0178 - Der grüne Dschinn
Stein, das wußte ich sofort, mußte irgendeine Bedeutung haben.
Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, welche, aber es war typisch, daß ich mir bereits jetzt darüber Gedanken machte. Man ist eben zu sehr Polizist.
Von meiner Perspektive aus wirkte es, als würde ich genau auf den Stein zufallen.
Das täuschte.
Neben ihm erreichte ich den Boden und sank fast bis zu den Knöcheln ein, denn über dem Fels lag eine Sandschicht, fein wie Staub, von oben hatte ich sie nicht gesehen.
Ich blieb stehen.
Zunächst interessierte mich die Umgebung. Von oben her hatten die Steine wesentlich kleiner ausgesehen. Jetzt, wo ich neben ihnen stand, sah ich ihre wahre Größe.
Sie waren nicht so groß wie die »flaming stones«, diese magischen Steine irgendwo in England, deren Geheimnis ich bisher noch nicht ergründet hatte, auch ihre Form war anders. Sie sahen schlanker aus, und manchmal konnte man das Gefühl haben, zwischen zu Stein gewordenen Riesen zu stehen.
Nach oben blickte ich ebenfalls.
Vielleicht sah ich die Decke, irgendeinen Hinweis, aber da war nichts.
Nur der Himmel.
Hellblau schimmerte er, nicht mehr rötlich, wie ich beim Eintauchen gesehen hatte. Es war ein völlig normales Firmament, wie man es überall auf der Welt findet und besonders in den südlichen Ländern.
Befand ich mich vielleicht gar nicht in einer anderen Dimension? Hatte ich nur eine Reise mit ungewöhnlichen Mitteln gemacht? Vielleicht in die Vergangenheit? Das wäre nicht das erste Mal gewesen, da brauchte ich nur an den Vampir Fariac zu denken. Als ich gegen ihn und seinen Bruder kämpfte, war ich in der Vergangenheit gelandet. Aus diesem Grunde war meine Vermutung gar nicht so weit hergeholt.
Mein Blick glitt weiter. Ich orientierte mich dabei am Stand der Sonne und merkte, daß ich nach Norden schaute. Und dort in einer kaum wahrnehmbaren Ferne, hob sich etwas aus dem Dunst ab.
Es waren Berge.
Genau erkannte ich sie nicht, doch ich sah einen blaugrauen Streifen, leicht gewellt und im Sonnenlicht schimmernd.
Zur anderen Seite, also in Richtung Süden, fiel das Land irgendwie ab, als würde ich mich auf einem gewaltigen Plateau befinden. Da wuchsen auch der Horizont und die Erde zusammen, wobei sie eine flimmernde Linie bildeten.
Wo befand ich mich?
Diese Frage quälte mich, und ich empfand sie sogar als eine Folter.
Ich tastete meinen Körper ab.
Das Kreuz trug ich ebenso bei mir wie die Beretta. Ansonsten war ich unbewaffnet, die Dämonenpeitsche hatte ich Suko überlassen, er besaß auch noch seinen Stab, den Buddha ihm vererbt hatte.
Ich fragte mich, wie es Suko wohl ergangen sein mochte. Der würde große Augen machen, wenn er wüßte, wo ich gelandet war.
Aber das konnte ich selbst nicht wissen.
Auf jeden Fall war es heiß. Die Sonne brannte mir auf den Kopf, meine Haaren schützten kaum, und trotz der Hitze wollte ich weiter. Es hatte schließlich keinen Zweck, hier sitzenzubleiben und darauf zu warten, daß etwas geschah.
Noch einen Blick warf ich in die Runde. Einen letzten, abschiednehmenden.
Meine Augen wurden groß. Ich hatte mir auch den viereckigen Stein angesehen und war überrascht, denn auf seinen Kanten flimmerte es leicht grünlich.
Es war das gleiche grüne Leuchten, das ich schon einmal gesehen hatte.
In dem Raum, dessen Decke von oben herabgekommen war. Und das Flimmern nahm Gestalt an.
Eine Gestalt, die mir bekannt vorkam.
Ich hatte das Gesicht schon einmal gesehen. Es war noch gar nicht so lange her, und es hatte mir von den vier Wänden meines Gefängnisses entgegengeschimmert.
Die Fratze des Dschinn!
Hier sah ich sie wieder. Und abermals schimmerte sie in oder auf einem Stein. Ihn selbst, den Dschinn, sah ich nicht. Nur eben das Gesicht, das eine entfernte Ähnlichkeit mit einem Affen auswies, grün schillerte und von schmalen roten Streifen durchzogen war. Eine widerliche Visage. Ging ich allein von dem Anblick aus, so konnte ich mir vorstellen, wie brutal dieser Dämon in Wirklichkeit war. Brutal und gefährlich.
Noch war er gefangen.
Aber war er das wirklich?
Je länger ich darüber nachdachte, um so komischer wurde mir zumute. Ich glaubte nicht so recht an eine ewige Gefangenschaft.
Irgendwie lag etwas in der Luft. Trotz der Hitze rieselte mir eine Gänsehaut über den Rücken, die unsichtbare Gefahr spürte ich mit jeder Faser meines Körpers.
Angst empfand ich trotzdem nicht. Wer so etwas hinter sich hatte wie ich, der konnte eigentlich kaum noch Angst empfinden, nicht vor
Weitere Kostenlose Bücher