0163 - Der Hexenhenker

bleibt, die ein Opfer des Henkers wird. Das Urteil ist auch noch gar nicht vollstreckt. Wir müssen auf Professor Zamorra warten. Nur er weiß Rat, wenn es überhaupt einen gibt.«
    James Withe ließ die Arme fallen und schlurfte mit gebeugtem Rücken zur Treppe. Dort blieb er stehen.
    »Die ganze Stadt durchkämmen? Warum eigentlich nicht?«
    Er drehte sich um und stolzierte zur Tür. Seine Schultern strafften sich etwas. Schöpfte er neuen Mut?
    Mrs. Coldwater wartete fünf Stunden auf seine Rückkehr. Vor Müdigkeit fielen ihr die Augen zu. Sie schreckte auf, als plötzlich die Tür geöffnet wurde. James Withe taumelte herein. Der Junge war total erschöpft. Er mußte in der Tat die ganze Stadt auf den Kopf gestellt haben.
    »Erfolg?« erkundigte sich Mrs. Coldwater verschlafen. Er winkte schwach ab. Diesmal stoppte er nicht, als er die Treppe erreichte. Müde schleppte er sich hinauf.
    Mrs. Coldwater konnte keine Gedanken lesen. Deshalb bekam sie auch nicht mit, was er dachte. Es wäre wahrscheinlich sehr interessant gewesen für sie. Also steht jetzt nur noch mein Leben gegen das von Lydia. Aber stimmt das wirklich? Ist Lydia nicht ohnedies verloren? Professor Zamorra, ich warte auf dich. Es wird sich alles zeigen.
    ***
    Professor Zamorra erreichte Bloodstone von London kommend in den ersten Morgenstunden. Überraschend für ihn war die Tatsache, daß Nicole Duval keine Beschwerden anmeldete, weil er wie angekündigt ohne Aufenthalt direkt vom Flughafen losgefahren war. Zu einem Einkaufsbummel waren sie nicht gekommen.
    Zamorra warf einen Blick auf seine Sekretärin und Lebensgefährtin. Sie erwiderte diesen Blick mit einem rätselhaften Lächeln.
    Sie ist anders als sonst, dachte er bestürzt. Etwas hat sie verändert. Hängt es denn mit diesem Fall zusammen?
    Er konnte keine einleuchtende Erklärung finden und ließ das Grübeln sein.
    Als sie das Ortseingangsschild passierten, ging er mit dem Gas herunter.
    BLOODSTONE. Ein wenig einladender Name. Konnte man sich wirklich in einem Ort wohlfühlen, den man »Blutstein« nannte? Nun, die Erfahrung hatte ihm gezeigt, daß Bewohner solcher Ortschaften überhaupt nichts von der Herkunft des Namens wußten und ihn einfach anders aussprachen.
    Stimrunzelnd blickte sich Zamorra um. Die Häuser und auch die Straßen muteten mittelalterlich an. Mehr unbewußt tastete er nach seiner Silberscheibe. Sie hatte sich leicht erwärmt! Für Zamorra keine Überraschung. Er hatte es erwartet. Auch wenn man kein magisches Amulett mit sich führte, spürte man die negative Atmosphäre, die hier herrschte.
    Sie überholten einen Traktor. Das Gefährt rasselte und ratterte, als wollte es jeden Augenblick auseinanderbrechen. Aus dem Auspuff drangen dicke Rauchwolken.
    Also, wenn der kein Heizöl fährt… Zamorra dachte es und sah in das Gesicht des Bauern, der anscheinend gerade am Einschlafen war. Da wurde der Bauer hellwach. Er betrachtete Zamorra wie ein Weltwunder.
    Aha, Fremde bieten hier die einzige Abwechslung, konstatierte der Professor mürrisch.
    Er steuerte den Wagen über die holprige Straße und erreichte schließlich den Marktplatz. Mrs. Coldwater hatte ihm am Telefon erklärt, er müßte diesen Platz überqueren. Die Herberge lag auf der anderen Seite.
    Soeben bog ein alter Ford aus der beschriebenen Straße. Der Fahrer hatte eine Schlägermütze auf. Sein Gesicht war wettergegerbt. Er achtete nicht auf die Fremden.
    Nicht für jeden ist man hier eine Sensation. Damit rundete Zamorra seine Eindrücke ab. Nicht nur der Name sprach gegen diesen verschlafenen Ort. Manch ein Provinznest in Frankreich war gegen Bloodstone ein wahres Vergnügungszentrum.
    Ein Blick zu Nicole. Sie wirkte angespannt, wie sprungbereit. Starr blickte sie nach vom.
    Vor der Herberge stand bereits ein Wagen mit Londoner Kennzeichen. Professor Zamorra parkte dahinter und ließ dabei nur soviel Platz, daß man bequem die Schankstube betreten konnte.
    Hotel war wirklich übertrieben. Es wunderte Zamorra, wie ein solches Haus hier überhaupt existieren konnte. Gewiß war die Wirtin Mrs. Coldwater nicht sehr anspruchsvoll. So sah ihre Herberge jedenfalls aus.
    Seufzend stieß Zamorra den Wagenschlag auf. Fast gleichzeitig öffnete sich die Eingangstür zur Herberge. Eine unglaublich dicke Frau trat auf die Straße. Zamorra wunderte sich unwillkürlich, wieso sie das geschafft hatte, ohne im Türrahmen steckenzubleiben.
    Übung ist alles, dachte er grinsend.
    Mrs. Coldwater deutete es anders. Sie gab