018 - Der Schatz der toten Seelen
jemand anders auf den Arm, ja?«
»Sehr gern. Du bist mir nämlich ohnedies zu schwer.«
Wir verließen den Hafen von Cullkirk. Von Marvin Nelson wußten wir, welche Richtung wir einschlagen mußten, und während wir über das Wasser brausten, drückte ich Charlie le Mat und seinen Freunden die Daumen.
***
Die Freunde waren einander beim Anziehen und beim Umhängen der Preßluftflaschen behilflich. Roy Cassidy breitete die Seekarte auf dem Yachtboden aus. Sie setzten sich darum herum. Charlie le Mat blickte zu den Klippen hinüber, an denen das Piratenschiff einst zerschellt sein sollte.
»Wir gehen so vor, wie wir es besprochen haben«, sagte Roy.
Sie hatten die Planquadrate numeriert. Kleine Felder waren es, und jeder Taucher sollte eines übernehmen. »Nummer eins kriegst du, Jimmy.«
Jimmy MacKenzie nickte. »Okay.«
»Nummer zwei ist für dich, Charlie.«
»Einverstanden.«
»Bleibt für mich Nummer drei«, sagte Roy Cassidy. »Vergeßt nicht, auch tief in den Sand hinabzuwühlen. Da schon viele vor uns den Schatz der toten Seelen gesucht, aber nicht gefunden haben, bin ich der Ansicht, daß diese Leute nicht gründlich genug gesucht haben. Wenn wir also Erfolg haben wollen, müssen wir gewissenhafter sein als unsere Vorgänger, ist das klar?«
»Glasklar«, sagte Charlie le Mat.
»Da die Planquadrate eng beisammen sind, werden wir einander die meiste Zeit sehen. Es sei denn, Felsen verdecken die Sicht. Sollte einer von uns eine Entdeckung machen, ist er verpflichtet, die anderen davon umgehend in Kenntnis zu setzen, damit wir uns dann zu dritt auf diese Stelle konzentrieren können.«
Charlie und Jimmy nickten zustimmend.
»Noch irgendwelche Fragen?« erkundigte sich Roy.
Charlie und Jimmy schüttelten gleichzeitig den Kopf.
»Dann wollen wir uns nun kopfüber in das Abenteuer stürzen«, sagte Roy Cassidy und faltete die Seekarte zusammen.
Die Freunde standen auf, setzten die Tauchermasken vor die Augen und nahmen die Mundstücke der Atemgeräte zwischen die Zähne. Dann holte sich jeder seinen Leichtmetallspaten, und auf Roys Zeichen sprangen sie gleichzeitig ins Wasser.
Tiefblau waren die Fluten. Roy, Jimmy und Charlie drehten sich, so daß ihre Köpfe nach unten wiesen, und dann paddelten sie mit kräftigen Flossenschlägen in die Tiefe.
Das war der Moment, wo Atax Teil zwei seiner Vorbereitungen ausführte.
Die Seele des Teufels schickte einen schwarzmagischen Kraftstoß ins Meer, das um die Taucher herum plötzlich kalt zu kochen begann. Ein wirbelnder Strudel erfaßte Roy Cassidy, Jimmy MacKenzie und Charlie le Mat. Das tiefe Blau wurde zu einem undurchdringlichen Schwarz. Die jungen Taucher konnten die eigene Hand nicht mehr vor den Augen sehen.
Sie wurden zu Spielbällen unvorstellbarer Gewalten, kreiselten um eine unsichtbare Achse und wurden in einen tiefen schwarzen Trichter hinabgerissen.
Höllenkräfte wühlten den Meeresboden auf und legten die Wrackteile des Piratenschiffs frei. Gleichzeitig rissen sie auch Kapitän Nimu Brass und seine Mannschaft aus dem sandigen Grab.
Die Toten erhoben sich!
Aber das konnten Jimmy, Roy und Charlie nicht sehen.
Breitbeinig stand Nimu Brass im Sturm der schwarzen Kräfte.
Ein häßlicher, bärtiger Geselle mit grausamen Augen. Er trug einen breiten Ledergürtel um die Mitte und einen alten Seemannshut auf dem Kopf. Er war die Verkörperung des Bösen.
Niemals hatte er das Leben seiner Mitmenschen verschont. Sein Weg war mit vielen Leichen gepflastert gewesen – und nun, nach so langer Zeit der Ruhe, war er wieder da, um sein schreckliches Treiben fortzusetzen.
Der reißende Strudel legte auch große schwere Kisten frei. In ihnen befand sich der Schatz der toten Seelen: Gold und Silber, Juwelen und Geschmeide. Alles, was dem teuflischen Piratenkapitän einst in die Hände gefallen war.
Nimu Brass wandte sich langsam um.
Sein kalter Blick richtete sich auf die Mannschaft.
Grauenerregende Gesellen wie er warteten auf sein Kommando.
Schlammiger Sand wirbelte um sie herum. Sie standen reglos da. Die Höllenkräfte, die das Meer so gewaltig aufwühlten, ließen sie unbehelligt. Nimu Brass erteilte ihnen einen stummen Befehl.
Die furchterregenden Gestalten fächerten auseinander. Sie versteckten sich und warteten auf die Taucher.
Charlie le Mats Herz hämmerte wild gegen die Rippen. Waren sie in ein Seebeben geraten?
Die Kräfte, die das Meer kalt aufkochen ließen und in einen schwarzen Strudel verwandelten, ließen allmählich
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