0178 - Der grüne Dschinn
Sein Markenzeichen war ein alter Filz, den sicherlich schon sein Großvater getragen hatte. Ohne diesen Hut konnte man sich Tanner überhaupt nicht vorstellen. In seinem Mundwinkel klebte die Pfeife, wie immer trug er den für seine Größe viel zu langen grauen Mantel, und er bahnte sich mit beiden Händen einen Weg.
»Laßt die Tür auf, damit der Gestank mal rauszieht!« rief er.
Suko winkte ihm zu.
Tanner kam, blieb neben dem Chinesen stehen und deutete auf Kelim.
»Ist das der Besitzer?«
»Ja.«
Tanner wechselte den Blick zu Suko. »Und wo ist Sinclair? Sir James persönlich rief mich an und sagte…«
Suko unterbrach ihn durch eine Handbewegung. »Kommen Sie mit, ich werde Ihnen alles zeigen.«
»Und der bleibt auch bei uns.« Damit meinte der Chiefinspektor den Türken Kelim.
Inzwischen hatten sich die Beamten im Lokal verteilt. Keiner kam mehr raus, die Männer kannten ihren Job.
Suko ging vor. Er nahm nicht die Tür, sondern lenkte seine Schritte auf den Vorhang zu, weil er direkt in den Gang wollte, wo auch das Zimmer lag, in dem sich der Tote befand. Der Chinese und der Chiefinspektor hatten Kelim in die Mitte genommen. Er sollte keine Chance zur Flucht bekommen. Zusätzlich hatten sich noch zwei weitere Beamte angeschlossen.
»Hier ist es«, sagte Suko und blieb vor der entsprechenden Tür stehen.
»Sollen wir öffnen?« fragte Tanner und meinte Kelim damit.
»Nein Sir, Sie können.«
Suko zog die Tür auf. Sie schwang nach außen, und die beiden Männer schauten in ein leeres Zimmer.
Das seltsame Gefühl, das Suko überkommen hatte, war also keine Täuschung gewesen. Die Gegenseite hatte blitzschnell reagiert, und es sah nach einer Blamage aus.
Tanner und der Chinese schauten in den Raum. Kein Blut auf dem Boden, eine normale Decke. Nur in einer Ecke standen ein paar hellbraune, prallgefüllte Säcke.
»Was ist darin?« fragte Tanner.
»Kaffee!«
Chief Tanner schaute nach. Kelim hatte nicht gelogen. Es befanden sich tatsächlich Kaffeebohnen darin.
Suko schaute den Türken von der Seite an. Er sah das Grinsen in dessen Gesicht, diesen unverhohlenen Triumph, und er wußte Bescheid.
Aber beweisen konnte man ihm nichts, und für Chiefinspektor Tanner zählten eben nur Beweise.
»Wo ist Chief Tanner?« Vom Flur her hörten beide eine markante Stimme. Sie gehörte Sir James Powell.
Suko winkte dem Superintendenten zu. »Kommen Sie, Sir, dies ist das Zimmer.«
Powell blieb in der Tür stehen. Die beiden hatten ihm Platz geschaffen, so daß Sir James einen Blick in das Zimmer werfen konnte.
»Da ist nichts«, murmelte Suko.
Sir James drehte sich um. »Sind Sie sicher, daß es dieser Raum gewesen ist?« fragte er Suko.
»Natürlich.«
»Leer«, stellte Sir James fest. »Bis auf diese Säcke.« Er streckte den Arm aus. »Sind sie schon untersucht worden?«
»Ja, Sir«, sagte Chief Tanner. »In den Säcken befindet sich Kaffee.«
Der Superintendent hatte sich bereits zu Kelim umgedreht. Der Türke duckte sich regelrecht, als ihn ein harter Blick traf. Sir James sah heute irgendwie gefährlich aus. »Was oder wer befindet sich noch in dem Haus?« wollte er wissen.
»Wohnungen.«
»Und wer wohnt da?«
»Landsleute von mir.«
»Wem gehört das Haus?«
»Mir, Sir.«
»Sie haben es gekauft?«
»Ja, Sir.«
»Woher hatten Sie das Geld?«
»Geliehen, Sir.«
»Wer hat Ihnen das Geld geliehen?« Sir James stellte die Fragen knallhart.
»Ich habe es aus meiner Heimat. Ein Onkel…«
»Keine Terror-Organisation?«
»Nein. Von so etwas habe ich keine Ahnung.«
Sir James hatte Kelim genug gefragt. Er wandte sich wieder an Chief Tanner. »Wird das Haus durchsucht?«
»Meine Leute sind dabei.«
»Jedes Zimmer soll unter die Lupe genommen werden, haben Sie verstanden?«
»Klar, Sir.«
»Sie bleiben in der Nähe«, wies Sir James den Türken an.
»Natürlich. Ich habe mir nichts vorzuwerfen.«
»Das ist noch nicht sicher.«
Kelim schwieg und senkte den Blick. Er führte die Männer anschließend nach oben. Die Holztreppe hatte Suko zuvor nicht gesehen. Sie war bedenklich steil.
Schon in der ersten Etage fielen die zahlreichen Wohnungen auf. Der Geruch wurde hier eher schlechter als besser, die warme Luft staute sich hier.
Zahlreiche Mieter lagen in den Betten. Vier Liegen pro Zimmer, das konnte man schon als menschenunwürdig bezeichnen. Kelim machte hier das große Geschäft. Ein Türke nahm seine Landsleute aus.
In jeden Raum schauten die Führungskräfte. Zwar hatten die
Weitere Kostenlose Bücher