018 - Der Mönch mit den Teufelskrallen
»Komm! Rasch! Ich freue mich, dass du dich überwunden
hast ...«
Die Person
hatte sie erreicht. Mondlicht warf einen Schein unter die schattenhafte Kapuze.
Die rechte Hand glitt aus dem schlichten, einfachen Mönchsgewand. Fernanda
konnte sich weder bewegen noch schreien. Der schreckliche Anblick lähmte ihre
Sinne.
Eine
teuflische Schuppenhand krallte sich in ihr Gesicht, presste sich ihr mit
tödlicher Gewalt auf Mund und Nase.
●
Madrid.
Larry Brent
war schon früh auf den Beinen. Sein Gespräch am vergangenen Abend hatte sich zu
seiner Zufriedenheit entwickelt. Dr. Forster, ein intelligenter und
aufgeweckter Mann, schien zu ahnen, worauf es ankam und hatte dem PSA-Agenten
seine Unterstützung zugesagt.
In der Calle
Ventura Rodriguez herrschte reges Leben. Die große Uhr an einem
Schmuckwarengeschäft zeigte wenige Minuten vor zehn. Laut Nachricht von X-RAY-1
war dies der Zeitpunkt, an dem in der Nähe des Museums Señorita Navaro mit ihm
in Kontakt treten sollte.
Durch ihre
vorgesetzte Dienststelle musste sie eine Beschreibung des PSA-Agenten erhalten
haben, denn Larry selbst hatte keinen Anhaltspunkt, woran er die Spanierin
erkennen würde.
Er näherte
sich dem Treppenaufgang, als vom Eingang des Museums her eine junge Frau auf
ihn zukam. Sie mochte etwa zweiundzwanzig Jahre sein und bewegte sich mit
gazellenhafter Grazie.
Larry ging ihr
entgegen, und sie begrüßten sich wie zwei Freunde, die sich schon lange Jahre
kennen.
»Sie sehen in
Wirklichkeit noch besser aus als auf dem Bild, das man mir von Ihnen
übermittelt hat, Señor Brent«, sagte sie. Ihre dunkle Stimme hatte ein Timbre,
das an Zarah Leander erinnerte.
Bei einer
Tasse Kaffee in einem Straßencafé kamen sie ins Gespräch.
»Ihre Zeit ist
begrenzt, ich weiß. Ich werde mich kurzfassen und Ihnen das mitteilen, was Ihr
Auftraggeber für notwendig hält.«
Ihre Blicke
begegneten sich. Larry musste sich eingestehen, dass sie eine große
Anziehungskraft auf ihn ausübte. »Schade, dass man mir kein Bild von Ihnen
übermittelt hat«, sagte er während einer Gesprächspause, als sie in ihrer
Kaffeetasse den Zucker umrührte. »In meinem Hotelzimmer, direkt über dem
Kopfende des Bettes, ist die Wand völlig kahl. Ich hätte mir Ihre Fotografie
bestimmt aufgehängt.«
Sie lächelte
verführerisch und mit Charme. »Sie würden kaum Zeit haben, es öfter anzusehen,
Larry. Ihr Chef wird gewusst haben, warum er mir Ihr Bild schickte, und Ihnen
nicht das meine.«
»Möglich,
Señorita ...«
»Nennen Sie
mich Isabel. So rufen mich alle meine Freunde.«
»Ein schöner
Name, er passt zu Ihnen!«
Das Gespräch
hätte sich in ganz anderen Bahnen bewegt, wenn die Dinge, die sie zu erörtern
hatten, nicht so wichtig gewesen wären.
»Damit Sie
alles von Anfang an richtig verstehen, Larry, ist es notwendig, dass ich eine
kleine Vorgeschichte zum Besten gebe. Meine Schwester war einige Zeit Zögling
im Haus der Hoffnung . Ich habe sie
einmal besucht. Das darf man selten, doch ich erhielt eine Sondererlaubnis.
Schon damals war ich in den Diensten der Kriminalpolizei und konnte meinen
Besuch mit einem Auftrag verbinden. Niemand wusste, dass der Zögling, mit dem
ich sprach, meine Schwester war. Am Namen konnte man es nicht erkennen, ich
nannte mich bereits damals Isabel de Navaro. Im Gespräch mit meiner Schwester
erfuhr ich, dass ein Tag zuvor zwei Mädchen einen Ausbruchsversuch unternommen
hatten. Die eine sei freiwillig zurückgekommen. Sie behauptete, dass ihre
Begleiterin im Garten, der unterhalb des Klosters liegt, getötet worden sei.
Eine phantastische Geschichte, so hört es sich an, ich weiß. Sie müssen wissen,
dass meine Schwester eine starke Alkoholikerin war. Bevor sie ins Haus der Hoffnung kam, hatte sie eine
Entziehungskur hinter sich. Leider vergebens. Als sie entlassen wurde, trank
sie weiter, stärker als zuvor. Einmal hat man sie auch erwischt, als sie
Rauschgift nahm. Daraufhin kam sie ins Haus
der Hoffnung ...« Sie griff nach ihrer Tasse, nahm vorsichtig einen
winzigen Schluck.
»Was war mit
dem Garten?«, wollte Larry Brent wissen.
»Die beiden
Flüchtigen wollten sich über Nacht dort verstecken. Es ist ein sehr großes
Areal; niemand wusste, wem es gehört. Das Mädchen, das zurückkam, wurde auf dem
schmalen Bergpfad aufgegriffen, der zum Kloster hinaufführt. Meine Schwester
erzählte, dass sie kein Wort über den Fluchtweg verraten habe. Nur die engsten
Freundinnen, zu denen meine Schwester gehörte,
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