0184 - Der Kraken-Götze
dem Totentempel empor. Sein Schatten streifte den Leichnam des Hermann Zartes und die regunglos verharrende Gestalt Siegmund Stollers. War dies der Anfang einer neuen Macht, der Beginn eines neuen Imperiums für Tsat-hogguah, den Echsendämon, eine Auferstehung des verfluchten Zauberreiches von Atlantis?
Sein forschender Geist bemerkte, daß der Staub, der ihn umgab, den Leibern seiner einstigen Getreuen entstammte. Eine innere, von unfaßbaren Kräften geleitete Stimme sagte ihm, daß hier die besten Kämpfer für seine Sache der Auferstehung harrten. Priester des Tsat-hogguah, ihm, dem Zauberkönig von Atlantis gehörig mit Leib und Seele. Willfährige Werkzeuge in der Hand des Meisters.
Aber um diese der Verwesung anheimgefallenen Toten erneut dem Leben wiederzugeben, bedurfte es größerer Kräfte. Blut - nur das Blut einer unschuldigen Jungfrau konnte dem Gewaltzauber die nötige Kraft verleihen. Um ein solches Opfer zu beschaffen, mochten die beiden ihm zur Verfügung stehenden Sklaven gerade noch genügen.
Blitze schienen aus seinen Augen zu schießen, seine rechte Hand führte mehrere symbolhafte Bewegungen durch, die Lippen des Magiers aber formten Worte der Macht. Durch die starre Gestalt Siegmund Stollers ging ein Ruck, der Körper Hermann Zartes, dem das Leben bereits entwichen war, wuchs erneut empor. Tote Augen richteten sich auf den Herrscher des Krakenthrones.
»Geht, Sklaven!« formte Amun Re’s Mund in deutscher Sprache, deren Kenntnis er mit Hermanns Bewußtseinsinhalt übernommen hatte. »Geht und bringt mir eine oder mehrere Jungfrauen!« Mit einer herrischen Handbewegung entließ er sie. Die lebendigen Toten schickten sich an, dem Befehl des höllischen Meisters zu entsprechen.
Denn noch war diese Nacht des Entsetzens nicht beendet.
***
»… und es ist wirklich wahr, Nicole, äh, ich meine natürlich Mademoiselle Duval, daß sich unten am Berg der Eingang zu einer Höhle befindet!« stammelte Andreas Dahlmeier unterstützt von Hartmuts eifrigem Nicken.
»Wußtet Ihr von der Höhle?« fragte Nicole.
»Nein, keine Ahnung, daß hier so etwas existierte«, brachte Hartmut Sachse hervor.
»Seid ihr schon drin in der Höhe gewesen?« lauerte Zamorras Assistentin.
Ein verlegenes »Nein« war die Antwort. Keiner von beiden hätte freiwillig zugegeben, daß ihr Mut dazu nicht ausgereicht hatte. »Wir hatten kein Licht!« entschuldigte sich Andreas zögernd, »daher wollten wir hier eine Taschenlampe holen!«
Nicoles Neugierde war geweckt. Sie beschloß, den Fall zu untersuchen. Die drei Mädchen waren ruhiger geworden, hatten bis zu einem gewissen Grade abgeschaltet und unterhielten sich über typisch mädchenhafte Probleme.
»Ich gehe mit euch«, raunte Nicole den beiden Jungen zu. »Eure drei Freundinnen brauchen das gar nicht zu bemerken. Ich glaube, mit der Höhle haben wir des Rätsels Lösung. Hermann hat sich darin verirrt und daher der Schrei vorhin. Hat sich was mit Dämonen!« Und Nicole Duval versuchte, ihre trübe Ahnung als unbegründet hinzustellen. Aber das wollte ihr nicht so recht gelingen.
Hartmut hatte unterdessen zwei Taschenlampen aus dem Gepäck hervorgezaubert. Ein leiser Pfiff durch die Zähne und Andreas war an seiner Seite und ergriff eine der Taschenlampen. Mutig schritten Andreas und Hartmut ins Ungewisse. Wie ein Schatten schloß sich Nicole ihnen an.
Hätte sie es nur nicht getan…
***
»… und dann hat er versucht, seinen Arm um mich zu legen und mich abzuknutschen!« erzählte Doris Schuster eines ihrer Abenteuer.
»Und was hast du gemacht?« Monika Kranz war neugierig geworden.
»Ich habe ihn zurückgedrängt und gesagt: ›Junger Mann, nicht doch gleich beim ersten Mal‹ und…«
Die Gespräche der Mädchen drehten sich um ein Thema, das die Schlagerproduzenten seit Jahrzehnten reich gemacht hat. Das beliebteste Thema aller weiblichen Wesen: Liebeständelei.
Monika Kranz wußte allerdings, daß Doris ganz gewaltig auftrug. Daß da kein Jüngling dazu kam, eine der beiden, die von Lästerzungen die Nonnen genannt wurden, in die Arme zu schließen, dafür sorgte schon das weibliche Gegenstück. Man gab gegenseitig hübsch auf sich acht, daß nicht ein maskulines Wesen die feminine Zweisamkeit störte.
Raschelndes Laub und das feine Knacken kleiner Äste ließ sie herumfahren. Die drei Mädchen hielten den Atem an. Drei Augenpaare bemühten sich, die Dunkelheit zu durchdringen und die langsam auf sie zukommende, offensichtlich männliche Gestalt
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