0168 - Wir brachen dem Tod das Genick
»Armee?«
»No. Küstenwache.«
»Aha.«
Wir schwiegen. Jimmy brachte den Grog. Nords hatte die Stirn gerunzelt. Offenbar beschäftigten ihn noch immer die Dinge, die ich erzählt hatte. Aus seinen Gedanken heraus sagte er plötzlich:
»Sie hätten einen Jeep nehmen sollen, Cotton.«
Ich nickte müde.
»Ja, natürlich. Einen Jeep…«
Viel mehr wurde an diesem Abend nicht gesprochen. Obgleich ich so müde war, daß ich am Tisch hätte einschlafen können, erhob ich mich später und ging hinauf, um zu baden. Ich hatte es nötig. Eine halbe Stunde später kam auch Phil mit Mr. Balls herauf. Er hatte eines der Vorderzimmer. Wir gingen zu Bett.
Irgendwann in der Nacht wurde ich wach. Ich hatte einen schauderhaften Unsinn geträumt und lag in Schweiß gebadet. Der grinsende Totenkopf hatte mich im Traum heimgesucht. Aber er hatte gesprochen. »Sie hätten einen Jeep nehmen sollen«, hatte der Totenschädel mit Grabesstimme erklärt.
Einen Jeep, dachte ich. Teufel, ja, warum eigentlich nicht? Einen Jeep. Ich werde Nords morgen früh fragen, woher ich einen Jeep kriegen kann. Irgendwo in dieser gottverlassenen Gegend muß doch ein Jeep aufzutreiben sein…
Damit schlief ich wieder ein. Aber der Jeep geisterte weiter durch meine Träume.
Am nächsten Morgen erschien der Sheriff, als wir gerade mit dem Hubschrauber-Piloten beim Frühstück saßen. Ich war ausgeschlafen und hatte mir auch bereits ein paar Gedanken über das gemacht, was ich tagsüber tun wollte.
Nach dem Frühstück suchten wir auf der Karte das Gebiet, das mir Coolbright in der Hütte des Waldhüters aufgezeichnet hatte.
»Hier«, sagte ich. »Innerhalb dieses ziemlich regelmäßigen Vierecks muß das Versteck der Bande liegen. Ich schlage vor, daß wir uns teilen, um den Verein aufzustöbern.«
»Teilen?« murrte Phil. »Wie stellst du dir das vor? Wir haben nur einen Hubschrauber.«
Ich beugte mich vor und zeigte wieder auf die Karte.
»Solange wir nicht den leisesten Anhaltspunkt hatten, wo die Bande überhaupt stecken könnte«, sagte ich. »Solange konnten wir ohne Hubschrauber kaum etwas unternehmen. Dazu ist das ganze in Frage kommende Gebiet zu groß. Jetzt wissen wir aber mehr. Mit neunundneunzig Prozent Wahrscheinlichkeit steckt die Bande innerhalb dieses Vierecks. Das läßt sich leicht mit dem Hubschrauber kontrollieren — jedenfalls die Straßen. Wenn nun aber die Bande vier oder fünf Tage oder noch länger in ihrem Versteck bleibt? Und wenn dieses Versteck so schön im Walde liegt, daß man es von einem Hubschrauber aus nicht einsehen kann?«
»Dann müssen wir eben warten, bis sie sich wieder mal zeigen«, meinte Phil.
Ich schüttelte den Kopf.
»Wir haben lange genug tatenlos gewartet. Jetzt wollen wir versuchen, die Bande von der Erde aus aufzustöbern, während andere den Luftraum überwachen und der Bande keine Fluchtmöglichkeit lassen.«
Nords nickte zustimmend.
»Das ist gar nicht schlecht, Cotton. Wie wollen Sie das machen?«
Ich hütete mich, alle meine Gedanken preiszugeben, denn mindestens bei Phil wäre ich damit auf strikte Ablehnung gestoßen. Phil ist ja immer dagegen, wenn ich mal etwas Ungewöhnliches riskieren will.
»Sie müssen mir einen Jeep besorgen, Sheriff«, bat ich. »Damit fahre ich kreuz und quer durch dieses Viereck. Vielleicht habe ich Glück und finde das Versteck. Ich spiele den harmlosen Sonntagsjäger, einen Ausflügler oder einen neuen Waldhüter. Die Situation muß es ergeben, welche Rolle ich mir zulegen werde. Viel wichtiger ist, daß vom Hubschrauber aus die Straßen kontrolliert werden. Die Bande darf aus diesem Viereck nicht mehr herauskommen. Wenn sie ein neues Versteck findet, geht unsere ganze Sucherei von vorn los.«
Es dauerte eine Weile, bis ich auch Phil überzeugt hatte, aber schließlich gab er sich geschlagen. Der Hubschrauber hatte ein Sprechfunkgerät, das Mr. High in New York vorsorglich auf die Frequenz der Staatspolizei hier oben im Norden hatte einstellen lassen. Von jedem Polizeiposten aus konnte ich also mit dem Hubschrauber Verbindung auf nehmen, wenn es sich als nötig erweisen sollte. Während Phil sich mit dem Piloten über die Karte setzte, um die Flugroute auszuarbeiten, verschwand Nords, um mir den Jeep zu besorgen. Er sagte, daß es keine Schwierigkeiten machen würde, ein solches gelandegängiges Fahrzeug zu beschaffen. Er kannte einen Farmer in der Nähe von Tupper Lake, der einen Jeep besaß.
Ich steckte mir Geld ein und bummelte durch Tupper Lake.
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