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0174a - Am Broadway ist der Teufel los

0174a - Am Broadway ist der Teufel los

Titel: 0174a - Am Broadway ist der Teufel los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Broadway ist der Teufel los
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betraten das Warenhaus durch einen Seiteneingang, dessen Tür nur angelehnt war. Dahinter stand ein Cop, versperrte den Weg mit seinem breiten Rucken und trat erst beiseite, als er Anderson hinter mir erkannt hatte.
    Es ging einen kurzen Flur entlang bis zu einem Fahrstuhl.
    Wir fuhren abwärts, ins zweite Kellergeschoß. Wieder kam ein Flur, der sich nach links zu vier Durchgängen öffnete.
    Endlose Regalreihen voller Kartons, Kisten und Dosen zogen sich in den langen Räumen hinter den Durchgängen hin.
    Auf der rechten Seite des Korridors lagen mehrere Türen, und ich weiß nicht mehr, welche es war, die Anderson öffnete.
    Wir betraten einen sechs mal acht Yard großen Raum.
    Er wurde von vier Neonröhren in ein bläulich-weißes Licht getaucht.
    In der Mitte zog sich ein langer Tisch hin, der von gepolsterten Stühlen umgeben war.
    In einer Ecke stand eine Kaffeemaschine. Auf dem Geschirrschrank daneben plärrte ein Radio Schlagermusik.
    Ich überflog die Einrichtung mit einem raschen Blick, wie es einem zur Routine wird.
    Dann aber sah ich mir die sechs Männer an, die hübsch nebeneinander auf der einen Längsseite des Tisches saßen.
    Es gab mindestens zwanzig Stühle an diesem Tisch, aber nein: sie saßen in einer Reihe nebeneinander.
    Niemand hatte einen Stuhl zwischen sich und dem Nachbarn freigelassen, niemand hatte sich auf die andere Seite des Tisches gesetzt, keiner an eine Schmalseite, niemand stand oder ging umher.
    Vorsicht, alter Junge, sagte etwas in meinem Gehirn. Die Burschen benehmen sich, als ob sie ein schlechtes Gewissen hätten.
    Man müßte ein Psychoanalytiker sein. Warum sitzen sie alle so brav wie Schulkinder in einer Reihe?
    »Ich will Ihnen nicht vorgreifen, Anderson«, sagte ich leise, als ich den Blick des Lieutenants auffing. »Und es soll auch nicht heißen, ich hätte jemanden zu beeinflussen versucht. Fangen Sie an!«
    Der Lieutenant zuckte die Achseln.
    »Na schön«, brummte er. Er steckte sich eine Zigarette an.
    Es war bedrückend still. Die sechs Männer sahen Anderson an. Alle. Nicht einer blickte zu mir. Himmel, was war nur mit den Burschen los? Warum taten sie alles so konsequent gemeinsam?
    Lieutenant Anderson rauchte schweigend. Wollte er dramatische Effekte erzielen? Oder was hatte er vor? Ich holte meine Zigaretten aus der Rocktasche, schüttelte ein paar vor und zog eine heraus. Als ich den ersten Rauch ausblies, fragte Anderson plötzlich: »Kennt jemand von den Herren zufällig diesen Mann?«
    Er zeigte mit der Glut seiner Zigarette auf mich.
    Wie bei Marionetten drehten sich ihre Köpfe in meine Richtung. Jetzt sahen sie mich an. Ich blickte ihnen der Reihe nach ins Gesicht. Dem Dicken links außen, dem mit dem dunklen Bärtchen auf der Oberlippe, dem Hageren, dem Burschen mit der kleinen Warze auf dem linken Nasenflügel, dem Alltagsgesicht und zuletzt dem Mann mit dem nervösen Zucken des rechten Augenlids. Kein einziger versuchte, meinem Blick auszuweichen. Keiner. Wie sie alles gemeinsam taten, starrten sie mich auch gemeinsam an.
    »Na, was ist los?« bellte Anderson. »Ich habe gefragt, ob jemand diesen Mann kennt?«
    Sie schüttelten die Köpfe. Wenigstens ging das mit verschiedenen Geschwindigkeiten vor sich. Der Dicke hatte den Kopf noch nicht, einmal von rechts nach links gedreht, als der mit dem Bärtchen schon bei der dritten Drehung war.
    »So so«, sagte Anderson. »Also niemand kennt ihn. Dann muß ich ihn wohl vorstellen, was? Gestatten, Gentlemen: das ist Jerry Cotton. Einer der erfolgreichsten FBI-Beamten des Distriktes New York. Wie gefällt Ihnen das?« Zuerst runzelten sie die Stirn. Alle. Schön gemeinsam, als hätten sie alle dieselbe Rolle zu spielen. Dann fing der Dicke an, glucksend zu lachen. Augenblicklich fielen die anderen ein. Mehr oder weniger gekünstelt, je nach Talent. Ich holte tief Luft. Dieser Verein spielte Theater, schlechtes Theater obendrein — aber mit System, mit gelernten Rollen, das stand für mich fest. Nur hatte ich keine Ahnung, was für ein Stück auf dem Spielplan stand.
    »Köstlich!« gluckerte es dem Dicken über die Lippen. »Ganz köstlich! Ahä-hähähä!«
    So ähnlich hörte ich in Italien die Bergziegen meckern. Ich hob meine Zigarette, zog noch einmal und ließ den Stummel in den großen Standaschenbecher fallen. Irgendwann mußten die Burschen die Katze ja aus dem Sack lassen. Ganz egal, wie lange ein Theaterstück dauern mag, einmal muß doch der Vorhang fallen. Und darauf wartete ich.
    Anderson

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