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0185 - Unser Hit in Harlem

0185 - Unser Hit in Harlem

Titel: 0185 - Unser Hit in Harlem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unser Hit in Harlem
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»Gute Nacht, Mr. Nelson« der Mädchen, und er schien froh zu sein, als die Letzte das Büro verlassen hatte.
    Über eine halbe Stunde lang saß er still vor dem Schreibtisch, die linke Hand unbewusst gegen das schmerzende Herz gepresst. Ein- oder zweimal streckte er die rechte Hand nach dem Telefon aus, zog sie aber immer wieder zurück.
    Zwei vereinzelte Lampen brannten noch in der Wäscherei. Ein Junge von etwa zwölf Jahren schrubbte den Fußboden, und er pfiff laut dabei vor sich hin.
    Irgendwann einmal drang das Pfeifen in das Bewusstsein Nelsons. Er rief den Jungen: »Komm her, Sammy!« Obwohl seine Stimme schwach war, hörte ihn der Junge und kam. Er blieb an der Tür stehen.
    »Mr. Nelson?«
    »Wenn du fertig bist, nimm bitte einen Brief von mir mit zur Post!«
    »Jawohl, Mr. Nelson.«
    Sammy machte sich wieder an seine Arbeit. Hin und wieder schielte er durch die Glaswand zu seinem Chef.
    Nelson hatte einen Briefbogen vor sich auf dem Tisch liegen. Er schrieb einige Worte, setzte wieder ab und starrte vor sich hin.
    Als Sammy den Fußboden geschafft hatte, löschte er das Licht in der Wäscherei, ging in den Umkleideraum für das Personal und wechselte die Gummistiefel gegen seine normalen Schuhe aus. Er löschte auch das Licht im Umkleideraum und ging zurück zum Büro seines Chefs. Sammy kannte die Wäscherei so genau, dass er kein Licht brauchte. Er stieß trotzdem nirgendwo an. Er klopfte an die Glastür, öffnete sie einen Spalt und sagte: »Der Brief, Mr. Nelson!«
    Nelson hob den grauhaarigen Kopf.
    »Einen Augenblick noch, Sammy«, sagte er schwerfällig.
    Der Junge zog sich in die Dunkelheit der Wäscherei zurück. Er sah, wie der Mann jetzt rasch den Brief vollendete, das Blatt faltete und es in einen Umschlag steckte. Dann setzte er an, um die Adresse zu schreiben, schrieb auch ein Wort, verfiel dann wieder in Lethargie, ließ den Halter aus der Hand sinken und starrte vor sich hin.
    Sammy wagte nicht, ein zweites Mal anzuklopfen. Er fischte ein Kaugummi aus seiner Hosentasche, schob ihn in den Mund und wartete geduldig.
    Er verlor sich in Gedanken, die irgendetwas mit einem weißen Pferd zu tun hatten, auf dem er saß und durch die Prärie trabte, entschlossen, die zwölfjährige Tochter der Nachbarn, die in die Hände der blutrünstigen Apachen gefallen war, zu befreien. Aus diesen Träumen schreckte er hoch, als die Tür, die vom Hofraum zum Büro Mr. Nelsons führte, aufgerissen wurde.
    Sammy sah die Gestalten von drei Männern, die sich in den Raum drängten. Richard Nelson sah die Männer im gleichen Augenblick. Er stemmte die Hände gegen die Armstützen des Sessels, wollte aufspringen, aber dazu kam es nicht mehr. Die Waffe in der Hand des Mannes in der Mitte blaffte dreimal. Es war kein peitschendes Knallen, sondern nur ein dumpfes Plopp. Nelson wurde in den Sessel zurückgeworfen. Einen Augenblick lang saß er starr aufrecht. Dann neigte sich sein Körper nach vorn. Er fiel zwischen Schreibtisch und Sessel. Das Gewicht seines Körpers schob den Stuhl gegen die Wand.
    Die Männer hielten sich nicht auf. Einer warf einen Gegenstand in den Raurp. Sammy sah, wie etwas Weißes niederflatterte und nahe neben dem Kopf des Toten liegen blieb. Die Tür schlug hart ins Schloss. Die Männer waren verschwunden.
    Der Junge stand wie erstarrt neben der großen Wäschereimaschine, unfähig auch nur ein Glied zu rühren. Erst nach Minuten ging er zu der Glastür.
    Er klopfte an, wie er es gewohnt war, aber der Mann, der auf das Klopfen zu antworten pflegte, lag hinter dem Schreibtisch und rührte sich nicht.
    Sammy hob die Hand, drückte die Klinke nieder.
    »Mr. Nelson!«, rief er schüchtern.
    Er ging näher an den Schreibtisch heran, so nahe, wie er vielleicht noch nie herangegangen war, wenn sein Chef dahinter saß. Er trat an die Stirnseite. Sein Blick fiel auf die Lohntüte, die zwischen anderen Papieren lag, und die seinen Namen trug. Mechanisch nahm er die Tüte, die seinen Wochenlohn enthielt. Unmittelbar daneben lag der Brief, den er für Mr. Nelson besorgen sollte, und Sammy nahm auch den Brief.
    Er wagte es, sich weit über den Tisch zu beugen, um den Mann sehen zu können, der dahinter lag. Er sah das Blut, das den Teppich färbte, und erst jetzt begriff Sammy, dass er Zeuge eines Mordes gewesen war.
    Er stieß einen gurgelnden, halb erstickten Schrei aus, rannte zur Tür, riss sie auf, stürzte sich in die Dunkelheit des Hofes, raste durch das Tor auf die Straße und lief die Straße

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