0178 - Die Todeskandidaten von Akon
sich kurz danach. Infolge des verringerten Maßstabs stieg die Störlinie jedoch nur ein paar Zentimeter über die Leistungsspur hinaus, dort verhielt sie kurz und kehrte dann rasch wieder zurück. Der Vorgang wiederholte sich noch einige Male. „Da explodieren noch ein paar Bomben", stieß Lester hervor. Jay schüttelte den Kopf, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden. „Unmöglich. Der Empfänger registriert nur komplexe Energien. Die Explosionen strahlen zwar eine ungeheure Energiemenge ab, aber mehr als neunundneunzig Prozent davon besitzt vierdimensionale Kontinuumsstruktur und bringt den Empfänger nicht zum Ansprechen." Er streckte die Hand aus und klopfte mit dem Finger gegen den Leuchtschirm. „Hier handelt es sich um Ausbrüche reiner Hyperenergie. Der Spitzenpegel liegt um Tausende von Megawatt über dem Normalniveau der Störungen. So viel bringt eine Bombenexplosion nicht zustande."
„Außerdem", fügte Fred hinzu, „dauert die Explosion einer Arkon- Bombe, also der Zündeffekt des Kernbrands, rund dreißig Sekunden. Dieser Ausbruch hier vollzieht sich in knapp einer Sekunde. Jay hat recht. Es muß etwas anderes sein."
„Dann was, zum Teufel?" fauchte Lester wütend. Fred zuckte mit den Schultern und drehte sich um. „Keine Ahnung", murmelte er niedergeschlagen. Vorsichtig, um keines der wertvollen Einzelteile zu verletzen, hob er das rechte Bein über den Haufen der Hindernisse hinweg, der sich zwichen Jays Meßgerät und dem Sendeaggregat auftürmte, sekundenlang auf dem linken Fuß balancierend, um zu seiner Arbeit zurückzukehren.
Die Vorsicht wurde ihm zum Verhängnis. Mitten in der Bewegung überraschte ihn der Schlag, der das Boot traf. Fred hörte das Kreischen überbeanspruchten Metalls und das Poltern der Gegenstände, die die Erschütterung aus den Halterungen gerissen hatten. Er hörte Jay Gen-wick schreien: „Eine Bombe! Eine Bombe ganz in der Nähe!" Dann knallte er mit dem Kopf voran gegen das kantige Gestell des Sendeaggregats und nahm vorerst überhaupt nichts mehr wahr.
Ak öffnete die Augen und sah als einzigen Bruchteil seiner Umwelt nur ein winziges Stück Fußboden vor sich. Er versuchte, den Kopf zu heben, aber eine gewaltige Last drückte ihm auf den Schädel und auch sonst überall auf den Körper. Er fühlte sich zerschlagen und kraftlos. Es war ihm übel. Er konnte sich nicht bewegen. Aus der Tiefe seines Herzens verfluchte er Themul, der ihn in diese Lage gebracht hatte. Er kontrollierte auch das Antigrav von seinem Schiff aus. Die Beseitigung des Bombenzünders hatte seine Position kaum geschwächt. Es lag immer noch an ihm, ob er die drei an Bord des Bootes vernichten oder am Leben lassen wollte. Ak schloß die Augen wieder und versuchte zu hören, ob Adan oder Kerim irgendwelche Lebenszeichen von sich gaben.
Aber auch dieser Versuch mißlang. Das Blut rauschte ihm in den Ohren. Er glaubte, das Klopfen seines Herzens zu hören. Alle Geräusche, die er wahrnahm, kamen von innen.
Der Zorn packte ihn. Der Zorn ist ein gutes Mittel gegen Kräfteschwund. Unter dem mörderischen Druck einer Schwerkraft, die zehnmal stärker war als die gewohnte, drehte Ak sich mit einem Ruck auf die Seite. Von da aus konnte er Adan und Kerim sehen. Sie lagen dicht beieinander, etwa drei Längen von ihm entfernt, und waren beide bewußtlos. Er machte sich Sorgen um Adan. Sie war in ihrem Leben gewiß noch niemals erhöhtem Andruck ausgesetzt gewesen, außerdem war ihr Körperbau nicht so widerstandsfähig wie der eines Mannes. Wenn Themul den Antigrav nicht bald wieder abschaltete, trüge sie Verletzungen davon - vielleicht tötete sie die Belastung sogar.
Ak fing an, sich zu bewegen. Unter dem heftigen Andruck bot eine Hand, flach auf den Boden gelegt, dem Körper genügend Stütze, so daß er sich abdrücken konnte. Es ging langsam. Jede einzelne Bewegung kostete soviel Anstrengung, wie Ak sonst während eines ganzen Tages aufzubringen gewöhnt war. Aber er kam vorwärts. Fingerbreit um Fingerbreit.
Eine Stimme war plötzlich zu hören. Themul sprach. Ak achtete nicht auf ihn. Er verstand kaum, was er sagte. Es ging darum, daß er zu Adan kam und ihr half, alles andere zählte nicht.
Adans Schulter wuchs vor ihm auf. Es war merkwürdig, wie die Dinge vom Boden aus einen ganz anderen Aspekt gewannen.
Adans Schulter war so hoch wie eine Mauer, und wahrscheinlich würde er genauso schwer daran zu heben haben.
Er drehte sich so, daß er auf den Leib und seinen linken Arm zu liegen
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