0178 - Der grüne Dschinn
würden sich mit Vergnügen auf ihn stürzen. Dieser Gefahr wollte Suko entgehen.
Suko hatte einen Vorteil. Sein Erscheinen war zu überraschend gekommen. Es hatte eingeschlagen wie eine Bombe. Bevor die Gäste überhaupt richtig begriffen, war Suko bereits in Nähe der Tür. Nur wenige Schritte trennten ihn noch. Auf seinem Weg hatte er abgeräumt.
Die schlechte Sicht und den schmalen Raum zwischen den einzelnen Tischen hatten einige Gäste mit Bodenkontakt bezahlen müssen. Sie fluchten und schrien.
Dann sprangen die ersten auf.
Und Suko hörte auch Kelims Stimme. Sie überschlug sich fast, als er kreischte: »Haltet ihn fest, diesen verdammten Ungläubigen. Er will fliehen…!«
Zwei Kerle stellten sich dem Chinesen tatsächlich in den Weg. Sie waren ziemlich kräftig. Einer hatte bereits ausgeholt, als Sukos Karateschlag ihn von den Beinen riß. Er fiel gegen seinen Kumpan.
Beide gingen zu Boden und behinderten auch einen dritten, der deshalb nicht eingreifen konnte.
»Nehmt die Messer!«
Dieser Befehl war wirklich das Letzte. Kelim mußte das Wasser bis zum Hals stehen, wenn er ihn gab.
Da wurde die Tür aufgezogen.
Ein neuer Gast wollte das Lokal betreten. Er öffnete Suko unbewußt den Fluchtweg.
Als die erste Klinge flog, hatte Suko den überraschten Mann schon zur Seite gestoßen und war draußen. Das Messer hieb rechts neben der Tür in den Rahmen. Dort blieb es zitternd stecken.
Suko hatte es geschafft.
Zum Glück sah er eine Lücke im Verkehr und jagte rasch über die Straße. Erst auf der anderen Seite drehte er sich um.
Man verfolgte ihn nicht. In der offenen Tür zeigte sich zwar eine Menschentraube, es wurden auch Drohgebärden gegen Suko ausgestoßen, aber niemand machte Anstalten, die Straße zu überqueren. Es waren eben zu viele Zeugen in der Nähe.
Kelim sah Suko nicht. Der Anführer hielt sich im Hintergrund. Er hatte schließlich einiges zu befürchten, und Suko war auch fest entschlossen, noch einmal in dieses Kaffeehaus zurückzukehren. Allerdings nicht allein, sondern mit einem Polizeiaufgebot.
John Sinclair war verschwunden oder tot. Allein diese Nachricht würde Sir James Powell, den Superintendenten und Johns Chef, auf die Barrikaden treiben.
Es gab natürlich einen Fehler in der Rechnung. Die Gegner hatten Zeit genug, das Weite zu suchen. Sie konnten fliehen, Suko und die Polizisten würden das Nachsehen haben. Aber daran war nichts zu ändern. Auf dem Weg zum Parkplatz, wo der Chinese seine Harley abgestellt hatte, passierte er auch eine Telefonzelle. Das rote Häuschen war leer. Vor einem Teenager, der Suko vor Wut die Zunge rausstreckte, enterte er die Kabine.
Die Durchwahlnummer hatte er im Kopf. Er hoffte, Sir James noch im Büro vorzufinden. Wie an vielen Tagen, so arbeitete der Superintendent auch an diesem Abend länger.
Er selbst hob ab.
Suko meldete sich. Seine Stimme klang ruhig, obwohl er innerlich nervös war, was bei ihm selten vorkam. Er schilderte die Begebenheiten, und Sir James hörte genau zu.
»Wie viele Leute brauchen Sie?« fragte er.
»Man muß das Kaffeehaus abriegeln. Zudem weiß ich nicht, wie es an der Rückseite aussieht.«
»Ich werde eine halbe Hundertschaft anfordern.«
»Das wird sicherlich reichen, Sir.«
»Und was ist mit John? Sind Sie sicher, daß er nicht mehr lebt?« Sir James’ Stimme klang belegt.
»Sicher nicht.«
»Sie haben ihn nicht gesehen?«
»Das war nicht möglich, Sir. Die Decke hatte den Boden berührt. Ich sah nur das Blut.«
»Das reicht, Suko. Bleiben Sie in der Nähe. Ich werde auf jeden Fall selbst vorbeikommen.«
»Bis dann, Sir.«
Suko hängte ein. Als er die Zelle verließ, giftete ihn der Teenager an.
Der Chinese hörte gar nicht hin, er hatte jetzt andere Sorgen. Es ging um das Leben seines besten Freundes.
Suko schritt den gleichen Weg zurück, den er gekommen war. Von den zahlreichen Passanten hatte niemand etwas bemerkt. Völlig normal lief der Betrieb weiter. Auch das Kaffeehaus fiel nicht auf. Keiner ahnte, was sich hinter der Fassade alles abspielte, welch ein Horror dort lauerte.
Bald würde es hier anders sein. Eine halbe Hundertschaft Polizisten, Männer, die ihr Handwerk verstanden, das hatten sie in den letzten Wochen unter Beweis stellen müssen, als Demonstrationen London erschütterten.
Der Chinese dachte nicht daran, eine passive Rolle zu spielen. Er wollte mit dabei sein. Zudem war er jetzt gewarnt. Auch sah er nicht ein, das Kaffeehaus auf dem offiziellen Weg zu betreten,
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