018 - Der Schatz der toten Seelen
Charlie laut.
»Was dann?« fragte Roy.
»Dann könnte er die Zeiten überdauert haben. Sogar auf dem Meeresgrund.«
Roy tippte sich an die Stirn. »So was ist doch Quatsch, Junge.«
»Ich habe heute zwei Dämonenjäger in Dr. Nelsons Haus kennengelernt«, erzählte Charlie le Mat. »Der eine heißt Tony Ballard. Sein Freund hört auf den seltsamen Namen Mr. Silver. Den hättet ihr sehen sollen. Sein Haar besteht aus puren Silberfäden, die Augenbrauen ebenfalls. Er ist mehr als zwei Meter groß. Ein hünenhafter Kämpfer.«
Roy grinste. »Sag bloß, die beiden sind nach Cullkirk gekommen, weil wir uns entschlossen haben, nach dem Schatz der toten Seelen zu tauchen.«
»Das natürlich nicht…«
»Hast du ihnen von unserem Vorhaben erzählt?«
»Ja.«
»Was meinten sie dazu?«
»Nichts. – Vielleicht hätten wir sie bitten sollen, mitzukommen.«
»Wozu denn das?«
»Zu unserem Schutz«, sagte Charlie.
»Mann, wie oft muß ich es denn noch sagen? Dort unten auf dem Meeresgrund gibt es nichts, wovor wir Angst zu haben brauchen«, sagte Roy Cassidy überzeugt. »Und jetzt reden wir nicht mehr darüber, okay? Oder möchtest du umkehren, Charlie? Soll ich dich nach Cullkirk zurückbringen? Sitzt dir auf einmal die Angst Im Nacken.«
»Ich bleibe selbstverständlich bei der Stange«, brummte Charlie le Mat. »Aber ich finde, es bringt nichts, wenn man wie du den Kopf in den Sand steckt.«
»Tu’ ich doch gar nicht. Ich betrachte die Situation lediglich so, wie sie ist.«
Jimmy stieß Charlie mit dem Ellenbogen an. »Dämonenjäger? Richtige Dämonenjäger?« fragte er neugierig.
Charlie le Mat nickte. »Dr. Nelson arbeitet doch für die Weltgesundheitsorganisation. Er hat da einen amerikanischen Kollegen namens Frank Esslin. Ihn hat er zu seinem sechzigsten Geburtstag eingeladen. Dieser Esslin ist ein guter Freund von Tony Ballard und Mr. Silver. Da er nun schon mal aus den Staaten herüberkam, nahm er die Gelegenheit gleich wahr, seine Freunde, die in London wohnen, nach Cullkirk zu holen, um sie wiederzusehen und mit ihnen an der 800-Jahr-Feier unseres Dorfes teilzunehmen.«
»Ach, das ist der Grund, weshalb sie hier sind«, sagte Jimmy MacKenzie. »Und ich hatte schon den Verdacht, bei uns wäre irgend etwas nicht in Ordnung.«
»Bei uns ist alles in Butter!« rief Roy Cassidy. »Die Organisatoren haben ein Superfest vorbereitet, und wenn wir Glück haben, platzen wir da mittenhinein mit dem Schatz der toten Seelen.«
***
Seit Charlie le Mat von seinen Freunden abgeholt worden war, lag ein unverdaulicher Klumpen in meinem Magen. Frank Esslin, Marvin Nelson und Mr. Silver unterhielten sich angeregt, doch ich beteiligte mich nicht an dem Gespräch.
Ich war mit meinen Gedanken bei den drei jungen Leuten, die möglicherweise im Begriff waren, ihr Schicksal herauszufordern.
Ich hatte mich bei Marvin Nelson eingehend über den Piratenkapitän Nimu Brass informiert. Er mußte mir mehr von den Gerüchten, Sagen und Legenden berichten, die sich um die Person rankten.
Im Gegensatz zu ihm stand ich derartigen Dingen aufgeschlossener gegenüber. Ich wußte aus Erfahrung, daß man solche Überlieferungen niemals mit einem Schulterzucken abtun durfte.
Ein Körnchen Wahrheit war fast immer dran. Der Rest war im Laufe der Zeit hinzugedichtet worden. Aber solche Berichte hatten einen Grundstock.
Angeblich gab es in Cullkirk kaum einen, der an die Existenz Nimu Brass’ glaubte.
»Es ist wie mit dem Seeungeheuer Nessie«, hatte Marvin Nelson gesagt. »Es taucht zwar immer wieder in den Zeitungsberichten auf, aber in Wirklichkeit existiert es nicht. Auch Nimu Brass’ Name fällt hin und wieder. Doch die, die über ihn sprechen, wissen nichts Präzises. Sie reimen sich einfach etwas zusammen, um sich interessant zu machen. Dennoch sind solche Geschichten der Grund dafür, daß sich immer wieder Leute finden, die den Wunsch haben, den Schatz der toten Seelen zu finden. Aber… Naja. Niemand ist in der Lage, etwas zu finden, was es niemals gegeben hat.«
Das war Nelsons Überzeugung.
Aber war die auch richtig?
Meine Gedanken schweiften ab. Ich dachte an Vicky Bonney, Lance Selby und die hübsche Oda, eine weiße Hexe, die – genau wie Roxane – dem Bösen abgeschworen hatte.
Dadurch stand sie nun auf Magos schwarzer Liste, und der Jäger der abtrünnigen Hexen hätte sie auch schon einmal beinahe erwischt. Aber zum Glück nur beinahe. [4]
Oda war ziemlich erschöpft nach dieser kräfteraubenden Flucht vor
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