Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0169 - Flucht vor dem Teufel

0169 - Flucht vor dem Teufel

Titel: 0169 - Flucht vor dem Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
jetzt noch von Zamorra, der nach wie vor zu Bewegungslosigkeit verurteilt war. Sie sah den Schweiß, der auf seiner Stirn tropfte, glaubte, die Belastung selbst zu spüren, unter der dieser Mann jetzt stand. Aber sie wußte, daß sie jetzt nicht innehalten durfte. Den Dämonischen durfte nicht einmal die Flucht gelingen.
    Die drei Raffaels brüllten. Ihre Gesichter waren nur noch Fratzen. Nicole preßte die Lippen aufeinander.
    Die Gestalten der drei identischen Männer schienen plötzlich für einen Sekundenbruchteil transparent zu werden, dann waren jäh zwei von ihnen verschwunden. Der dritte Raffael stürzte zu Boden, blieb dort eine Zeitlang liegen und rappelte sich dann mit einem überaus verwirrten Gesichtsausdruck wieder hoch.
    »Monsieur… Mademoiselle…«
    Das Amulett in den Händen Nicoles erkaltete rasch. Nur ein paar Atemzüge, und es war so kühl, daß sie wußte, daß die Gefahr vorüber war.
    Zamorra gab ein unterdrücktes Stöhnen von sich, dann sackte er an der Mauer herunter, schloß die Augen und blieb reglos liegen.
    Raffael Bois, nun wieder er selbst, und Jean Somac waren sofort zur Stelle.
    »Erschöpfung«, stellte Nicole fest und seufzte. »Bringen wir ihn hinein. Es ist vorüber.«
    Hoffentlich! dachte sie und lauschte. Mit ihren schwachen magischen Sinnen vermochte sie das Wispern der Dämonenbanner zu hören, die jetzt wieder ein lückenloses Netz aus Weißer Magie gewoben hatten. Heute nacht würde niemand mehr diese Barriere überwinden können.
    Und morgen konnte alles anders aussehen.
    Vielleicht…
    ***
    Asmodis fühlte eine Woge aus weißmagischer Kraft und stemmte sich dagegen. Die Welle brandete heran, überspülte ihn, und der Dämonenfürst nahm den Schrei der Dämonen wahr, die von dieser Welle mitgezerrt wurden, unfähig, sich aus dem Einflußbereich des Weißen zu befreien.
    »All das nützt dir nichts«, brüllte es aus der Mundöffnung seines Totenschädels. Niemand konnte ihn sehen, niemand die Laute hören, die er hervorstieß. »Zamorra, wir werden dich vernichten, und du kannst dich nicht für alle Zeiten gegen uns wehren. Und dann, wenn deine Seele die Barriere überschreitet, die diese Welt von der anderen, vom Jenseits trennt, dann wird für dich die Qual beginnen, die du dir mit deinem menschlichen Hirn nicht einmal vorstellen kannst. Die Hölle existiert, aber sie ist grauenvoller, als du es wissen kannst.«
    Das Wesen mit dem schwarzen, wallenden Umhang trat auf die Straße, die zum Château de Montagne führte. Nur zu gut erinnerte sich Asmodis an Leonardo de Montagne, an den Mann, der vor Jahrhunderten mit ihm, dem Dämonenfürsten, einen Pakt geschlossen hatte. Das Amueltt, das auf Merlin zurückging, war in seinen Händen eine schreckliche Waffe in Diensten des Bösen gewesen. Doch dann hatte Zamorra es erhalten, ein später Nachfahr Leonardos. Und dieser Mann setzte es ausschließlich für das Gute ein. Die Kraft von Merlins Stern war groß, sehr groß. So groß, daß selbst Asmodis vorsichtig sein mußte, nicht zu weit in den Einflußbereich des Amuletts zu geraten. Glücklicherweise hatte Zamorra noch lange nicht alle Möglichkeiten von Merlins Stern ausgeschöpft. Nur ein geringer Teil der Funktionen war ihm bekannt, aber selbst die reichten aus, um ihn zumindest den niederen Dämonen in einer Auseinandersetzung weit überlegen zu machen.
    Asmodis schritt schneller aus. Vor ihm ragten die dunklen Mauern des Châteaus auf, Mauern, an denen Blut und Schweiß vergangener Zeiten klebte. Je weiter er sich der Mischung aus Schloß und Burgfestung näherte, um so intensiver wurde die kalte Hitze, die in sein Innerstes drang und es verbrennen würde, kam er noch näher heran. Und es war, als setze sich ihm ein zäher Widerstand entgegen, der die Kraft lähmte, Müdigkeit suggerierte.
    »Die Dämonenbanner«, brachte Asmodis hervor und blieb stehen. Der Blick aus seinen leeren Augenhöhlen glitt über die alten Mauern. Für ein paar Sekunden versuchte er, mit einem Ausläufer seines dämonischen Geistes in das Innere vorzudringen, aber es war selbst ihm verwehrt. Die Ausstrahlung der Dämonenbanner war stark, ungeheuer stark. Sie waren von der Energie aus Merlins Stern aufgeladen worden, und es würde geraume Zeit dauern, bis sich ihre Aura soweit abgeschwächt hatte, daß die Barriere zu überwinden war.
    Asmodis lachte sein böses Lachen. Er wußte nun, daß er einen Fehler gemacht hatte, indem er andere Dämonen dazu ausersehen hatte, den Frevler zu vernichten.

Weitere Kostenlose Bücher