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0178 - Wir spielten mit dem Feuer

0178 - Wir spielten mit dem Feuer

Titel: 0178 - Wir spielten mit dem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir spielten mit dem Feuer
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unnatürlich still war.
    »Schlafen Sie, Paddington?«, fragte ich etwas lauter.
    Er rührte sich nicht. Ich sah Phil an. Seine Augenbrauen hatten sich zusammengezogen. Was sollte das Theater? Warum gab Paddington keine Antwort?
    Mit ein paar raschen Schritten war ich wieder an der Tür und schaltete die Neonröhren an der Decke ein. Es flackerte ein paar Mal, bevor das Gas sich entzündete und hell leuchtete.
    Die gemütliche Atmosphäre war durch das grelle Neonlicht zum Teufel. Aber es war noch etwas anderes zum Teufel. Nämlich die Fensterscheibe direkt in Paddingtons Rücken. Es gab ein daumennagelgroßes Loch in ihr, von dem sternförmige Risse quer durch die Scheibe liefen.
    Phil warf mir einen kurzen Blick zu. Ich holte tief Luft. Dann trat ich um den Schreibtisch herum in Paddingtons Rücken. Auf einmal war mein Mund wie ausgedörrt. In der Mitte von Paddingtons Genick gab es ein kleines, hässliches Loch. Ein winziger Blutstreifen sickerte von da aus den Nacken hinab und verschwand hinter dem Kragen des Oberhemds.
    ***
    Eine Viertelstunde später war nun wirklich der Teufel los. Die Mordkommission der Stadtpolizei arbeitete am Tatort. In den anderen Büros des Reviers standen aufgeregte Polizisten, blasse Detectives, zwei Polizeiärzte und eine Menge anderer Leute herum. Der Commissioner der Stadtpolizei war höchstpersönlich erschienen. Mr. High war gekommen. Der Colonel der Staatspolizei hatte sich herbemüht. Weiß der Henker, was für Prominenz die anderen Zivilisten darstellten. Wir kannten nur einen von ihnen: Stephe Merching, den jungen, knapp dreißigjährigen Staatsanwalt.
    Die Luft war zum Schneiden dick. Von zehn Mann rauchten acht Zigaretten, Zigarren und auch ein paar Pfeifen waren zu sehen. Alle hatten eines gemeinsam: Sie verbreiteten dichte Schwaden von Rauch.
    Fast alle sprachen halblaut miteinander. Nur Phil und ich hatten uns an das Fenster zurückgezogen, rauchten unsere Zigaretten und schwiegen. Wir dachten an den alten, erfahrenen Hasen Paddington, der in seinem eigenen Office durch einen Genickschuss ermordet worden war. Wie viele gefährliche Stationen mochte er zeit seines Lebens durchgestanden haben? Wie oft war er dem Tod noch eben von der Schippe gesprungen? Und dann kam irgendein verfluchter Gangster und erschoss ihn von hinten wie einen tollwütigen Hund. Ich fühlte, dass irgendetwas in meiner Kehle emporstieg und sich zu einem dicken Kloß auswuchs, der mir sogar das Atmen erschwerte.
    »Komm«, raunte ich Phil mit heiserer Stimme zu. »Wir wollen versuchen, unauffällig raus zu kommen.«
    Mein Freund sah mich einen Augenblick lang ernst an. Auch sein Gesicht hatte etwas von der Starre einer Maske. Sein Nicken konnte man kaum bemerken. Langsam und mit gelegentlichen Pausen, während derer wir stehen blieben und ein paar Worte mit den anderen wechselten, schoben wir uns der Tür zu.
    Fünf Minuten später standen wir im vorderen Raum des Reviers, der für den Publikumsverkehr eingerichtet war. An seinem erhöhten Pult saß der diensttuende Lieutenant in seiner blauen Uniform. Er war ein junges Bürschchen von annähernd fünfundzwanzig Jahren. Weiß der Himmel, wie er in seiner Jugend schon Lieutenant geworden war.
    »Hallo, Lieutenant«, sprach ich ihn leise an, »wo ist der Süchtige, der eingeliefert wurde, weil man ihn für einen Betrunkenen hielt?«
    Er hob den Kopf. Ich sah, dass er sich zusammennehmen musste, um nicht zu weinen.
    »Bitte?«, stieß er mit einer Stimme hervor, die er kaum in der Gewalt hatte. »Was meinten Sie?«
    »Ich fragte, wo der Kerl ist, der süchtig ist, aber für einen Betrunkenen gehalten wurde!«, wiederholte ich ungeduldig.
    Er runzelte die Stirn. Es kam mir so vor, als hätten meine Worte seinen Verstand gar nicht erreicht. Schon wollte ich meine Frage ein drittes Mal wiederholen, als die Milchglastür aufging, die in den Flur zu den Büros führte. Der Präsident der Stadtpolizei kam mit einem Schwarm von Begleitern heraus.
    Er ging auf den jungen Lieutenant zu und griff nach seiner Hand.
    »Lieutenant Paddington«, sagte er ernst, »ich möchte Ihnen im Namen aller Kollegen unser tief empfundenes Mitgefühl zum Tod Ihres verehrten Vaters ausdrücken. Er war für uns alle ein Vorbild, und wir werden ihn als vorbildlichen Kameraden in der Erinnerung behalten.«
    Totenstille herrschte. Der junge Paddington konnte nicht mehr. Er ließ den Kopf nach vorn auf das Pult fallen. Nur am krampfhaften Zucken, das in unregelmäßigen Stößen durch

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