016 - Der Satanswolf
entdeckte die beiden – den untoten Catcher und meinen deutschen Freund. Herbert »Tiger« Ambros ließ soeben von Trissenaar ab. Mir krampfte es das Herz zusammen. Rainer! Lebte er nicht mehr? Der Zombie hätte sich bestimmt nicht von ihm gelöst, wenn sich noch ein Funken Leben in ihm befunden hätte.
Rainer!
Für mich brach eine Welt zusammen. Er konnte nicht mehr leben.
Wut und Haß, Verbitterung und Enttäuschung machten mich blind.
Das war gefährlich, aber ich vermochte mich nicht zu beherrschen.
Dieser gottverfluchte Zombie hatte einen Mann umgebracht, dem ich menschlich sehr nahe gestanden hatte.
Rainer Trissenaar, der einmal an meiner Seite kämpfen wollte, der sich darüber gefreut hatte, als er von Detlev Menningmanns Ausbruch gelesen hatte, der stolz darauf gewesen war, mit mir dieses Abenteuer zu bestreiten.
Diesen Rainer Trissenaar gab es nicht mehr.
Menningmanns Zombie hatte ihn umgebracht!
Ich hatte mich nicht mehr in der Gewalt. Das kommt bei mir selten vor. Ich hätte wohl kaum so viele Abenteuer heil überstanden, wenn ich nicht in den meisten Fällen einen kühlen Kopf bewahrt hätte. Doch manchmal wurde es selbst mir, der einiges gewöhnt war, zuviel.
Trissenaars letzte heldenhafte Tat war es gewesen, einem Menschen selbstlos das Leben zu retten.
Aber dann, als er selbst Hilfe gebraucht hätte, hatte Markus Laber kläglich versagt.
Ich haßte das Schicksal, das so grausam hart zugeschlagen hatte.
Und Haß kann eine gewaltige Triebfeder sein!
Der Zombie wandte sich mir zu. Rainer Trissenaar lebte nicht mehr, und mich wollte der Untote gleich hinter dem Detektiv aus Frankfurt herschicken. Doch ich war nicht Markus Laber und auch nicht Trissenaar. Jetzt hatte es der verdammte Zombie mit Tony Ballard, dem Dämonenhasser, zu tun, und ich wollte ihm beweisen, daß er mit mir kein so leichtes Spiel hatte.
Ich richtete die Weihwasserpistole auf ihn und drückte ab. Ein nadeldünner Strahl zischte aus der Düse. Getroffen brüllte der Zombie auf. Es hatte den Anschein, als hätte ihn eine Kanonenkugel getroffen. Er wurde herumgerissen und landete neben Trissenaar auf dem Boden. Ein konvulsivisches Zucken erfaßte seinen Körper.
Ich hechtete an ihm vorbei und holte mir meinen Colt Diamondback, und als Herbert »Tiger« Ambros sich bemühte, wieder aufzustehen, schaltete ich ihn mit zwei geweihten Silberkugeln, die ich aus kürzester Distanz abfeuerte, endgültig aus.
Es war ein Sieg. Doch wenn mein Blick auf Rainer Trissenaar fiel, hatte ich auf diesem Friedhof eine meiner schmerzhaftesten Niederlagen erlitten.
Und der Kampf war noch nicht zu Ende. Ich vernahm plötzlich Martina Menningmanns Hilferufe. Dumpf, hallend klangen sie, als würden sie aus einer Gruft kommen. Aha, der Satanswolf hat sie versteckt, um sich besser zunächst um uns kümmern zu können.
Ich lief auf die Hilferufe zu.
Da schrie auf einmal auch Markus Laber, daß mir die Haare zu Berge standen. Er war näher. Ich änderte geringfügig meine Laufrichtung, und als ich den Mann dann erblickte, wurde mir in vollem Umfang klar, mit was für einem mächtigen Gegner ich es auf diesem Friedhof zu tun hatte.
Laber befand sich nicht zwischen den Gräbern. Er stand nicht auf dem Boden. Er hing in der Luft. Magie hielt ihn dort oben fest. Der Satanswolf war dafür verantwortlich. Ich suchte ihn gehetzt, entdeckte ihn jedoch nirgendwo.
Markus Laber schrie wie auf der Folter. Die Höhe: etwa zehn Meter. Deutlich sah ich den verzweifelten Mann vor mir, denn genau hinter ihm leuchtete die riesige Scheibe des Vollmonds. Es schien der Mond zu sein, der den Mann wie ein Magnet festhielt. Doch ich wußte es besser, wer mit Markus Laber wirklich spielte.
Ich brauchte Menningmann nicht unbedingt zu sehen.
»Menningmann!« brüllte ich aus vollem Halse. »Laß ihn runter! Kämpf gegen mich! Laß mich sehen, wir stark du tatsächlich bist!«
O Gott, der Satanswolf erfüllte mir meinen Wunsch. Er ließ Markus Laber runter, aber nicht langsam, behutsam. Er trennte die magische Verbindung einfach, und nun gab es nichts mehr, was Laber in der Luft festhielt. Er stürzte augenblicklich in die Tiefe.
Aus einer Höhe von zehn Metern! Und der Höllengünstling richtete es auch noch so ein, daß Laber direkt auf ein eisernes Grabkreuz fiel.
Das Eisen durchdrang den Brustkorb des Unglücklichen, und auf Menningmanns Konto kam ein weiterer Toter.
»Es ist genug!« schrie ich, daß mir die Adern weit aus dem Hals traten.
Die Hilferufe
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