0165 - Bis zum letzten Atemzug
bleiben sollte, nicht wahr? Leute, die handeln, hinterlassen aber Spuren.«
»Bis jetzt war es aber nicht so.«
»Oh doch! Die Forderung der Boys an mich verriet die Existenz des bereits vermuteten Rackets. Sie können es sich nicht leisten, mich ohne Zahlung davonkommen zu lassen. Dann würden auch andere auf mucken, und im Handumdrehen wäre ihr ganzes Geschäft geplatzt. Also werden sie wieder an mich herantreten.«
»Womöglich mit noch mehr Leuten!«
»Schon möglich. Aber sie werden kommen. Mit je mehr Leuten sie kommen, umso besser für uns! Denn jedes Gesicht, das ich bei dieser Gelegenheit zu sehen bekomme, werde ich wiedererkennen, wenn wir unsere Rechnung vorlegen.«
»Wenn Sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch leben! Verdammt, wollen Sie denn wirklich als lebender Köder herumlaufen?«
Ich nickte.
»Ja. Wissen Sie einen besseren Weg, an das Racket heranzukommen?«
Er holte tief Luft, zögerte und gab zu: »Nein.«
»Na also«, sagte ich. »Selbstverständlich werde ich in Zukunft nicht mehr ohne Pistole zur Arbeit gehen. Ich müsste eine kleine, handliche Waffe haben, die man unauffällig in der Hosentasche unterbringen kann.«
Wagner griff zum Telefon und rief die Waffenkammer an. Vier Minuten später hatte ich einen kleinen Colt in der Hand, der auf weite Strecken vielleicht nichts auszurichten vermochte, aber für die Nähe genauso wirkungsvoll war wie jede größere Kanone.
»Nun zu den Viehdieben«, schlug ich vor. »Mein Freund und ich werden heute Nacht ebenfalls Kontrollgänge zwischen den Korrals machen. Wir haben auch schon eine Stelle ausfindig gemacht, wo wir das Firmengelände betreten können, ohne dem Werkschutz in die Hände zu laufen. Nur wäre es sinnvoll, wenn wir uns vorher mit Poolis absprechen könnten. Damit nicht ein Haufen G-men an der einen Ecke zusammenhockt, und auf anderen Seiten überhaupt keiner steht.«
»Nichts leichter als das«, meinte Wagner und telefonierte wieder.
Poolis kam. Er brachte eine große Karte des Werkgeländes mit. Fast eine Stunde lang saßen wir mit ihm und Wagner zusammen und zerbrachen uns den Kopf über die bestmögliche Weise, ein Gelände von mehreren Quadratmeilen in einer Nacht so abzugehen, dass es zwölf Mann halbwegs unter Kontrolle halten konnten.
Es war halb acht, als wir das FBI-Gebäude durch eine Seitentür verließen und über Umwege und zweimaligem Wagenwechsel mit einem Taxi nach Hause fuhren, um noch eine Mütze Schlaf zu nehmen, bevor der Nachtdienst anfangen konnte.
***
Es war halb zwölf, als Phil und ich uns in der dunklen Straße trafen, die hinter den Bahngeleisen der NMC verlief. Wir hatten uns absichtlich nicht vor unseren Häusern getroffen. Der Himmel mochte wissen, ob nicht die finstersten Wände Augen und Ohren hatten.
Wir schlugen den Kragen unserer Jacketts hoch. Den strömenden Regen konnten wir dadurch auch nicht auf halten. Unaufhörlich goss es vom Himmel herab, was die Schleusen da oben nur hergeben wollten.
Das war eine Nacht, die uns unsere Kontrollgänge erleichterte. Aber auch den Dieben das Handwerk. Man konnte keine zehn Schritte weit sehen. Wir kletterten über einen Drahtmaschen-Zaun hinweg, der bedenklich unter unserem Gewicht wankte. Aber er hielt.
Über die Anschlussgeleise der NMC gelangten wir direkt auf das Gelände, wo die Viehkorrals standen. Es waren Quadrate, die mit ein paar Stangen und Pfosten gegeneinander abgetrennt waren.
Wir hatten uns den Plan so gut eingeprägt wie nur irgend möglich und zählten an den Korrals ab, wann wir uns nach links, wann nach rechts zu wenden hatten. Erst jetzt, hier in der praktischen Arbeit, ging uns auf, wie wenig Erfolg versprechend unsere Kontrollgänge waren. Bei der Größe des Gebietes dauerte es zwei Stunden, bevor man wieder an derselben Stelle vorbeikam. Um einen Korral leerzutreiben, brauchten sie höchstens eine Viertelstunde.
Es blieb eben nur die Möglichkeit, dass wir durch Zufall auf die Diebe stießen. Durch Glück, ohne das ein Kriminalist nie fertig werden kann.
Mitten zwischen den Korrals trennten wir uns.
»Wir treffen uns in einer halben Stunde wieder hier an dieser Ecke«, sagte ich zu Phil.
»Okay.«
Er verschwand in der Dunkelheit.
Ich gab es auf, mir den Regen noch aus dem Gesicht zu wischen. Innerhalb einer Minute lief einem das Wasser ja doch schon wieder über den Hals hinab auf die Brust, und vom Genick her den Rücken hinunter.
An der nächsten Ecke eines Viererkorrals blieb ich stehen. Ich drückte mich
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