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0171 - Der Herr des roten Mohns

0171 - Der Herr des roten Mohns

Titel: 0171 - Der Herr des roten Mohns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Herr des roten Mohns
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wenn er wüsste, dass Sie über unsere Fahrt nach Kawloon im Bilde sind. Vielleicht wird ihn das veranlassen, unbedingt ehrliches Spiel zu spielen.«
    »Den Gefallen kann ich Ihnen tun.«
    Inspektor Sommerset drückte auf die Klingel und bellte irgendeinen Befehl. Gleich darauf erschien unser Fahrer.
    Er fühlte sich gar nicht wohl in seiner Haut. Sicherlich überschlug er in Gedanken, wie viel Personen er in jüngster Zeit mit dem Fahrpreis betrogen hatte. Natürlich verstanden wir nicht, was gesprochen wurde, aber die unterwürfigen Beteuerungen des Chinesen waren nicht misszuverstehen.
    Beim Abschied ermahnte uns der Inspektor nochmals eindringlich, vorsichtig zu sein und uns um Gottes willen auf keinen Krach einzulassen. Dann fuhren wir in die Chuloong Street und ließen das Taxi an der Ecke warten.
    Vorsichtigerweise nahmen wir den Weg durch die Höfe und fanden die Tür zum Hinterzimmer unverschlossen. Won erwartete uns bereits.
    »Selbstverständlich kann ich keinen Chinesen aus ihnen machen«, sagte er. »Sie können jedoch auch nicht in der jetzigen Aufmachung in Kawloon herumlaufen.«
    »Wir werden nicht laufen. Wir haben ein Taxi und einen zuverlässigen Fahrer.«
    »Niemand ist zuverlässig, wenn ›Der Herr des roten Mohns‹ der Gegner ist«, lächelte er. »Aber vielleicht erspart Ihnen das eine Verkleidung. Hier, hängen Sie sich diese Fotoapparate um. So wirken Sie wie Touristen. Übrigens habe ich Filme einziehen lassen.«
    Dann verschwand er für einen Augenblick und kehrte mit einem Landsmann zurück.
    »Dies ist mein Freund La Sing«, sagte er. »Ich habe mit ihm vereinbart, dass Sie ihm zwanzig amerikanische Dollar für seine Dienste bezahlen. Er weiß, wo der Mann, den Sie suchen, wohnt, und er wird Sie dorthin bringen. Anderes aber dürfen Sie nicht von ihm verlangen. Der Rest ist Ihre Sache.«
    »Spricht La Sing englisch?« fragte ich.
    »Sehr wenig, aber es wird genügen.«
    Dann folgte der »geschäftliche-Teil«. La Sing kassierte seine zwanzig Dollar, die er jedoch nicht behielt, sondern Won zur Aufbewahrung übergab. Dumm war der Bursche bestimmt nicht. Wenn er wirklich in Verdacht geriet, so wären die zwanzig US-Dollar ein untrüglicher Beweis dafür, dass er in unseren Diensten stand. So konnte er es jederzeit ableugnen.
    Er setzte sich neben den Fahrer. Die beiden verständigten sich mit wenigen Worten. Dann begann unsere Expedition.
    Die Fähre war gerade angekommen und hatte am Pier festgemacht. Nur wenige Wagen, darunter unser Taxi, rollten hinüber, aber eine Unmenge von Chinesen schob und drängte sich auf dem Deck zusammen. Wir waren die einzigen Europäer.
    Die Überfahrt dauerte nur wenige Minuten. Als wir die Fähre verließen, glaubte ich, Sommerset und Won hätten übertrieben. Die Umgebung sah recht manierlich aus. Aber das Bild änderte sich sehr schnell, als wir die alte Chinesenstadt erreichten.
    Uns empfing ein Gewirr enger Straßen und Gässchen, die mit Unrat gefüllt waren. Schwärme von Fliegen belästigten uns, verwilderte Hunde und Katzen streunten umher. Das alles jedoch war noch nichts gegen die Menschen, die an den Häusern entlanghuschten, schlafend in den Ecken und Torbogen lagen oder mitten auf dem Gehweg würfelten, sich stritten oder sogar prügelten.
    Wir kannten so manche Verbrechergegend. Wir kannten die Slums von Chicago, New York und Los Angeles, aber noch nie waren uns so ungeschminkte Gangstervisagen und ein derartiges Elend begegnet. Nur langsam kamen wir vorwärts, und dann wurde die Gasse so schmal, dass der Fahrer halten musste.
    Unser Führer gab uns ein Zeichen; wir stiegen aus und wateten buchstäblich durch den Dreck. Eine Schar von Kindern mit aufgedunsenen Hungerbäuchen verfolgte uns bettelnd. Schon griff ich in die Tasche nach ein paar Kupfermünzen, aber La Sing legte mir die Hand auf den Arm und schüttelte den Kopf.
    »Nicht tun«, sagte er. »Jetzt vielleicht zwanzig, dann hundert, und dann werden frech.«
    Ich begriff und ließ es sein. In dieser Gegend war es nicht gut, zu zeigen, dass man Geld hatte.
    Die Gasse wurde so schmal, dass wir nur noch hintereinander gehen konnten. Die Häuschen waren zwar halb zerfallen, aber solider als die, die wir bis jetzt gesehen hatten. Sie bestanden aus roh behauenen Steinen und waren sicherlich mehr als hundert Jahre alt. Aus den Haustüren, hinter denen das Dunkel gähnte, quoll Gestank. Neugierige Fratzen sahen uns an. Wir bogen rechts ab - und da flüsterte La Sing: »Drittes Haus

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