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018 - Die Erben der Menschheit

018 - Die Erben der Menschheit

Titel: 018 - Die Erben der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Seine Gedanken kreisten um die drohenden Kämpfe mit den Nordmännern. Und um die bevorstehende Feier auf dem Versamm- lungsplatz. Ständig schweifte sein Blick dorthin ab.
    Rulfan spielte für einen Moment mit dem Gedanken, um einen Scout zu bitten. Er hatte die Community London zwar zweimal besucht, aber das lag fünfzig Jahre und länger zurück. Seine Vorstellung von dem Weg zu ihrem Bunker war mehr als diffus. Aber er ließ den Gedanken fallen. Er wusste, wie sehr die Lords die Technos hassten. Wenn er von Tschelsi aus so nannten die Lords ihre Fluss Siedlung im ehemaligen Stadtteil Chelsea dem Themseufer flussabwärts folgte, konnte er die schwarze Palastruine eigentlich nicht verfehlen.
    »Wer kann seinen Weg wirklich beschreiben, bevor er ihn gegangen ist?«, orakelte er. Der Grandlord nickte schweigend. Er begriff, was Rulfan ihm sagen wollte: Es geht dich nichts an, wohin ich gehe.
    Rulfan stand auf. Um den Holzstoß auf dem dreieckigen Platz versammelten sich mehr und mehr Menschen. Vermutlich das Opferfest für den dunklen Gott der Lords. Höchste Zeit zu verschwinden. Zwei scheue junge Frauen brachten ihm einen Lederschlauch mit Wasser und einen Brotfladen. Er bedankte sich höflich.
    Als erstes verabschiedete er sich von dem Knirps. »Kommse wieda?«, fragte Djeff. Seine Augen leuchteten, während er zu Rulfan aufsah. Eine Mischung aus Ehrfurcht und Bewunderung lag auf seinem Kindergesicht.
    »Vielleicht.« Rulfan hob Paacivals Sohn hoch und stemmte ihn über den Kopf.
    »Vielleicht auch nicht. Geh den Kwötschis in Zukunft aus dem Weg.« Er verneigte sich vor dem Grandlord. Den Biglords nickte er flüchtig zu.
    Der Lupa trottete neben ihm her, während er eine der engen Gassen zwischen den schiefen Häuser ansteuerte. Er musste den Versammlungsplatz überqueren. Die Leute beäugten ihn wie ein exotisches Tier. Als er die Gasse erreichte, blickte er sich noch einmal um.
    An der Spitze seiner Biglords betrat Paacival den Platz. Irgendwo zwischen den kleinen Häusern wurden Schreie laut.
    Geh weiter, raunte Rulfans innere Stimme.
    Seine Augen verengten sich, als er eine Gruppe Männer in der Gasse gegenüber auftauchen sah. Sie zerrten vier Frauen mit sich. Eine von ihnen schrie hysterisch und riss an dem Strick, mit dem man sie an Hals und Händen festgebunden hatte. Die anderen drei trotteten apathisch zwischen den Lords auf den Platz.
    Die Fackelträger entzündeten den Holzstoß. Wulf knurrte und senkte den großen Schädel.
    Rulfans Brustkorb verengte sich. Gemurmel wurde laut unter den etwa dreihundert Menschen auf dem Platz. Es steigerte sich rasch zu einem monotonen Singsang. Der Grandlord hob die Hände gegen den bleigrauen Himmel. Sein dröhnender Bass übertönte den Gesang.
    Eine Beschwörungsformel, dachte Rulfan. Er ruft seinen Gott Orguudoo an…Die Flammen auf dem Holzstoß loderten mannshoch. Und schlagartig verstand er, welche Art von Opfer die Lords ihrem grausamen Gott bringen wollten. Geh jetzt, forderte Rulfans innere Stimme. Wulf stimmte ein heiseres Gebell an. Sie führten die Frauen zu dem großen Kessel.
    Er stand nur ein paar Schritte von den Flammen entfernt. Einer der Männer zog ein langes Messer unter der Lederweste heraus. Die Schreiende wurde über den Kesselrand gedrückt.
    Rulfans Finger schlossen sich um den Kolben seines Laserbeamers. Seine Kaumuskeln arbeiteten. Du kannst ihre Welt nicht durch Schüsse verändern, raunte seine innere Stimme. Die Frau kreischte wie von Sinnen. An den Haaren rissen sie ihr den Kopf in den Nacken.
    Der Mann mit dem Messer setzte ihr die Klinge an die Kehle.
    Rulfan drehte sich um. Der Todesschrei der Frau verstummte. Im Laufschritt verließ er die Ansiedlung der Lords…
    ***
    Wie nicht anders zu erwarten, war auch der Raum, in den Jefferson Winter sie führte, kuppelförmig. Leise Musik kam von irgendwo her; ein Walzer. Verwirrt blickte Aruula sich um, und Matt musste schmunzeln statt in einer Feld, Wald und Wiesenlandschaft befanden sie sich plötzlich in einer alpinen Hochgebirgsregion: Schneegipfel, Gletscher, steil abfallende Hänge, sattgrüne Wiesenmatten und dort, wo eben noch eine Türöffnung gegähnt hatte, ein reizendes Flusstal und grasendes Rindvieh.
    Matt machte sich klar, dass er dergleichen vermutlich nie mehr in Natura zu sehen bekommen würde und wusste nicht, ob er weinen sollte. Und gleichzeitig führte er sich vor Augen, dass die Erben der Menschheit hier die Illusion einer Idylle konservierten, die ihre Vorfahren

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