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0164 - Ich und das Todeskarussell

0164 - Ich und das Todeskarussell

Titel: 0164 - Ich und das Todeskarussell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich und das Todeskarussell
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es zuerst überhaupt nicht. Totenstille ging von diesem Wort aus. Nicht einmal die Kameras schnurrten.
    Schuldig. Das Wort hing unsichtbar im Saal, es durchdrang die heiße, stickige Luft und schwebte wie ein Irrlicht umher. Schuldig, drang es in zweihundert Köpfe, die diesem Prozeß beiwohnten. Schuldig, klopfte es in unserem Gehirn. Die kleine Jane wurde für schuldig befunden.
    Der Rest war nur noch eine Formsache. Ein paar Minuten nach dem »Schuldig« der Geschworenen sprach Richter Helton die zwangsläufige Schlußfolgerung aus:
    »… zum Tode durch den Elektrischen Stuhl…«
    Jane Lorren'saß regungslos auf ihrem Stuhl. Nur der Bleistift in Vandooms Hand zerbrach. Ein kleiner Blutstropfen drang aus einem seiner Finger und tropfte auf das Papier vor ihm. Roosefield lächelte zynisch. Wie immer.
    ***
    Wir warteten fast zwei Stunden vor dem Gericht, bis Vandoom erschien. Er sah so schlecht aus, daß wir fürchteten, er könnte jeden Augenblick zusammenklappen wie ein Gummitier, dem die Luft abgelassen wird. Zuerst sah er uns gar nicht.
    »He, Jack!« rief ich ihn an.
    Er drehte sich ganz langsam um.
    »Ach, ihr seid's«, sagte er heiser. »Natürlich Berufung. Und jetzt laßt mich in Ruhe!«
    Er wandte sich ab.
    Mit zwei Schritten waren wir rechts und links von ihm.
    »Halten Sie den Mund, Jack«, sagte ich. »Wir gehen jetzt zu Joe und trinken einen. Meinetwegen trinken Sie zehn. Dann fahre ich Sie nach Hause, und Sie legen sich ins Bett. Schlafen Sie bis morgen früh, mindestens aber zwölf Stunden. Klar?«
    Zu dritt zwängten wir uns in den Jaguar. Gegen Vandooms Einspruch fuhren wir zu Joe, einem pensionierten G-man, der in der 14ten Straße ein nettes kleines Lokal eröffnet hatte.
    »Ich bringe Whisky«, sagte Joe, der an unseren Gesichtern sah, was los war.
    Wir setzten uns in eine Nische, Joe kam dazu und füllte vier Gläser. Der Whisky war gut. Jack Vandoom nippte erst ein winziges Schlückchen, dann stürzte er zwei Doppelte hinunter. Danach steckte er sich eine Zigarette an.
    »Aber ich gebe nicht auf«, sagte er, »Ich nicht. Ich weiß, daß es Jane Lorren nicht getan hat, und ich werde bis zum Obersten Bundesgericht mit dieser Sache gehen. Ich werde kämpfen, als ob es um mein Leben ginge. Das werde ich. Verlaßt euch drauf!«
    Er kippte sich einen neuen Whisky ein- Seine Augen schlossen sich zu schmalen Strichen.
    »Wenn ich nur wüßte, ob diese Nachbarin wirklich etwas gehört hat oder nicht. Das ist das zentrale Problem. Aber ich kann mich ja nicht zerreißen. Ich bin Anwalt, kein Polizeibeamter. Ich kann niemand verhören, es sei denn, vor Gericht, aber dann ist es ja schon zu spät. Wenn ich die Zeugen der Anklage aufsuche, wenn ich ihnen sage, daß ich der Verteidiger bin,,schnappen sie gleich ein. Sie denken, ich will ihnen etwas am Zeuge flicken, nur weil ich Jane heraushauen will. Ihre Aussagen werden dann von ihrer Aversion gegen mich gefärbt. Aber ich versuch's noch mal. Ich werde noch einmal den ganzen Fall durchschnüffeln wie ein Dackel. Es ist schließlich nicht der erste Fall, der erst in der zweiten Instanz entschieden wurde.«
    Wir redeten ihm Mut zu. Phil sah mich groß an und sagte plötzlich:
    »Wie ist das, Jerry? Haben wir in diesem Jahr nicht noch vier Tage Urlaub zu beanspruchen?«
    Vandoom sah hoch. Er blickte von Phil zu mir, runzelte die Stirn und wartete auf meine Antwort. '
    Ich überlegte nur ein paar Sekunden. Vor meinem geistigen Auge stand das blasse Mädchengesicht Jane Lorrens. Wortlos stand ich auf, ging in die Telefonzelle hinten in der Ecke, wählte LE 5-7700 und wartete.
    »Bitte den Chef«, sagte ich. »Hier ist Cotton.«
    Mister High meldete sich.
    »Sie werden es sicher schon gehört haben, Chef«, sagte ich. »Man hat Jane verurteilt. Zum Tode.«
    Mister Highs Stimme klang heiser. »Ja, Jerry, ich weiß es. Ich kann das nicht begreifen. Janes Charakteristik, ihre Personalakte, ihre Bekannten — alles stellt ihr ein gutes Zeugnis aus. Sie ist ruhig, verträglich und in jeder Hinsicht ein vernünftiges Mädchen.« Einen Augenblick mußte ich lächeln. Sogar der Chef hatte sich also bereits mehr mit Jane befaßt, als seine Pflicht gewesen wäre. Aber so verwunderlich war das eigentlich gar nicht. Wir wußten alle, wie sich der Chef um uns sorgte, wenn ein Grund dazu vorhanden war.
    »Phil und ich möchten gerne die restlichen Urlaubstage haben, die uns noch zustehen«, sagte ich.
    Mister High schwieg einen Augenblick. Dann sagte er leise:
    »Verstehe.

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