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017 - Der Engel des Schreckens

017 - Der Engel des Schreckens

Titel: 017 - Der Engel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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weißer Spitzbart und buschige Augenbrauen an einen Falken erinnerten. Seine rechte Hand steckte in der Tasche, mit der anderen zog er einen verbeulten alten Hut vom Kopf.
    »Entschuldigung, Miss«, sagte er. »Heiße Jaggs! Melde mich zur Stelle!«

Kapitel 10
    Ernsthaft hörte Jack Glover die Erzählung des jungen Mädchens an. Er hatte sie am folgenden Morgen aufgesucht, um verschiedene Dokumente unterzeichnen zu lassen. Atemlos und ein wenig beschämt berichtete sie ihm den Vorfall.
    »Es war ein unglücklicher Zufall«, rief sie. »Mr. und Miss Briggerland wären auch beinahe von dem Wagen umgerissen worden. Aber Sie können sich nicht denken, wie dankbar ich bin, daß Ihr Mr. Jaggs gerade zur Stelle war.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Ich habe keine Ahnung. Gestern hinkte er ohne ein weiteres Wort seiner Wege, und ich habe ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen, bis ich nach Hause kam - und da sah ich auch nur seinen Schatten. Wie kam es, daß er gerade vor Mrs. Cole-Mortimers Haus sein mußte?« fragte sie neugierig.
    »Das läßt sich leicht erklären. Ich habe den Alten beauftragt, Sie zwischen Sonnenuntergang und -aufgang nicht aus den Augen zu lassen.«
    »Sie glauben also, daß ich am Tage sicher bin?« sagte sie spottend.
    Er nickte.
    »Ich weiß nicht, soll ich über Sie lachen oder ärgerlich sein.« Lydia schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. »Es war selbstverständlich ein bedauerlicher Zufall.«
    »Ich bin nicht ganz Ihrer Meinung«, versetzte Jack. »Konnten Sie das Gesicht des Chauffeurs erkennen?«
    »Nein«, erwiderte sie überrascht. »Dazu hatte ich gar keine Zeit, dachte auch nicht daran.«
    Er nickte.
    »Wenn Sie ihn angesehen hätten, würden Sie wahrscheinlich einen alten Freund erkannt haben, nämlich den liebenswürdigen Herrn, der Sie vom Erving-Theater abholte.«
    Es war schwierig für Lydia, Klarheit in ihre Anschauungen zu bringen. Sie wußte, daß Jack Glovers Meinung falsch war, unglaublich falsch. Sie war völlig überzeugt, daß seine phantastischen Annahmen grundlos waren; und doch konnte sie an seiner Aufrichtigkeit nicht zweifeln. Er sei etwas merkwürdig, hatte Jean gesagt, und sie versuchte, Glover in diesem Licht zu beurteilen, aber sie mußte sofort zugeben, daß er sich ihr gegenüber vollkommen natürlich gezeigt hatte. War er berechnend? Galten seine Aufmerksamkeiten wirklich nur der reichen Erbin? Dieser Gedanke kam für Lydia nicht mehr in Frage.
    »Aber Ihr Mr. Jaggs gefällt mir«, sagte sie.
    »Besser als ich, nach Ihrem Ton zu schließen«, lächelte Jack. »Er ist wirklich ein netter alter Kerl.«
    »Und sehr stark dazu«, ergänzte Lydia. »Er hob mich hoch, ab ob ich eine Feder wäre. Wie ich mit heiler Haut davongekommen bin, ist mir unklar. Die Steuerung hat versagt«, fügte sie erklärend hinzu.
    »Du liebe Güte« sagte Jack höflich. »Und war gleich wieder in Ordnung, um Mr. Briggerland und seinem Engel von Tochter keinen Schaden zuzufügen!«
    Mit verzweifelter Geste breitete sie die Hände aus.
    »Sie sind wirklich hoffnungslos«, erwiderte sie, und Jack machte keinen Versuch weiter, sie zu überzeugen.
    Am folgenden Donnerstag bezog Lydia die elegant möblierte Wohnung am Cavendish Place; Mrs. Morgan hatte versprochen, eine Woche später nachzukommen, sobald sie ihre eigenen Angelegenheiten geregelt hätte.
    Lydia hatte durch eine Agentur zwei Mädchen gefunden, von denen eines in der Wohnung schlief. Die Räume waren nicht zu zahlreich, und sie bedauerte fast, dem bejahrten Mr. Jaggs ein Zimmer versprochen zu haben. Wenn er, wie sie annahm, die Nacht hindurch wachte und am Tage schlief, konnte er doch auch ganz gut in der Küche untergebracht werden. Lydia machte Jack einen dahingehenden Vorschlag. Zu ihrer Überraschung wollte er davon nichts hören.
    »Es kann Ihnen doch nichts daran liegen, daß Ihr Personal erfährt, daß Sie einen Wächter haben?«
    »Was glauben Sie denn, wofür man ihn halten wird?« fragte sie zornig. »Wie kann ich einen alten Mann in meiner Wohnung dulden, ohne zu erklären, warum er dort ist?«
    »Könnten Sie nicht sagen, er putzt die Stiefel? Oder sonst etwas.«
    »Dazu braucht er doch nicht die ganze Nacht! Und übrigens bin ich ihm viel zu sehr zu Dank verpflichtet, als daß ich ihn noch extra arbeiten lassen würde.«
    Pünktlich erschien Mr. Jaggs auf seinem Posten. Er kam, ein schäbig aussehender alter Mann, gegen halb zehn, und Lydia, die sich noch nicht ganz an ihre neue Würde gewöhnt hatte, ging in die Vorhalle, um ihn

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