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017 - Der Engel des Schreckens

017 - Der Engel des Schreckens

Titel: 017 - Der Engel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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festsitzen.«
    Lydia kam langsam auf die beiden zu. »Was haben Sie da von meinem Mädchen gesagt?«
    »'n Abend«, sagte er und hob die Hand an den Kopf. »Sie behaupten, sie wäre eine Diebin?«
    »Aber natürlich, Miss«, sagte er heiser. »Fragen Se se doch selber!«
    Aber Lucy war in ihrem Zimmer verschwunden, hatte die Tür zugeknallt und abgeschlossen.
    Als Lydia am nächsten Morgen erwachte, war außer ihr niemand mehr in der Wohnung. Aber kaum war sie mit Ankleiden fertig, als an die Tür geklopft wurde. Ein sauberes, frisches Mädel vom Lande stand vor ihr. Mit einem zutraulichen Lächeln blickte sie zu Lydia auf, deren Herz sich sofort für dies junge Ding erwärmte.
    »Sie sind doch die Dame, die ein Mädchen sucht?«
    »Ja«, antwortete Lydia überrascht. »Aber wer schickt Sie denn?«
    »Man hat mich gestern telegrafisch bestellt, Madame. Ich komme vom Lande.«
    »Kommen Sie bitte herein«, sagt Lydia hilflos.
    »Ist das nicht richtig?« fragte das Mädchen enttäuscht. »Man hat mir doch gleich das Fahrgeld mitgeschickt, und ich habe den ersten Zug genommen.«
    »Es stimmt schön«, sagte Lydia, »nur möchte ich gern wissen, wer eigentlich in meiner Wohnung mehr zu sagen hat - ich oder Mr. Jaggs?«

Kapitel 11
    Jean Briggerland hatte einen sehr lebhaften Nachmittag hinter sich. Eine ganze Reihe Besucher hatten in dem hübschen Haus an der Berkeley Street vorgesprochen.
    Mr. Briggerland hatte eine philanthropische Ader und einen Verein im East End von London gegründet, der den Zweck haben sollte, die Moral der Bewohner von Limehouse, Poplar, Wapping und umliegender Viertel zu heben. Leiter dieser wohltätigen Vereinigung war ein Mann namens Faire, der in seinem Leben schon mehrere heftige Zusammenstöße mit der Polizei gehabt hatte, die alle zu seinem Nachteil ausgegangen waren. Und in seiner Rolle als gebesserter Mensch‹ übernahm er die Leitung dieses Klubs.
    Gutmeinende Polizeibeamte hatten Mr. Briggerland vor dem schlechten Leumund Faires gewarnt. Mr. Briggerland hatte aufmerksam und dankbar zugehört, aber den Warnern auseinandergesetzt, daß Faire unter dem Einfluß der erhebenden Gedanken seiner Vereinigung bereits ein neuer Mensch geworden sei und von nun an das Musterbeispiel eines guten Bürgers sein werde. Später wurde die Warnung wiederholt, war aber etwas ausgedehnter. Der Klub werde von bekannten Verbrechern aufgesucht, die schon im Gefängnis gesessen und alle Aussicht hätten, wieder dorthin zurückzukehren.
    Wiederum wies Mr. Briggerland darauf hin, daß es ja der Zweck des Vereins sei, schlechte Charaktere mit guten Männern und Frauen zusammenzubringen und so in ihnen den Wunsch nach einem besseren Leben zu erwecken. Er zitierte mit großem Eifer einen berühmten Text, aber die Polizei ließ sich nicht überzeugen.
    Es war Miss Briggerlands Aufgabe, ausgewählte Mitglieder des Klubs einmal wöchentlich in ihrem Hause an der Berkeley Street zum Tee einzuladen. Ihre Freunde und Bekannten fanden das ›süß‹, fragten sich aber im stillen, ob Jean denn nicht befürchtete, von einer der in jenen Vierteln herrschenden Krankheiten angesteckt zu werden. Aber Jean schien sich darüber keine Sorgen zu machen. Als der letzte ihrer persönlichen Besucher Abschied genommen hatte, ging sie ins Frühstückszimmer, in dem die Mitglieder des Vereins bewirtet wurden, und fand dort zwei Männer, die sich bei ihrem Eintritt linkisch erhoben.
    Der veredelnde Einfluß der Vereinigung ließ sich in ihrem Äußeren noch nicht feststellen. ›Galgenvogel‹ stand deutlich in beider Gesicht geschrieben.
    »Es freut mich, daß Sie gekommen sind«, begann Jean freundlich. »Mr. Hoggins -«
    »Det bin ick, Miss«, grinste der eine.
    »Und Mr. Talmot.«
    Der zweite zeigte die Zähne.
    »Ich freue mich immer, wenn Mitglieder des Vereins zu mir kommen«, Jean war mit der Teekanne beschäftigt, »namentlich Männer, die so viel durchgemacht haben wie Sie beide. Sie sind gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, Mr. Hoggins?« frage sie unschuldig.
    Hoggins wurde rot und hustete.
    »Ja, Miss«, sagte er leise und fügte zusammenhanglos hinzu: »Aber ick bin's nich jewesen.«
    »Ich bin überzeugt, daß Sie unschuldig sind.« Jean lächelte mitleidig. »Und wären Sie wirklich schuldig gewesen, so glaube ich nicht einmal, daß man Ihnen große Vorwürfe machen dürfte. Überlegen Sie doch selbst, was Sie durchzumachen haben! Wie Sie zu leiden haben, während hier im West End Menschen das Geld zum Fenster

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