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016 - Herrin der Woelfe

016 - Herrin der Woelfe

Titel: 016 - Herrin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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angefallen. Sie liegt irgendwo – ganz in der Nähe.
    Thania sprang auf und schlüpfte in die Jeans. In diesem Augenblick hörte sie erneut den klagenden Laut, und gleichzeitig öffnete sich unten eine Tür. Jemand schritt über den Hof. Sie war froh, dass Woiew oder Alexis der Sache nachgingen, denn sie hatte immer etwas Furcht, wenn sie nach dem Traum aufwachte. Dann war die Nacht unheimlich und beängstigend.
    Mit angehaltenem Atem lauschte sie, bis am anderen Ende des Hofes knarrend eine Tür aufging. Es folgte ein Moment der Stille, dann erklang ein spitzer Schrei, der abrupt abgewürgt wurde. Danach hörte sie nichts mehr.
    Das Mädchen ballte unwillkürlich die Fäuste und kämpfte gegen eine Gänsehaut an.
    Sie grub Ihre Zähne in die Unterlippe und wartete mit klopfendem Herzen.
    Nach einer Weile hörte sie die Schritte wieder, und die knarrende Tür wurde geschlossen. Sonst nichts, nur die Schritte des Mannes.
    O Gott, was ist geschehen? dachte das Mädchen.
    Sie lief aus dem Zimmer und fiel fast über Cuon. Unten ging jemand mit einer Taschenlampe herum.
    »Herr Woiew?« rief sie halblaut.
    Er sah zu ihr hoch. Seine Züge waren verzerrt in animalischer Wildheit. So intensiv war sein Blick, dass sie erschrak.
    »Haben Sie sie – gefunden?« stammelte sie.
    Er gab keine Antwort und verschwand in der Bibliothek.
    Noch nachdem sie wieder im Bett lag, lauschte sie auf die Geräusche der Nacht. Wer immer die Frau gewesen war, die geschrieen hatte, sie blieb stumm. Nur die Phantasie gaukelte dem Mädchen schreckliche Dinge vor.
    Sie erwachte spät und war augenblicklich von Unruhe erfüllt.
    Es war kein neuartiges Gefühl für sie; es war der Einfluss des Vollmondes, der ihre Nerven und Eingeweide zum Kribbeln brachte, verbunden mit einem vagen Verlangen.
    Alexis’ Frühstück, trug an diesem Morgen nichts zu einer Besserung ihres Befindens bei. Sie aß, ohne ihren Hunger zu stillen. Die alten Ängste stellten sich wieder ein.
    Was nützten alle Vorsätze, alle Vernunft gegen diese teuflische Macht des Mondes?
    Aber auch Woiews und Alexis’ schien sich eine sonderbare Nervosität bemächtigt zu haben. Das brachte ihre Gedanken auf das nächtliche Erlebnis zurück.
    Sie versuchte Alexis auszuhorchen. – Der alte Diener gab vor, nichts gehört zu haben, aber Thania war sicher, dass er sich nur unwissend stellte.
    Woiew entschuldigte sich überraschenderweise für den nächtlichen Tumult, gab jedoch keine Erklärung ab.
    Thania war nicht bereit, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
    »Wer war die Frau?« fragte sie.
    Er hob die Schultern. »Eine Neugierige, nehme ich an.«
    »Mitten in der Nacht?«
    »Warum nicht? Sie kamen auch allein her, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Bei Tag«, erwiderte sie.
    »Meinen Sie, Sie hätten bei Tag mehr Chancen gegen die Wölfe?« fragte er. »Nur zwei Dinge haben Sie an diesem Tag gerettet. Einmal, dass die Tiere lediglich auf mein Geheiß töten, und zum anderen, dass Sie selbst ein Wolf sind, auch wenn Sie es immer noch nicht wahrhaben wollen.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass die Wölfe die Frau getötet haben?«
    »Es liegt in der Natur dieser Tiere, zu töten«, erklärte er gleichmütig. »Sie werden es verstehen, wenn der heutige Tag vorüber ist.«
    »Sie Mörder!« unterbrach sie ihn.
    Er sah sie nachdenklich an. »Sie sind ein bedauernswertes Geschöpf, Fräulein Lemar. Offenbar ist Ihre menschliche Natur stärker. Die Schranke des Vergessens schützt Sie vor Ihrer eigenen Bestialität, vor Ihren eigenen animalischen Trieben.
    Aber nicht vor der Wut der Menschen. Sie dauern mich, weil Sie so hilflos sind in Ihrem Unverstand.«
    »Versuchen Sie mir nichts einzureden!«
    Er ließ sich nicht beirren. »Was glauben Sie eigentlich, warum ich so viel Geduld mit Ihnen habe und Sie nicht einfach abserviere wie alle diese Zeitungstypen, die vor Ihnen hier waren? Ihres hübschen Gesichts wegen? Nein, Gnädigste, was mich an Ihnen reizt, ist anderer Art. Hier!«
    Er wandte sich um, griff auf den Schreibtisch und drückte ihr einen Stoß Fotografien in die Hand.
    »Sehen Sie sich die mal durch! Ich bin sicher, da ist manches bekannte Gesicht dabei.«
    Bestürzt starrte sie auf die Fotos. Es waren fast alles Passbilder von Männern und Frauen verschiedenen Alters.
    Einige der Gesichter waren ihr unbekannt, aber der weitaus größere Teil schien ihr vertraut, auch wenn sie nicht wusste, woher sie sie kannte. Erst das letzte Bild brachte ihr deutlich ein Erlebnis in Erinnerung.

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