Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0169 - Flucht vor dem Teufel

0169 - Flucht vor dem Teufel

Titel: 0169 - Flucht vor dem Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
kalt.
    Zamorra erschrak und war für einen Sekundenbruchteil unfähig, sich zu bewegen. Keine magische Aktivität. In anderen Situationen mußte das bedeuten, daß auch kein dämonischer Einfluß in der Nähe war, nichts, das Bosheit ausstrahlte. Doch Raffael mußte besessen sein, es gab keine andere Erklärung.
    Warum blieb dann das Amulett inaktiv?
    Zamorra hatte so etwas schon mal erlebt, damals, bei der Auseinandersetzung mit Shua’Mhurrham [1] , einem der Mächtigen. Er war so fremdartig gewesen, daß das Amulett eine ganze Zeit nicht in der Lage war, ihn als Gegner zu erkennen, so lange nicht, bis es fast schon zu spät gewesen war.
    Sollte sich das hier wiederholen?
    »Raffael!« brüllte er. »Kommen Sie wieder zu sich!«
    Zamorra sprang erneut zur Seite, konzentrierte sich auf die Formeln der Alten Sprache. Auch ohne das Amulett war er dazu in der Lage, weißmagische Energien freizusetzen, die einem Gegner schwer zu schaffen machen konnten. Das Gesicht des alten Dieners war zu einer Fratze geworden, in der nichts Menschliches mehr zu finden war. Die Formeln blieben ohne Wirkung. Der alte Mann kam wieder näher, und…
    Zamorra entschied sich für den Angriff als beste Art der Verteidigung. Er stürzte sich auf den alten Mann, in dessen Innerem jetzt jugendliche Kraft war, trieb ihn zurück, immer darauf achtend, den rechten Arm mit dem Messer abzublocken. Von den Lippen Raffaels kam kein Laut, während der Meister des Übersinnlichen vor Anstrengung keuchte. In dem alten Diener steckte jetzt eine Kraft, die der seinen zumindest ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen war.
    Der Professor überlegte blitzartig. Wenn nicht schnellstens eine Änderung der Lage eintrat, dann war er verloren, daran konnte kein Zweifel bestehen.
    Er ließ sich einfach nach hinten fallen, ohne seine Hände vom Gegner zu lösen. Der Blick Raffaels flackerte, als er vom Gewicht Zamorras mitgezerrt wurde und auf den Boden prallte.
    »Das hast du nicht erwartet, was!« brachte der Professor hervor, der in einigen recht wirksamen Kampfarten ausgebildet war. Und er nutzte die sekundenlange Überraschung des Düsteren in dem alten Diener aus, setzte einen Hebelgriff an, der das Messer aus der rechten Hand Raffaels herausschleuderte.
    Er wollte schon erleichtert aufatmen, als sich die Gestalt unter ihm aufbäumte und ihn mit einem Ruck zurückwarf. Zamorra rollte sich nach hinten ab, sah, wie das Dämonische in dem Diener auf das Messer zuhastete, sprang auf die Beine und stürmte durch die geöffnete Tür, die er hinter sich verriegelte. Irgendeine Ahnung sagte ihm, daß Nicole, die jetzt zusammen mit dem bewußtlosen Jean Somac mit dem Teuflischen allein war, nicht gefährdet war. Zamorra wußte mit absoluter Sicherheit, daß der Angriff diesmal wieder nur ihm gegolten hatte, niemanden sonst. Andere Menschen schienen für das Dunkle und Böse zumindest im Augenblick nicht zu existieren.
    »Das Amulett funktioniert nicht mehr«, murmelte Zamorra. »Dämonenbanner ausgefallen. Was bleibt mir da noch?«
    Nicht mehr viel, mein Freund, antwortete er stumm auf seine eigene Frage und stürmte den mit dickem Teppichboden ausgelegten Korridor entlang. Seine Lungen stachen, aber er achtete nicht darauf. Hinter sich hörte er ein wütendes Hämmern, und er mußte unwillkürlich grinsen. Hatte der Dämon vergessen, daß er dazu in der Lage war, auch durch massive Hindernisse zu schreiten?
    Oder steckte in Raffael womöglich gar kein Dämon?
    Zamorra setzte unwillkürlich sein Tempo herab, als er an diese Möglichkeit dachte. Es hätte eine Menge erklärt, zum Beispiel, warum sein Amulett keine Wärme abgab, auch nicht vibrierte. Aber es ließ auch eine ganze Reihe von Fragen unbeantwortet. Etwa die, warum Raffael ihn dann angegriffen hatte. Etwas mußte in dem Diener stecken, ein böser Hauch, der ihn zu einem Angriff auf Zamorra getrieben hatte.
    Der Meister des Übersinnlichen riß die Tür zum Archiv auf, warf sie hinter sich wieder zu und verriegelte sie sorgfältig. Das Archiv, beinhaltete Aufzeichnungen über parapsychische Phänomene aus aller Welt, Unterlagen über vergangene und noch existierende Kulturen, auch Notizen über Völker und Gefahren in anderen Dimensionen. Daneben lagerten hier auch Berichte über seinen Kampf gegen das Böse, Berichte über erledigte und unerledigte Fälle.
    Zamorra sah sich langsam um, schritt dann zwischen den langen Regalreihen hindurch. Stille umgab ihn hier, eine Stille, die fast schon wieder einen

Weitere Kostenlose Bücher