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017 - Der Engel des Schreckens

017 - Der Engel des Schreckens

Titel: 017 - Der Engel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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niemals den Grund hierfür finden konnte?«
    »Mich haßt er nicht«, lachte Lydia, und Jean sah sie eigenartig an.
    »Das glaube ich gern. Ich kann mir überhaupt nicht denken, daß irgend jemand Sie haßt, Lydia. Darf ich Lydia zu Ihnen sagen?«
    »Das würde mich freuen«, sagte Lydia warmherzig.
    »Ich kann mir nicht denken, daß jemand Sie hassen könnte«, wiederholte Jean nachdenklich. »Und Jack natürlich niemals - Sie sind doch seine Klientin, und noch dazu eine sehr reiche und anziehende Klientin, Liebste.« Sie tätschelte Lydia leicht auf die Wange, und Lydia fühlte sich, ohne zu wissen warum, etwas unbehaglich.
    Aber Jean schien die leichte Verlegenheit ihres Gastes nicht zu bemerken und fuhr fort:
    »Ich kann Jack nicht einmal besonders tadeln, denn ich habe das Gefühl, daß all seine Warnungen vor mir und anderen möglichen Feinden ihm nur vorzügliche Gründe liefern, Sie täglich zu sehen und als eine Art Leibwächter für Sie aufzutreten. Seine Rolle wird ihm sicher gefallen.«
    Lydia schüttelte den Kopf.
    »Auf den Leibwächterposten hat er schon verzichtet«, bemerkte sie etwas ironisch. »Mr. Jaggs besorgt das schon.«
    »Mr. Jaggs?« Der Ton klang gleichgültig, verriet kein besonderes Interesse.
    »Ein alter ehemaliger Soldat, dem Mr. Glover hier und da kleine Extraeinnahmen verschafft. Abgesehen davon, daß er den rechten Arm nicht gebrauchen kann und auf dem linken Bein hinkt, eine Vorliebe für Bier und Käse hat, scheint er ein vortrefflicher Wachhund zu sein.«
    »Jaggs?« wiederholte Jean. »Wo habe ich den Namen doch schon gehört? Ist er Detektiv?«
    »Keine Rede davon. Aber Mr. Glover war der Ansicht, daß irgendein männlicher Schutz in meiner neuen Wohnung sein müsse, und so wurde Jaggs engagiert.«
    Bald darauf nahm Mr. Marcus Stepney neben Lydia Platz, aber das junge Mädchen fand seine Unterhaltung wenig anziehend. Interessanter war für sie Mr. Briggerland, der einen unerschöpflichen Schatz von Anekdoten und spannenden kleinen Geschichten besaß, die er mit seiner weichen, angenehmen Stimme zum besten gab.
    Es war schon dunkel, als sie in Begleitung von Mr. und Miss Briggerland vor die Tür trat. Lydia fühlte, daß sie den Nachmittag nicht verloren hatte.
    Sie hatte sich jetzt ein klares Urteil über den Charakter des jungen Mädchens gebildet, glaubte auch das entgegenkommende Interesse Jack Glovers im richtigen Lichte zu sehen. Das Berechnende hierbei stieß sie ab. So manches Unerklärliche und Häßliche verriet sich in seinen Anschauungen, und seine Sorge für sie konnte sehr leicht egoistische Gründe haben.
    Sie stand auf den Stufen vor dem Hause und sprach mit Jean, während Mr. Briggerland sich eine Zigarette ansteckte. Hyde Park Crescent war völlig verlassen - mit Ausnahme eines Mannes, der in der Nähe vor dem Gitter stand, das Mrs. Cole-Mortimers Haus umschloß. Er war augenscheinlich damit beschäftigt, seinen Schnürsenkel zuzubinden.
    Sie traten auf den Bürgersteig, und Mr. Briggerland sah sich nach seinem Auto um.
    »Ich möchte Sie gern nach Hause bringen. Mein Chauffeur sollte schon um vier Uhr hiersein, aber man kann sich auf die Leute gar nicht verlassen.«
    Am Ende der Straße tauchten die Lichter eines Wagens auf. Zuerst glaubte Lydia, es sei Mr. Briggerlands Auto, und dachte über eine Entschuldigung nach; sie wäre gern allein nach Hause gegangen. Das Auto kam in wahnsinnigem Tempo die Straße heruntergefahren. Sie beobachtete es und bemerkte nicht, daß Mr. Briggerland und seine Tochter einige Schritte zurückgetreten waren. Sie stand allein am Rande des Bürgersteigs.
    Plötzlich machte der Wagen eine scharfe Schwenkung, fuhr auf den Bürgersteig und brauste auf sie zu. Nichts schien sie retten zu können, und gelähmt vor Schreck starrte sie dem Tode entgegen.
    Da griff ein kräftiger Arm um ihre Hüfte, hob sie hoch und schleuderte sie gegen das Gitter. Der Wagen flog vorüber, die Kotflügel streiften beinahe ihre Kleidung. Das Auto schleuderte auf den Fahrdamm zurück und kam mit kreischenden Bremsen einige Schritt weiter zum Halten. Mr. Briggerland und Jean liefen auf das leichenblasse junge Mädchen zu.
    »Ich hätte es mir nie verzeihen können, wenn Ihnen etwas zugestoßen wäre. Mein Chauffeur muß betrunken sein«, rief Mr. Briggerland aufgeregt.
    Lydia konnte kein Wort hervorbringen, konnte nur nicken. Jetzt erst dachte sie an ihren Lebensretter. Sie wandte sich um und sah in die ruhigen Augen eines gebeugten alten Mannes, dessen

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