018 - Der Schatz der toten Seelen
Ballard, wenn er auf dem blauen Planeten Erde abkömmlich war. Und dann würden sie sich gemeinsam zum Tunnel der Kraft durchschlagen.
Roxane saß im Schatten eines Felsens. Ihre Glieder waren bleischwer. Gern wäre sie zur Erde zurückgekehrt, um sich in Tony Ballards Haus zu erholen, doch das gestattete sie sich nicht.
Die Zeit drängte. Es war ungemein wichtig, den Tunnel der Kraft so rasch wie möglich zu finden.
Vielleicht bereitete die Unterwelt in diesem Moment gerade einen Angriff auf Mr. Silver vor. Er war so verletzbar wie nie zuvor. Die Hölle mußte das einfach ausnützen.
Aber es durfte Mr. Silver nichts geschehen. Roxane hätte einen solchen Schmerz nicht überlebt.
Wie lange kannten sie einander schon? Seit Ewigkeiten. Da sie keine Menschen waren, rechneten sie auch nicht mit deren Zeitmaß. Der Tag, an dem sie sich zum erstenmal begegneten, lag schon sehr lange zurück.
Roxane erschauerte. Sie erinnerte sich noch sehr gut an ihre erste Begegnung mit Mr. Silver. Es hatte bei ihr wie ein Blitz aus heiterem Himmel eingeschlagen – und bei ihm auch. Sie hatten auf Anhieb gewußt, daß sie zueinander gehörten, daß sie füreinander bestimmt waren.
Aber dann brachen für alle Abtrünnigen schlimme Zeiten an. Die Wirrnisse rissen Roxane und Mr. Silver auseinander. Sie verloren sich aus den Augen und begegneten einander erst viel später in einer Stadt im Jenseits ganz kurz wieder.
Diese Begegnung ließ in Roxane den Entschluß reifen, bei Mr. Silver und Tony Ballard auf der Erde vor Mago, dem Schwarzmagier, Zuflucht zu suchen. Dieser Schritt war goldrichtig gewesen. Ohne den Schutz dieser beiden Freunde wäre Roxane wahrscheinlich dem Jäger der abtrünnigen Hexen und seinen grausamen Schergen zum Opfer gefallen.
Sie gehörte seither zum Ballard-Team und setzte ihre außergewöhnlichen Kräfte dafür ein, wo immer sie konnte.
Obwohl sie schon viel für das Team getan hatte, fand sie, daß es immer noch nicht genug war.
Das schöne Mädchen seufzte. Es war Zeit, aufzustehen und weiterzusuchen.
Roxane erhob sich. Sie vernahm ein seltsames Rauschen und hob den Kopf. Ein Flugdrachen peitschte die Luft mit seinen weiten ledernen Flügeln. Roxane preßte sich an den Felsen, um von dem riesigen Tier nicht erspäht zu werden. Sie wollte von dem gefährlichen Drachen nicht angegriffen werden.
Das Rauschen entfernte sich schnell – und mit ihm die feuerspeiende Bestie. Roxane atmete erleichtert auf.
Auf Coor mußte die Aufmerksamkeit ständig unter Hochspannung stehen. Die kleinste Unachtsamkeit konnte einem zum Verhängnis werden. Roxane schaute sich um. Eine tückische Stille umgab sie, der sie nicht trauen durfte.
Als sie ihren Weg fortsetzen wollte, gellte ein verzweifeltes Brüllen an ihr Ohr. Es ging ihr durch Mark und Bein. Erschrocken wirbelte sie herum. Da schrie jemand in höchster Not. Roxane konnte nicht anders, sie mußte helfen. Es wäre ihr unmöglich gewesen, einfach ihres Weges zu gehen und das schreckliche Gebrüll zu ignorieren. Diese ausgeprägten Tendenzen zum Guten hatten sie ja veranlaßt, schon vor langer Zeit die Seiten zu wechseln. Sie eignete sich nicht dafür, nach den Gesetzen der Hölle zu leben.
Roxane hetzte los, an dem Felsen vorbei, in dessen Schatten sie gerastet hatte. Wer immer ihre Hilfe brauchte, er sollte sie bekommen.
Die Hexe aus dem Jenseits eilte an einer Felswand entlang.
Rechterhand lag eine flache Senke, die sich zu einem düsteren Wald hinstreckte.
Die Felswand wies zahlreiche Löcher auf. Wie Schweizer Käse.
Und aus einem dieser Löcher gellte das markerschütternde Gebrüll. In fiebernder Hast suchte Roxane die betreffende Öffnung.
Alle außer einer waren mehr oder weniger schwarzgraue Löcher.
Nur eine Öffnung leuchtete blutrot.
Roxane sah einen Dreizack, der waagrecht vor den Höhleneingang gespreizt war. Zwei Hände klammerten sich an den Schaft. Eine Hand rutschte soeben ab.
Und dann die zweite…
In diesem Augenblick erreichte Roxane die Öffnung. Sie sah einen häßlichen Gnom, der von einem ungeheuren Sog erfaßt worden war und in die Tiefe dieses roten Höllenschlunds hinabgerissen werden sollte.
Er rutschte zurück.
Roxane packte zu. Sie erwischte die Handgelenke des Gnoms, der sich bereits aufgegeben hatte. Der Sog zerrte an seinem kleinen, gedrungenen Körper. Der Höllenrachen wollte ihn nicht mehr hergeben.
Auch Roxane wurde von dem gefährlichen Sog erfaßt. Sie merkte, wie ihre Hände von den Handgelenken des Gnoms
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