0185 - Die Totenpriester
Die eine Hälfte nach links, die andere nach rechts. Aber sie trockneten nicht aus, sie vergingen nicht, und sie bewegten sich weiter, dabei liefen sie aufeinander zu, um sich wieder zusammenzufügen.
Myxin aber erreichte den erhöht stehenden Tisch, wo die beiden Totenpriester standen.
Von dem Staatsanwalt sah er nichts mehr. Der Polizeioffizier lag am Boden. Ein schleimiges Schlammonster hielt ihn umklammert.
»Satono varatsi kellarta!«
Es war eine uralte Beschwörungsformel, die Myxin, der kleine Magier, den beiden Totenpriestern entgegenschleuderte. Ein Spruch, den er schon aus seinem Gedächtnis gestrichen hatte, und der ihm damals, als er noch auf der anderen Seite gestanden hatte, eine große Hilfe gewesen war. Denn er war sein Schutz gegen einen übermächtigen Gegner gewesen, der auch mit den Großen Alten in Verbindung gestanden hatte.
Der Schwarze Tod!
Er und Myxin, beide Schwarzblütler, standen trotzdem auf verschiedenen Seiten, und beide hatten sich bis aufs Messer bekämpft.
Eigentlich war der Schwarze Tod mächtiger gewesen, doch Myxin hatte sich zu wehren gewußt.
Unter anderem mit diesem Spruch, der ihm plötzlich wieder eingefallen war, so daß sich Myxin fühlte wie damals, als er noch der große Dämon war.
Und noch einmal schrie Myxin. »Satono varatsi kellarta!«
Plötzlich blieb das Pendel in der Bewegung stehen. Es zeigte dabei jedoch nicht auf Myxin, sondern hatte im Zurückschwingen angehalten, so daß es auf die Totenpriester wies.
Und die erstarrten auch.
Beide öffneten die Lippen. Krächzende Laute drangen hervor. Sie wankten zurück, fielen bis gegen die Wand, und da waren plötzlich die schwarzbraunen, schlammigen Arme, die sie umklammerten und in die Wand hineinzogen.
Myxin sah sie noch ein letztes Mal, wie sie um sich schlugen, dann waren sie verschwunden.
Im nächsten Augenblick strahlte das Kreuz in seiner Hand hell auf, Blitze schossen nach allen Seiten, trafen ihre Ziele und zerstörten die Reste der Schlammwesen, die aus dem Boden gekrochen waren.
Danach war alles normal!
Äußerlich deutete nichts mehr darauf hin, welch ein Grauen sich in den letzten Minuten in diesem Raum abgespielt hatte. Nur die Anwesenden der Pressekonferenz wunderten sich, daß sie nicht mehr auf ihren Plätzen saßen, sondern auf dem Boden lagen oder ineinander verschlungen waren, weil sie versucht hatten, sich gegenseitig Halt zu geben, als das Grauen zuschlug.
Auch ich stand auf. Dabei fiel mein Blick zwangsläufig nach vorn. Ich sah Myxin.
Wie der große Sieger stand der kleine Magier dort und lächelte. Sein schmales Gesicht schien von innen her zu leuchten, die Augen waren groß, in ihnen brannte das Feuer des Sieges.
Ja, Myxin hatte gesiegt. Er war nicht mehr der Schwache gewesen, sondern hatte sich seiner Kräfte erinnert, die einmal in ihm schlummerten.
Er hatte uns gerettet!
Ich ging auf ihn zu. Verdammt, mir zitterten die Knie, aber ich mußte ihm die Hand drücken.
»Danke«, sagte ich mit kratziger Stimme. »Ohne dich weiß ich wirklich nicht…«
»Nein, John.« Myxin winkte ab. »Denk daran, wie oft du mir aus der Patsche geholfen hast. Jetzt war ich mal an der Reihe. Zufällig gelang es mir, mich wieder an die alten Zeiten zu erinnern.« Er gab mir das Kreuz.
Ich steckte es weg. »Wie ist das gekommen? Wie konnte so etwas geschehen?«
Der kleine Magier hob die schmalen Schultern. »Ich weiß es nicht, John. Plötzlich wußte ich wieder eine alte Beschwörung, die ich auch in Atlantis gebraucht hatte, als ich gegen den Schwarzen Tod kämpfte. Denn er stammte ebenfalls von den Großen Alten ab. Sie haben ihn vor Urzeiten erschaffen, und mit dieser Formel konnte ich ihn in Schach halten.«
»Wie heißt sie?«
Da schaute mich Myxin an. Er öffnete den Mund, wollte sie aufsagen, doch er hob nur die Schultern. »Meine Güte, ich weiß sie nicht mehr. Sie ist mir entfallen.«
»Aber du hast sie gewußt?«
»Natürlich.«
»Hast du eine Erklärung?«
Er schüttelte den Kopf.
Ich dachte nach und erinnerte mich dabei an Asmodina. Daß sie es gewesen war, die Myxin und Kara bei den flammenden Steinen aufgesucht hatte.
»Könnte Asmodina dir dieses Wissen eingegeben haben? Sie wollte ja, daß du ihr das Pendel besorgst.«
Myxin schlug sich gegen die Stirn. »John, so muß es gewesen sein. Wirklich, ich kann mir keine andere Lösung vorstellen. Asmodina hat sich auf meine Seite gestellt.«
»Sie will das Pendel.«
Myxin nickte. »Und wir sollen es ihr besorgen.
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