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0171 - Der Herr des roten Mohns

0171 - Der Herr des roten Mohns

Titel: 0171 - Der Herr des roten Mohns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Herr des roten Mohns
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Ei, dass in einer dieser Sendungen der Dreck hinübergeschmuggelt wurde.«
    »Ich bin nicht ganz fest überzeugt, aber man könnte es probieren«, meinte ich.
    Wir setzten also das Telegramm auf und baten um beschleunigte Antwort. Wenn wir Glück hatten, konnte sie bis zum nächsten Vormittag da sein.
    Kurz vor acht fuhren wir hinüber, um vor dem Dinner einen zu heben. Es war zwar noch nicht lange her, dass wir uns von der Whiskyflasche getrennt hatten, aber in diesem Klima leidet ein normaler Mensch an chronischem Durst, und schließlich kann man ja kein Wasser trinken. Leitungswasser schmeckt in Hongkong schauderhaft und ist auch nicht ganz ungefährlich.
    Wir saßen erst ein paar Minuten in der Bar und fingen gerade an, uns wohl zu fühlen, als ein Bekannter hereinkam. Es war Mr. Ling, den der Polizeisergeant einen hoch angesehen, und etwas eigenwilligen Burschen genannt hatte. Auch jetzt trug er überflüssigerweise eine Sonnenbrille, aber jedes Tierchen hat sein Pläsierchen und jeder Mensch seinen Spleen.
    Ling befand sich in Begleitung der süßesten Chinesin, die ich jemals gesehen hatte. Sie wog sicherlich nicht mehr als achtzig Pfund und war kaum fünf Fuß groß, also eine kleine Puppe, die man bequem unter den Arm klemmen konnte. Sie trug den üblichen, engen Ishang, der aus kostbarstem Seidenbrokat gewebt war und in zarten Pastellfarben schimmerte. Ihr Gesichtchen war das eines vierzehnjährigen Mädchens. Sie hatte eine herrliche, doppelreihige Perlenkette um das schlanke Hälschen und Brillanten an den Ohren. Es gab wohl keinen Mann in der ganzen Bar, der die beiden nicht anstarrte.
    Als Ling auf der Höhe unseres Tisches war, blieb er stehen. Die Brille machte es unmöglich, zu sagen, ob er uns bemerkt hatte. Aber er lächelte plötzlich und streckte mir die Hand hin.
    »Ich freue mich außerordentlich, Mr. Cotton, Sie so wohl und munter zu sehen, ich hatte mir wirklich Sorgen um Sie gemacht.«
    »Das habe ich gemerkt«, grinste ich. »Übrigens, dies ist mein Freund Decker.«
    Er machte shake hands mit Phil und winkte das Mädchen heran, das bescheiden zurückgeblieben war.
    »Darf ich Sie mit meiner Frau bekannt machen. Dies, Li, sind zwei Bekannte von mir aus dem Lande Amerika, für das du ja schwärmst.«
    Die Kleine verzog freundlich ihr rot geschminktes Mündchen und sagte zu meiner grenzenlosen Überraschung in fließendem Englisch:
    »Ich bin entzückt, Sie kennen zu lernen.«
    Sie konnte sogar das R sprechen.
    Phil hopste auf, als hätte ihm jemand eine Stecknadel in die Rückseite gestochen, und ich dachte an meine gute Kinderstube und machte es ihm nach. Die kleine Frau reichte uns das Händchen, und dann fragte Mr. Ling, ob er bei uns Platz nehmen dürfe.
    Aus zwei Gründen war ich sehr damit einverstanden. Erstens der kleinen entzückenden Chinesin wegen und zweitens, weil ich hoffte, dem guten Ling etwas über seine Beziehungen mit dem Gauner Clem Target aus der Nase ziehen zu können.
    Ling bestellte für sich einen Cocktail und ein Glas Fruchtsaft für seine Frau.
    Die Unterhaltung kam schnell in Fluss. Ling erzählte, dass er vor ein paar Jahren einige Monate lang geschäftlich in den Staaten gewesen sei und dass er die Absicht habe, in Kürze nochmals hinzufliegen.
    »Sie müssen wissen, dass wir erst seit ein paar Wochen verheiratet sind und Li noch eine Hochzeitsreise zugute hat. Sie wurde in der amerikanischen Schule erzogen, und so will ich ihr dieses bewundernswerte Land einmal zeigen. Sie ist meine dritte Frau und auch noch meine kluge, kleine Privatsekretärin.«
    »Dann sind Sie also schon zweimal geschieden?« platzte ich heraus. Im gleichen Augenblick hätte ich mir am liebsten auf den Mund geschlagen.
    »Wo denken Sie hin. Ich habe eben drei Frauen, und wenn ich wollte, könnte ich noch ein paar ernähren, aber ich denke wohl, ich werde bei meiner kleinen Li bleiben.«
    Über diese Offenheit und, wie ich es empfand, Schamlosigkeit wurde ich so verlegen, dass mir keine Antwort einfiel, und das passiert wirklich selten.
    Phil dagegen hatte den Faden aufgegriffen und schwärmte der kleinen Li von unserer Heimat vor. Damit war ich, was die nette Chinesin anging, für den Rest unseres Zusammenseins ausgebootet. Ling dagegen erzählte mir von seinen Geschäften.
    »Ich habe mit dieser Generalvertretung von Minax einen großen Schlag gemacht«, sagte er. »In Kawloon hat kaum jemand elektrisches Licht, und ich verkaufe eine Menge nach drüben.« Er machte eine vage Handbewegung.

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