0172 - Mit Gangstern spielt man nicht
den Mund aufmachte, war sie nur noch eine dumme Pute, die es verstanden hatte, einen alternden Mann zwielichtigen Charakters mit vielen Dollars zu angeln. Sie sagte, daß sie sehr erfreut sei, unsere Bekanntschaft zu machen. Dabei verschlang sie uns mit sinnlichen Blicken.
Wir setzten uns auf die Stühle, die der Rotbejackte uns eilfertig hinschob. Mein Freund bekam den Stuhl neben Lia, die sich sofort erkundigte, ob Phil von der Sonne so gebräunt sei. Ich kümmerte mich um Stainley.
»City Police?« fragte er leise.
Ich gab ihm durch die Blume zu verstehen, von welchem Verein wir kamen.
»Ich dachte, das wäre ein Witz«, knurrte er, »als Sie sich mit Cotton und Decker vorstellten. Sie sind’s wirklich?«
»Wir gebrauchen nur selten falsche Namen«, erwiderte ich. »Und diesmal waren es die richtigen.«
Er schluckte, griff nach seinem Sektglas und nippte. Er brauchte also Zeit, um mit dieser Tatsache fertig zu werden. Es wunderte mich nicht. Die Unterweltler haben wesentlich mehr Angst vor dem FBI als vor den Detectives der City Police.
»Müssen wir unbedingt heute darüber sprechen?« forschte Stainley. »Unbedingt«, nickte ich.
»Na schön«, seufzte er. »Soll ich meinen Anwalt herrufen?«
»Ich denke, es wird nicht nötig sein«, erwiderte ich vorsichtig. »Wir wollen uns nur ein paar Minuten mit Ihnen unterhalten.«
Er senkte wieder den Kopf und dachte nach. Schließlich raffte er sich dazu auf, zwei weitere Sektgläser zu bestellen. Ich winkte ab: »Wir trinken Kaffee, und wir zahlen selbst.«
Stainley lief rot an. »Also los«, fauchte er. »Machen wir’s kurz! Was liegt gegen mich vor?«
Wir unterhielten uns leise, während Phil ziemlich geschickt die Schwarze ablenkte. Anscheinend erzählte er ihr die neuesten Witze, denn sie kicherte ununterbrochen.
Ich steckte mir eine Zigarette an und sagte: »Wir haben Preavitt mit seiner Gang ausgehoben.«
Mein Gegenüber hatte sich gut in der Gewalt. Ohne mit der Wimper zu zucken, erklärte er: »Gratuliere - aber von wem reden Sie eigentlich?«
Ich grinste ihn an: »Wir hatten schon ein sehr interessantes Gespräch mit Preavitt.«
Er wurde nun doch ein bißchen unsicher. Aber er äußerte sich noch nicht. Ich wurde noch deutlicher: »Preavitt hat uns eine nette kleine Geschichte von einem Geschäft erzählt, das Sie ihm vermittelt haben.«
»So?« krächzte er unsicher.
»Ja. Jeden Abend 50 Dollar für eine verdammt leichte Arbeit.«
Jetzt mußte ihm klarwerden, daß wir in der Marihuana-Sache Bescheid wußten. Stainley entnahm einem ledernen Etui eine sündhaft teure Zigarre, steckte sie umständlich an und paffte ein paar elegante Rauchringe vor sich hin.
»Wollen Sie mich mitnehmen?« fragte er plötzlich.
Ich überlegte. Wenn Stainley wegen einer Sache, die ihm höchstens zwei Jahre einbringen konnte, fliehen wollte, würde er sein Bankkonto im Stich lassen müssen, denn es war Sonntag. Außerdem hätte ihm das auch nichts genutzt. Ein Mann, der nur noch ein Bein hat, ist spielend leicht zu finden.
»Nein«, entgegnete ich. »Sie können auf freiem Fuß bleiben. Unter einer Bedingung.« Ich sah ihn fragend an.
Er schnappte sofort zu: »Wenn Sie vernünftig sind, lasse ich mit mir reden.«
Ich grinste. Zu groß durfte ich ihn nicht werden lassen: »Sie verwechseln die Vorzeichen, Stainley. Das Plus steht auf unserem Konto, und bei Ihnen hat sich in den letzten zwei Tagen allerhand Minus angesammelt. Die Bedingungen diktieren wir.«
»Lassen Sie die Katze schon aus dem Sack!«
»Wer steckt hinter der 50-Dollar-Geschichte, Stainley? Packen Sie das aus, und sie können hier Sitzenbleiben.« Wieder schwieg er und dachte nach. Ich sagte sinnend: »Ein schönes Bild.«
»Was?«
»Wenn Sie von der Besatzung eines Streifenwagens hier aus der vornehmen Bude herausgeholt werden. In Handschellen.«
Er wurde blaß: »Haben Sie einen Haftbefehl?«
»In diesem Fall brauche ich keinen. Sie wissen, daß G-men in Ausnahmefällen eine sofortige Festnahme für 24 Stunden anordnen dürfen. Ich wette Stainley, daß ich bis morgen mittag einen Haftbefehl habe, wenn ich ihn haben will.«
»Wieso Ausnahmefall? Sie wollen bluffen, was?«
»Bei Spionage«, sagte ich leise, »besteht immer Fluchtgefahr, Stainley. Und in Fällen von Fluchtverdacht sind wir zur vorläufigen Festnahme berechtigt.«
Das gab ihm den Rest. Spionage, vorläufige Festnahme, er mit Handschellen inmitten der gaffenden Geldprotze hier - er gab klein bei. »Okay«, knurrte er.
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