0174 - Lupinas Todfeind
nächsten Augenblick fiel ich in die Tiefe und hatte Mühe, einen Schrei zu ersticken.
Der Aufprall.
Trotz des Teppichs war er verdammt hart und fuhr mir durch sämtliche Glieder. Ich biß die Zähne zusammen, bekam die Zunge dazwischen und schmeckte Blut. In meinem Nacken begann es wieder zu schmerzen, dann lag ich still.
»So, da kann er erst einmal liegenbleiben«, hörte ich die Stimme des Lehrers, bevor sich er und seine Schwester entfernten.
***
Roland Foucert war einige Schritte in das Schloß hineingegangen.
»Sie sind verschwunden«, meldete er.
Paretti grinste scharf. »Dann ist diese Lupina nur noch allein auf dem Hof.«
»Genau.«
»Sollen wir es machen?«
»Wir?« Foucert lachte leise. »Du bist doch der Mann.«
»Merde, du Feigling. Gehst du nicht mit?«
»Doch.«
»Dann machen wir es jetzt.«
Lupina schien ahnungslos zu sein. Sie stand mitten auf dem Burghof, drehte den Männern ihren Rücken zu und genoß es, wie die Dunkelheit immer mehr zunahm.
Sie schaute zum Himmel.
Dort trat der helle Vollmond deutlicher hervor, eine gelbe Scheibe, in der die Kraft einer dunklen, gefährlichen Magie steckte, die von Werwölfen und Vampiren angebetet wurde und ihnen die Möglichkeit gab, zu reißenden Bestien zu werden.
Der Mond!
Sinnbild des Bösen, ein Gestirn, über das zahlreiche Geschichten und Legenden erzählt wurden, und dessen magische Stärke doch nie erforscht worden war.
Lupina fühlte das Kribbeln. Ihre Haare auf dem dichten Fell stellten sich aufrecht, sie hatte den Mund weit geöffnet, den Kopf in den Nacken gelegt und nahm die Kraft voll in sich auf. Sie badete sich in seinem Schein, der fahl ihren Körper umflorte.
Auch in ihren Adern floß Blut. Schwarzes Blut, Lebenssaft einer dämonischen Kreatur, die jetzt aktiviert wurde. Ein bekanntes Gefühl stellte sich ein. Sie merkte das Rauschen, das Blut schien sich zu erwärmen, schien zu kochen und wie siedendes Wasser durch ihre Adern zu laufen.
Die langen, blonden Haare verloren ihren Schimmer. Sie wurden stockig und fahl. Lupina merkte, wie sich ihr Mund spannte und verlängert wurde, so daß sich bereits eine Schnauze bildete. Überall sprossen Haare. Sie drangen aus ihrer Haut hervor und bedeckten ihr gesamtes Gesicht. Gleichzeitig wuchsen auch die Zähne. Sie wurden zu gefährlichen Hauern, zum Gebiß einer Bestie, die damit alles reißen konnte. Auch die Haare verloren jetzt jegliche Form und Farbe. Sie selbst verwandelte sich in einen dichten Pelz.
Lupina knurrte.
Jetzt hörte es sich wirklich an, wie das Knurren eines hungrigen Wolfes.
Und hungrig war sie. Sie brauchte Menschen, sie brauchte deren Blut!
Einzig und allein die Augen waren so geblieben wie zuvor. Ansonsten hatte sich an ihrem Kopf alles verändert, selbst die Stirn war eingefallen.
Lupina hatte die endgültige Verwandlung hinter sich, riß ihre Schnauze auf und stieß ein klagendes Geheul aus, das schaurig über den Burghof hallte.
Es vermischte sich mit dem jammernden Geräusch des Windes zu einer Melodie des Schreckens.
Auch Foucert und Paretti hatten mitbekommen, daß etwas nicht stimmte. Allerdings täuschte sie die Dunkelheit. So sahen sie erst genau, was geschehen war, als sie sich dicht hinter Lupina befanden.
Sie blieben stehen. »Verdammt!« flüsterte Paretti.
»Willst du kneifen?« fragte Foucert.
»Nein, aber sie hat sich verwandelt. Das ist kein Haar mehr, das ist nur noch Fell.«
»Eben eine Wölfin.«
Paretti nickte. Er zog die Beretta, die mit Silberkugeln geladen war. Damit wollte er diese verdammte Wölfin umlegen. Eine Kugel in den Schädel, und das Biest existierte nicht mehr.
Foucert hielt sich etwas zurück. Er traute dem Braten nicht so recht. Wenn Paretti schoß, wollte er nicht unmittelbar an seiner Seite sein. Der Südfranzose merkte überhaupt nicht, daß sich sein Partner zurückgezogen hatte. Er war nur auf die Wölfin fixiert. Sie war groß wie ein Mensch, stand auf zwei Beinen, und als sie sich jetzt halb drehte, sah der Mann ihr Profil.
Es war tatsächlich das einer Wolfsschnauze!
Paretti schluckte.
Er hob die Waffe, zielte genau und sein Finger fand den Abzug.
Er brauchte ihn nur noch zu krümmen.
Da schaute die Wölfin ihn an. Blitzschnell hatte sie sich gedreht, jetzt standen sich die beiden Auge in Auge gegenüber, und plötzlich schaffte Paretti es nicht mehr, abzudrücken. Er bekam einfach den Zeigefinger nicht zurück. Es schien, als würde Leim daran kleben.
Er stöhnte auf.
Lupina starrte ihm in
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