0169 - Der Teufel ohne Maske
Sprechfunk lediglich noch Bescheid, es sei alles okay. Wie er gerade auf diese Formulierung verfiel, mag der Henker wissen.
Nichts war okay. Aber auch gar nichts!
Wie hatte Norman es nur fertig gebracht, das Mädchen innerhalb weniger Minuten so kirre zu kriegen, daß sie behauptete, sie wäre freiwillig bei dem Mann, dessen Bruder von ihrem Bruder erschossen worden war?
Kurz vor dem District Office bog ich plötzlich in eine andere Richtung ein.
»He, wo willst du hin?« rief Phil.
»Irgendwo etwas essen«, erwiderte ich. »Und mal für eine Stunde nicht an den Fall Cade Norman denken. Der macht mich sowieso noch schwach. Lauter Rätsel und Geheimnisse. Mir ist schon wieder eins eingefallen.«
»Nämlich?«
»Du erinnerst dich des anonymen Anrufs heute nacht in Brines Villa?«
»Natürlich! Was ist damit?«
»Der Anrufer sagte ausdrücklich, die G-men Decker und Cotton würden bald ins Gras beißen?«
»Ja, er nannte unsere Namen. Was ist daran so rätselhaft? In jedem Telefonbuch kann er sie finden. Ab und zu sogar in den Zeitungen.«
»Kannst du mir vielleicht erklären, woher jemand in der Welt, der nicht zum FBI gehörte, überhaupt wissen konnte, daß wir beide Brines Bude ausheben würden?«
Phil stierte mich erschrocken an. Erst nach einer Weile hatte er sich von diesem Schreck erholt. »Jetzt dauert es nicht mehr lange«, stöhnte er, »und ich beginne, an Hexerei zu glauben.«
Ich sagte nichts. Ich hatte mir wirklich vorgenommen, für eine Stunde abzuschalten. Der Fall fraß an meinen Nerven.
Ich fuhr zu Joe. Er strahlte, als er uns kommen sah, und erkundigte sich nach unseren Wünschen.
»Etwas zu essen«, knurrte ich. »Aber etwas, das Tote wieder auf die Beine stellen würde!«
Joe grinste: »Ihr werdet euch wundern. Dauert eine halbe Stunde. Okay?«
»Meinetwegen eine ganze Stunde. Ich bin sowieso nicht von dem Gedanken erbaut, heute nachmittag normal weiterzuarbeiten. Bring uns zunächst mal Whisky!«
»Gern.«
Er brachte die bestellten scharfen Sachen, und er hatte sich uns zuliebe ein wenig in der Menge vertan. In manchen Buden wären es doppelte Whisky gewesen. Wir tranken die beiden Dinger, während wir schweigend vor uns hinstarrten. Joe hatte allerhand Betrieb in seiner Bude. Er war die meiste Zeit verschwunden. Wahrscheinlich hielt er sich in der Küche auf, um die Zubereitung der bestellten Mahlzeiten zu überwachen.
Nach 24 Minuten kam unsere Mahlzeit auf den Tisch. Nur ein französischer Koch konnte wissen, worum es sich handelte. Es war viel Reis dabei, das verstand auch ein gewöhnlicher Sterblicher, aber den Inhalt der vielen kleinen Näpfchen hätte ich nicht einmal mit einem Lexikon bestimmen können.
Es schmeckte großartig. Aber es war so scharf, daß uns der Rachen brannte. Ich rechnete schon damit, daß wir am Nachmittag sämtliche Eiswasserbehälter leeren würden, aber Joe war anderer Meinung:
»Keine Angst!« sagte er. »Das Brennen hält nur ein paar Minuten an. Es ist kein Pfeffer, sondern Paprika.«
»Tröstet mich«, brummte ich und zog mir das nächste Näpfchen heran. Man mußte es ihm lassen, ein Feinschmecker war er. Während seiner Zeit als G-man hatte er das Kochen schon immer als Hobby betrieben.
»Kaffee!« bestellte ich, als wir alles restlos vertilgt hatten.
»Zufrieden?« wollte Joe wissen.
»Seit langem die beste Mahlzeit, die wir hatten«, meinte Phil. Ich gab ihm recht. Joe schob strahlend ab, um Kaffee zu holen.
»Habt ihr was dagegen, wenn ich mich ein Weilchen zu euch setze?« fragte er, als er mit zwei hauchdünnen Porzellantassen kam, aus denen ein betörender Duft aufstieg.
»Natürlich nicht«, erwiderte ich.
Joes Neffe mußte ihm eine Zigarre bringen. Dann erkundigte sich Joe nach dem Stand unserer Ermittlungen.
Ich gab ihm eine kurze Übersicht Als ich fertig war, fügte ich wütend hinzu: »Aber wir werden’s diesem Kerl schon noch anstreichen! Übermorgen abend um Schlag elf heben wir seine nächste Bude aus. Eine Spielhölle in der Fourth Avenue. Wir wollen doch sehen, ob wir ihn nicht kleinkriegen!«
Joe nahm die Streichhölzer, die ihm sein Neffe hinhielt, und steckte seine Zigarre an. Er blies genießerisch den ersten Rauch aus, sah ihm gedankenverloren nach und meinte dann: »Nur nicht den Mut verlieren, wenn mal was schief geht. Am längeren Hebel sitzt ihr, das ist doch klar.«
***
Den Nachmittag verbrachten wir mit dem Studium der Berichte, die Chesters Überwachungsabteilung eingerichtet hatte. Auf einem
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