0174a - Am Broadway ist der Teufel los
sein Mund nahe an Phils Ohr kam.
Er sprach so leise, daß man schon eine Armlänge weit entfernt nichts mehr verstehen konnte.
Aber was er sagte, schien bei Phil einzuschlagen wie eine Bombe.
***
»Was haben Sie denn da, Cotton?« fragte Anderson interessiert und trat dicht an mich heran.
»Eine 32er Walther«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Aber wie das Ding in meine Rocktasche kommt, das mag der Himmel wissen.«
Ich besah mir die Waffe genau. Die Fabrikationsnummer auf der Unterseite des Laufs war weggefeilt worden. Das war kein Problem. In unserem Labor würde man die Nummer doch wieder sichtbar machen. Metall verändert seine Struktur, wo mit viel Druck Zahlen und Buchstaben in es hineingeschlagen werden. Diese Strukturveränderung kriegt man auch mit einer Feile nicht wieder weg, es sei denn, man feilte so tief, daß der Zweck des Gegenstandes zerstört würde, in diesem Falle hätte man den Lauf auf der Nummerseite auffeilen müssen.
»Was tun Sie eigentlich hier, Cotton?« fragte Anderson.
»Anonymer Anruf«, erwiderte ich. »Ich soll einen Burschen in der Kneipe droben an der Ecke treffen.«
»In welcher Kneipe?«
»An der Ecke da droben, Ecke Lenox Avenue und 144. Straße.«
»Kommen Sie mit, Cotton«, sagte Anderson.
Er hatte irgend etwas, das hörte ich ihm an. Schweigend ging ich neben ihm her auf die Kreuzung zu. Sie war inzwischen von allen Seiten abgesperrt worden. Ketten von Cops hatten die Neugierigen in die Straßen abgedrängt. Wir blieben an der Bordsteinkante stehen.
Zehn Meter von der Kreuzung entfernt, die Lenox Avenue nach Norden hinauf, lag ein regloser Körper auf der Straße. Es handelte sich offenbar um den Leib eines Mannes oder eines kräftig gewachsenen Jugendlichen, aber mehr konnte ich aus der Entfernung nicht sehen.
Ziemlich genau auf der Kreuzung standen zwei Autos, ein grüner Ford und ein gelber Dodge. Sie waren frontal ineinandergefahren. Von den beiden Fahrern war nichts zu sehen. Ich wandte mich an Anderson:
»Was wird denn hier eigentlich gespielt?« fragte ich.
Anderson sah mich groß an.
»Das wissen Sie nicht?«
»Woher, zum Teufel, soll ich es wissen? Ich kam, von dem anonymen Anrufer bestellt, die Lenox Avenue ’rauf und ließ den Jaguar achtzig bis hundert Yard von hier entfernt stehen.«
»Steht der Wagen da noch?« unterbrach Anderson.
»Wenn er nicht gestohlen worden ist, muß er dort stehen. Jedenfalls wollte ich gerade die Tür abschließen —«
»Welche Tür?«
»Die Tür meines Jaguars.«
»Ist das Ihr Ernst, Cotton? In Amerika schließt kein Mensch die Autotüren ab!«
»Himmel, Sie gehen mir langsam auf die Nerven,- Anderson«, brummte ich. »Muß ich Ihnen noch erzählen, wie viele Autos jährlich in den USA gestohlen werden? Soll ich Ihnen eine Vorlesung darüber halten, wieviel kostbare Zeit beim FBI damit draufgeht, SMV-Sachen zu bearbeiten (Stolen Motor Vehicle gestohlenes Kraftfahrzeug)? Und können Sie sich wohl vorstellen, daß jeder G-man seinen Wagen entgegen der amerikanischen Sitte abschließt, weil er nicht durch die landläufige Leichtfertigkeit den Autodieben das Handwerk erleichtern will?«
»Ist ja schon gut«, brummte Anderson ärgerlich. »Vorlesungen brauchen Sie mir nicht zu halten.«
»Dann dürfen Sie mich nicht fragen. Als ich kam, schloß ich den Wagen ab und hörte einen Schuß.«
»Wo?«
»Hier in der Nähe der Kreuzung muß der Schuß gefallen sein. Natürlich war ich einen Augenblick verdattert, dann aber setzte ich mich in Bewegung und spurtete in diese Richtung. Auf einmal stürzen sich fünf oder sechs wildgewordene Kerle auf mich, packen mich an allen Knopflöchern und behaupten, ich hätte wen erschossen.«
»Daran ist natürlich kein wahres Wort.«
»Selbstverständlich nicht!« fauchte ich und hielt Anderson meine Dienstpistole unter die Nase. »Oder können Sie feststellen, daß aus dieser Waffe seit dem letzten Reinigen auch nur ein einziger Schuß abgegeben wurde, Lieutenant?«
»Das ist Ihre Dienstpistole, nicht Wahr? Aber was ist mit dieser Walther in Ihrer Rocktasche?«
»Daraus muß geschossen worden sein«, antwortete ich. »Und zwar kürzlich. Es riecht noch stark nach Kordit.«
»Aha.«
»Was heißt ,aha‘?« knurrte ich gereizt.
»Was soll es schon heißen? Was heißt es, wenn Sie ›aha‹ sagen? Verraten Sie mir lieber etwas anderes: Wo ist die Kneipe, wo Sie den Anrufer treffen sollten? Und wie sollten Sie ihn eigentlich erkennen? Sie sagten doch, es war ein anonymer
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