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016 - Herrin der Woelfe

016 - Herrin der Woelfe

Titel: 016 - Herrin der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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einer endlosen Weile setzte sie sich, reckte den Schädel gen Himmel und heulte dem bleichen Antlitz des Mondes entgegen. Sie verlor jedes Zeitgefühl; zudem merkte sie, dass ihre Gedanken zusehends versiegten; sie hörte auf zu denken.
    Es waren Instinkte, die sie trieben – keine Überlegungen.
    Sie wurde ganz Wolf.
     

     
    Rauch zog plötzlich in Schwaden über die Gebäude hin, und der helle Schein von Flammen zuckte über den Horizont.
    Sofort waren alle Sinne angespannt.
    Sie witterte einen Menschen. Den Geruch kannte sie schon.
    Er stammte von dem Mann, der bereits hier gewesen war.
    Gleich darauf hörte sie auch Schritte, und dann tauchte der Mann vor dem Zwinger auf.
    Er brachte ein Gewehr in Anschlag.
    »Für Kathie, ihr Ungeheuer!« sagte er gepresst.
    Sie verstand den Sinn der Worte nicht, wohl aber die Drohung. Doch jedes Gefühl der Angst verblasste angesichts der Beute, die jenseits des Gitters stand. Sie wich nicht zurück, sondern verschlang den Mann mit den Augen.
    Der Mündungsblitz blendete sie, und ein rasender Schmerz zuckte durch ihre Schulter. Sie wurde zurückgeschleudert und war einen Augenblick lang betäubt. Zwei weitere Schüsse ließen Woiews Körper neben ihr zur Seite rucken.
    Während der Schmerz nachließ, fielen in rascher Folge Schüsse, die mit wütendem Heulen aus dem Nebengehege quittiert wurden. Nach dem elften Schuss war wieder alles ruhig.
    Und dann machte er einen Fehler. Er öffnete den Zwinger, um nachzusehen, ob Woiew tot war.
    Der Hunger ließ Thania ihren Schmerz vergessen. Sie schnellte hoch, rascher als je ein Mensch es vermocht hätte. Ihr weißes Fell leuchtete einen Augenblick im Schein der lodernden Flammen. Ein fauchender Laut kam aus ihrem Rachen.
    Zu spät fuhr der Mann herum. Bevor er eine Bewegung der Abwehr machen konnte, gruben ihre Zähne sich in seine Kehle.
    Der Mann starb unter ihrem Biss.
    Und während das Blut über seinen weißen Mörder spritzte, erlosch der Hunger in den Eingeweiden des Wolfs. Sattheit, wohlige Sattheit verdrängte den Wahnsinn. Ihre Vernunft kehrte zurück; menschliche Nüchternheit, menschliches Empfinden und menschliche Gestalt.
    Sie spürte die Verwandlung nicht. Nur ihre Augen nahmen alles wahr – und ihr Verstand.
    Sie war wieder sie selbst. Ein Mensch. Aber zum ersten Mal wusste sie: Sie hatte keinen Traum gehabt, sondern erlebt; sie hatte gemordet. Und der Anblick des Blutes rings um sie erstickte das Gefühl der Erleichterung in ihrer Brust. Sie rang mit Ekel und Abscheu, riss die blutigen Kleider von ihrem Körper und taumelte schluchzend und blind vor Tränen aus dem Zwinger, stolperte, fiel und grub die Zähne in ihre Fäuste, um nicht aufzuschreien, so deutlich waren die Erinnerungen.
     

     
    Heulende, winselnde Laute brachten sie nach einer Weile zu sich. Die glühende Hitze und der beißende Rauch verschlugen ihr den Atem. Die Luft war von Tosen erfüllt.
    Hustend stemmte sie sich hoch und erschrak.
    Das Gelände war taghell erleuchtet. Dort, wo die Gebäude einst gestanden hatten, ragte jetzt eine Flammenwand in den Himmel. Das Anwesen brannte. Der Wind hatte die Funken über das halbe Tal verteilt und das dürre Gras entzündet.
    Überall züngelten kleinere Flammen hoch und wuchsen rasch.
    Die Gehege waren beinahe vom Feuer eingeschlossen.
    Die Wölfe gebärdeten sich verzweifelt hinter dem Gitter.
    Nach Atem ringend, raffte Thania sich auf. Ihre Augen tränten, so dass sie halb blind dahinstolperte. Funken brannten auf ihrer nackten Haut. Sie bereute, ihre Kleider ausgezogen zu haben. Doch sie musste rasch handeln, sonst verbrannten die Tiere elendiglich.
    Ihre Hände zuckten zurück. Das Gitter war glühend heiß.
    Hastig hantierte sie am Schloss herum, während die Wölfe mit großen, panikerfüllten Augen sie anstarrten.
    Endlich gab das heiße Schloss nach. Die Tür sprang auf, und die Tiere überrannten sie beinahe.
    Das Mädchen taumelte zurück zum anderen Gehege. Der fremde Mann war tot.
    Übelkeit würgte sie bei seinem Anblick. Sie machte einen großen Bogen um die Leiche und beugte sich über Woiew. Es schien ihr, als lebte er noch. Sie zerrte ihn mühsam aus dem Gehege.
    Ringsum brannte nun alles. Die Hitze war unerträglich. Der Wind strich wie ein Gluthauch durch das Tal.
    Der Bach, dachte sie. Er mochte die Rettung sein. Irgendwo vermeinte sie eine Sirene zu hören.
    Vor ihren Füßen brannte plötzlich das Gras. Die Flammen leckten an ihren Beinen hoch. Mit einem Aufschrei ließ sie
    Woiew

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