018 - Der Schatz der toten Seelen
würden?
Was hatten die Geisterpiraten mit ihm im Sinn? Wie lange sollte er ihr Gefangener bleiben? Was würde danach kommen?
Ihm fiel auf, daß sich das Geisterschiff, dieses verwüstete Wrack, mehr und mehr vom Meeresgrund entfernte. Würde es bald auftauchen? Dann war Roy wenigstens die Sorge genommen, daß die Preßluft nicht mehr lange reichte.
Er schaute nach oben und sah, wie das mit Seetang behängte Segel die Meeresoberfläche durchstieß.
Das Schiff schwamm allen irdischen Gesetzen zum Trotz. Die Hölle sorgte für den Auftrieb und auch dafür, daß Kapitän Nimu Brass und seine Männer existierten.
Du armer Wurm hast dich mit der Hölle angelegt! dachte Roy Cassidy erschüttert. Das rächt sich nun auf grausame Weise.
Höher, immer höher stieg das Geisterschiff. Wasserbäche schossen über das Deck, das sich aus dem Meer hob. Sie umspülten nur noch kurz Roys Beine. Dann fuhr das Seeräuberschiff nicht mehr unter, sondern auf dem Wasser.
Roy spuckte das Mundstück des Atemgeräts aus. Der Wind trocknete die Wrackplanken. Krabben krochen über das Deck und ließen sich ins Meer fallen.
Das Piratenschiff war im wahrsten Sinne des Wortes aus der Versenkung hochgekommen.
Roy dachte an seine Freunde. Er versuchte sich vorzustellen, was jetzt in Cullkirk unternommen wurde. Bestimmt hatten Charlie le Mat und Jimmy MacKenzie zu Hause Alarm geschlagen.
Der Zufall wollte es, daß zwei Dämonenjäger in das kleine Fischerdorf gekommen waren. Charlie und Jimmy würden sich bestimmt an Tony Ballard und Mr. Silver um Hilfe wenden.
Was würden die beiden tun?
Roy klammerte sich an die Hoffnung, daß Tony Ballard und Mr. Silver das Geisterschiff verfolgen würden. Er streckte seinen Hals und suchte mit bangem Blick das Meer ab. Er wünschte sich so sehr, ein Boot zu sehen. Doch weit und breit war nichts – nur Wasser.
Das schnarrende Lachen eines Mannes erschreckte ihn. Er wandte den Kopf und blickte in das abstoßende Gesicht des Piratenkapitäns.
»Hoffst du auf Rettung?« fragte Nimu Brass höhnisch. Seine Stimme war rauh und seltsam grollend. »Da muß ich dich leider enttäuschen. Uns hat noch nie jemand einen Gefangenen abgejagt.«
»Was habt ihr mit mir vor?« preßte Roy Cassidy heiser hervor.
»Wir werden dich bestrafen.«
»Wofür?« fragte Roy.
»Das fragst du noch?« knurrte Nimu Brass. »Du hast dich an unserem Gold vergriffen!«
»Ich konnte doch nicht wissen, daß es immer noch euch gehört.«
Nimu Brass winkte herrisch ab. »Interessiert mich nicht. Ich lasse keine Ausrede gelten. Du wolltest unser Gold stehlen, und darauf steht der Tod! Wir werden dich aufhängen!«
***
Atax war mit dem, was er inszeniert hatte, zufrieden. Auf den weiteren Ablauf der Ereignisse brauchte er nicht mehr Einfluß zu nehmen.
Er konnte den Dingen getrost ihren Lauf lassen. Nimu Brass und seine Piraten würden in Cullkirk für Angst und Schrecken sorgen.
Die Seeräuber würden das Grauen schon bald an Land tragen und das Ballard-Team frontal angreifen.
Atax lachte in sich hinein. Cullkirk würde sich in einen Hexenkessel verwandeln, und wenn alles so verlief, wie er sich das vorstellte, würde dies Tony Ballards letzter Kampf sein.
Und auch Mr. Silver – derzeit so schwach wie ein Mensch – würde zugrunde gehen. Der Zeitpunkt war günstig gewählt. Der Ex-Dämon besaß zwar das Höllenschwert, aber das machte ihn nicht unverwundbar. Irgendeinem Piraten würde es gelingen, diesen abtrünnigen Dämonen, den Verräter an der schwarzen Macht, zu vernichten.
Frank Esslin, Lance Selby waren zwar kampferfahrene Männer, doch gegen eine Piratenübermacht würden sie nichts ausrichten.
Vicky Bonney war sowieso das schwächste Glied in der Kette.
Blieb nur noch Oda, die weiße Hexe, die sich von den Strapazen der Flucht inzwischen erholt hatte.
Vor ihr mußten sich die Geisterpiraten in acht nehmen, denn sie konnte sich ihrer übernatürlichen Fähigkeiten nun wieder bedienen. Doch mit Geschick und Tücke würde Nimu Brass auch mit ihr fertigwerden.
Dann war das Ballard-Team aufgerieben. Eine größere Freude als dies hätte sich Atax, die Seele des Teufels, nicht bereiten können.
Die graue Wolke, die über dem Meer hing, zerfaserte allmählich und löste sich auf. Damit beendete Atax seine Präsenz in diesem Gebiet.
Er ließ aber eine unsichtbare Verbindung bestehen, damit er sich ständig über den Lauf der Dinge informieren konnte.
Er freute sich auf Ballards Ende. Das würde sein größter
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