0176 - Schamanen-Terror

bewegen.
    Sie versuchte, Gedankenfühler auszustrecken und nach Monica zu suchen. Doch die Schwester mußte unsagbar fern sein. Wahrscheinlich war sie nicht mitgerissen worden, als die Macht des Schamanen zuschlug. Monica war zu weit entfernt, um auf den Kontaktversuch reagieren zu können. Ohne ihre Nähe kam Uschi sich irgendwie verloren und einsam vor.
    »Irgendwie müssen wir jetzt hier hinauskommen«, sagte sie und reckte und streckte sich. Die Fesselung hatte teilweise den Blutkreislauf nicht unterbrochen, aber behindert, und ihre Füße waren halb eingeschlafen. Jetzt begann das Blut prickelnd wieder zu fließen.
    »Draußen ist es noch hell«, sagte Liz. »Wenn wir Pech haben, steht die Jurte genau mitten im Dorf, und dann gute Nacht.«
    Uschi huschte zur Tür hinüber. Sie war primitiv zusammengezimmert, fast noch primitiver war das Schloß. Wenn sie ein Stück Draht besessen hätte, wäre es ihr nicht schwergefallen, das aus der Zivilisation importierte Schloß zu öffnen. Aber ihre Hosentaschen waren bemerkenswert leer.
    Gerade, als sie Liz nach einem Kamm oder einem Stück Draht fragen wollte, würde die Tür überraschend von außen geöffnet.
    ***
    »Kontakt«, sagte der Chibb neben Kommandant Yaungar. Der Kommandant wandte leicht den Kopf. Es war, als schwebten die beiden Silberhäutigen frei irgendwo im Nichts. Die perfekten Bildübertragungen des Dimensionenschiffes vermittelten diese Illusion. Überall zwischen ihnen funkelten die vielfach geschliffenen Köpfe der Detektoren, welche die Befehlsimpulse direkt aus den Denkzentren der Chibb aufnahmen. Der Kommandant brauchte kaum einen Finger zu rühren, um das Dimensionenschiff zu lenken. So, wie er seine Gedankenbefehle aussandte, übermittelten ihm und seinem Kopiloten die Detektoren auch ihre Daten und Meßwerte, die sie ständig aufnahmen.
    »Fremdobjekt«, fuhr Clamy fort. »Allem Anschein nach ein Meegh-Spider.«
    Ein Schatten legte sich über das Gesicht des Kommandanten. Yaungars Telleraugen wurden dunkler.
    »Kurs?«
    Feine, grünliche Koordinatenlinien zogen sich über den Allsichtschirm. Zahlenwerte wurden eingeblendet. Irgendwo in den Raumtiefen der Dimensionen stand das fremde Objekt - nein, es stand und lauerte nicht, sondern bewegte sich mit unerhörter Schnelligkeit. Es war der Schnittpunkt der grünen Linien. Dieser Schnittpunkt veränderte sich, bewegte sich auf den Null wert zu.
    »Kollisionskurs.«
    »Eine Falle?« überlegte Yaungar. »Sollte es den Hilferuf nur gegeben haben, um uns in eine Meegh-Falle zu locken?«
    »Wir sind schneller«, sagte Clamy ruhig. »Wir werden springen, ehe die Meeghs uns erreichen.«
    »Dann erreichen sie uns ein wenig später dicht über dem Ziel. Wir werden kämpfen müssen«, sagte der Kommandant. »Wir sollten Verstärkung anfordern.«
    »Sie würde zu spät kommen«, wandte Clamy ein. »Wir können nur darauf hoffen, daß der Auserwählte mit dem Medaillon der Macht eingreift - Professor Zamorra.«
    Ein jäher Ruck ging durch das Dimensionenschiff der Silberhäutigen, als es abermals beschleunigte. Zwischen den Sternen eines fremden Weltraums jagte es dem Punkt entgegen, an welchem es die Barrieren von Raum und Zeit durchdringen und die Erde erreichen würde.
    Und immer näher kam der mörderische Feind, der nur ein Ziel kannte: Töten, vernichten und erobern.
    ***
    »Du bist ein Narr«, sagte der Dorfälteste schroff, der die Funktion eines Häuptlings innehatte. Ihm oblag die weltliche, dem Schamanen die priesterliche Macht. Attoo, der Dorfälteste, war nicht immer mit dem einverstanden, was der Schamane tat. Norgaun war ihm unheimlich; der Zauberpriester besaß mehr Macht, als er eigentlich haben durfte. In seinen jungen Jahren war Attoo viel gereist und hatte viele andere Dörfer der australischen Ureinwohner besucht. Nirgends war ein Schamane so mächtig gewesen wie in diesem Dorf. Und nirgends so böse…
    Eine seltsame Ausstrahlung ging von Norgaun aus, die den Dorfältesten erschauern ließ. Er hatte den Verdacht, daß der Schamane die Mächte des Bösen beschwor.
    »Du wirst die beiden Frauen wieder freilassen«, forderte Attoo. »Du bringst Gefahr über das Dorf. Unterschätze nicht die Weißen. Wenn sie die Frauen hier finden, brechen für uns schlechte Zeiten an.«
    Norgaun kicherte schrill. »Du bangst um deine Schnapsbrennerei«, behauptete er.
    »Richtig«, sagte Attoo schroff. »Daran denke ich und an einige andere Dinge. Dinge, an denen auch du beteiligt bist.«
    »Und was ist«,