0185 - Unser Hit in Harlem
nickte stumm, und ich fuhr fort: »Fürchten Sie, dass Ihrer Frau etwas zustoßen könnte, wenn Sie reden?«
Wieder nickte er. Antony Perkins war wahrhaftig kein sympathischer Bursche, aber auch er schien eine schwache Stelle zu haben. Ich forderte ihn auf, von seiner Frau zu sprechen. Es wurde rasch klar, dass Tony eine Sängerin geheiratet hatte, die er liebte, die aber Ansprüche an ihn stellte, die er mit dem Gehalt seines früheren Jobs als Vertreter nicht erfüllen konnte. Perkins war damit genau der richtige Mann für den Ring. Er brauchte Geld, und er hatte jemanden, durch dessen Bedrohung man ihn zum Schweigen zwingen konnte.
Ich nahm den Hörer vom Telefon.
»Bringt mir Hank Ellert und seine Freunde hoch!«
Die zehn Minuten, die es dauerte, bis Ellert und seine Gorillas Slim Brown und Freddy Soffert gebracht wurden, verrannen in tiefem Schweigen. Dann klopfte es an die Tür. Zwei Sergeants brachten die Gangster, die alle verschlafen aussahen.
Ellert war wütend. »Fangt ihr jetzt schon mit Nachtverhören an?«, fluchte er. »Das ist gegen das Gesetz!«
»Halten Sie den Mund, Ellert!«, fuhr ich ihn an. »Perkins, sehen Sie sich diese Männer an. Sind es die Männer, die gedroht haben, Ihre Frau umzubringen, wenn Sie singen sollten, falls man Sie fasst?«
Der Marihuana-Händler antwortete nicht, aber sein Gesicht ließ keinen Zweifel daran, dass er Ellert und seine Freunde nicht zum ersten Mal sah.
»Sind Sie Mitglied des Vereins Harlemer Bürger?«, fragte ich weiter.
»Ja«, antwortete Perkins leise.
»Dann benimm dich gefälligst auch danach!«, schrie Ellert dazwischen. »Halt den Mund und denke daran, dass es verdammte Weiße sind, die dich fragen!«
»Denken Sie lieber daran, dass er der Mann ist, der Sie zu einem gesetzwidrigen Handel mit Rauschgift gezwungen hat«, sagte ich ruhig, »und dass er Ihre Frau zu töten drohte.« Ich gab dem Sergeant einen Wink. »Raus mit den Burschen!«
Während Ellert und die stumpfen Leibgardisten abgeführt wurden, schob ich Perkins die Zigarettenschachtel hin. Er nahm eine mit zitternder Hand.
»Spielen wir fair miteinander, Antony«, fuhr ich fort. »Ellert, Brown und Soffert werden von uns vorläufig festgehalten, aber ich weiß nicht, ob unser bisheriges Material zur Verurteilung ausreicht. Wir haben nämlich nichts gegen ihn wegen seiner Beteiligung am Marihuana-Handel in der Hand, sondern können ihn nur wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und ähnlicher Dinge anklagen. Wenn er Glück hat, wird er zu einer Strafe mit Bewährung verurteilt, auf freien Fuß gesetzt, und dann, nur dann kann er seine Drohungen gegen Ihre Frau verwirklichen. Liefern Sie uns hingegen Aussagen, die es uns ermöglichen, ihn der Beteiligung am Marihuana-Handel zu überführen, gibt es für ihn keine Bewährungsfrist und keine bedingte Freilassung, sondern eine harte Strafe von vielen Jahren Zuchthaus. Sie schützen Ihre Angehörigen am besten, wenn Sie sprechen, Perkins.«
Er schwieg. Ich ließ ihm Zeit, eine volle Zigarettenlänge. Als er den Stummel ausdrückte, sagt er, ohne den Blick zu heben: »Ellert hat viele Freunde. Sie befinden sich auf freiem Fuß. Sie könnten…«
»Ich kenne Ellerts Freunde. Sie rekrutieren sich aus den Banden der Halbstarken. Vielleicht würden sie tun, was Hank Ellert ihnen befiehlt, aber er kann vom Gefängnis aus nichts befehlen. Ohne ihn, das wissen Sie, Perkins, werden die Burschen nichts tun, ausgenommen den Unsinn, den sie ohnedies ständig veranstalten: An den Ecken herumlungern, den Girls nachpfeifen, Passanten belästigen. Ohne Anführer sind die Boys zu nichts Ernsthaftem fähig, von einem Mord ganz zu schweigen.«
Wieder gab es eine Pause. Dann fragte er: »Kann ich noch eine Zigarette haben?«
Als sie brannte, sog er den Rauch tief ein, stieß ihn aus und sagte: »Ja, Sie haben recht. Hank Ellert hat mich zum Marihuana-Handel gezwungen.«
Das Tonband lief bereits.
»Erzählen Sie der Reihe nach!«
***
Sein Bericht dauerte eine halbe Stunde. Ich fasse ihn hier auf die einfachste Formulierung zusammen. Ellert, seine Leibgardisten und die Halbstarken-Banden, die auf sein Kommando hörten, hatten vor Jahresfrist Antony Perkins ebenso wie eine Unzahl anderer Bewohner Harlems gezwungen, dem Harlemer Bürgerverein beizutreten. Am Anfang schien es nur um die Beiträge zu gehen, aber schon bald war Perkins von Ellert aufgefordert worden, sich an dem Marihuana-Handel zu beteiligen. Sicherlich hatte es in Perkins’ Fall
Weitere Kostenlose Bücher