eine Art Halbtrance. Es gelang ihm relativ schnell. Er verwendete eine tibetische Meditationstechnik und ließ seine Umgebung einfach versinken. Dann griff sein Geist aus und suchte nach dem Amulett.
Es gab eine intensive Verbindung zwischen ihm und dem Amulett. Eine Verbindung, die eine fantastisch wirkende Möglichkeit eröffnete. Schon oftmals hatte Zamorra sie erprobt.
Wenn die Entfernung nicht zu groß war, genügte sein Gedankenruf, es herbeizuholen. Selbstätig aktivierte es sich und kam schwebend zu ihm, wobei es keine Rolle spielte, ob sich etwa feste Materie wie Hauswände oder Ähnliches zwischen ihnen befand. Das Amulett durchdrang die Hindernisse einfach.
Es kam lediglich auf die Entfernung an.
Zamorra versuchte jetzt, das Amulett zu sich zu rufen. Er hatte bislang noch nie die Entfernungsgrenze exakt abschätzen können, und er konnte nur hoffen, daß es klappte, daß die Verbindung zustande kam.
Wieder und wieder rief er.
Doch nichts regte sich. Auch nach einer Viertelstunde ständigen Suchens schwebte kein Amulett zu ihm.
Zamorra ahnte nicht, daß der Kontakt längst stattgefunden hatte - aber auf eine völlig andere Weise, als er geglaubt hatte…
***
Lediglich Gregor Iljuschin, der Sibirer, beobachtete eine Randerscheinung, die ihm verdächtig vorkam, und es mußte reiner Zufall sein, daß er Zeuge des Vorfalles wurde.
Ein jung aussehender schwarzhaariger Mann zuckte unmotiviert zusammen. Sein Gesicht verzerrte sich wie unter starken Schmerzen. Er verabschiedete sich ziemlich abrupt aus der Diskussionsrunde, in der ziemlich heftig über ein bestimmtes Problem gestritten wurde. Wahrscheinlich ging es um den Weltraum-Romanhelden YXZ, der auf dem Planeten ABC gestrandet war, und zu dessen Rettung der Autor ziemlich abstruse Logikfehler bemüht hatte.
Iljuschins Blicke folgten dem jungen Mann. Er taumelte zuweilen, als sei er betrunken, und hatte es merkwürdig eilig, sich zu entfernen.
»Da ist etwas faul«, brummte der Sibirer. »Möchte wissen, wer das war…«
Aber dann scheute er doch wieder davor zürück, in die Diskussionsrunde hineinzuplatzen und nach dem Verschwundenen zu fragen.
Warum war der so plötzlich aufgebrochen?
Es konnte Zufall sein. Vielleicht plötzlich auftretende Magenschmerzen eines Junggesellen, der sich ausschließlich von Pommes-frites ernährte.
Aber an Zufälle glaubte der Schriftsteller und Legendenforscher Iljuschin nicht mehr.
***
Der Diener des Erhabenen hatte seinen Namen längst vergessen. Er befand sich im Bann des Unheimlichen, der ihm die starken Hypno-Kräfte gegeben hatte. Seine Aufgabe war es, die Ungeheuer zu
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