0188 - 7 Uhr - die Stunde des Todes
ich sah, daß ihr die Antwort peinlich war.
Sie warf einen kurzen Blick auf ihren Mann, der sich schnell vorbeugte und erwiderte: »Aber ja! Das ist keine Frage! Snubby ist mein Freund. Wir waren zusammen in Korea. Wir haben zusammen einiges durchgemacht. Das verbindet fürs Leben.«
»Dann scheine ich ja richtig getippt zu haben«, sagte ich beiläufig. »Vorsichtshalber habe ich nämlich Mr. Snubbish auch mit eingeladen. Wir müssen uns ein paar Minuten gedulden, er wird wohl gleich da sein. Ebenso wie Ihr Onkel.«
Die beiden jungen Leute steckten die Köpfe zusammen und flüsterten miteinander, als sie sahen, daß ich die Zwischenzeit dadurch überbrückte, die ersten Vernehmungsprotokolle der Nachbarn durchzulesen.
Ich notierte an den Rand der Protokolle die Dinge, die jeweils getan werden mußten, um den Wahrheitsgehalt bestimmter Aussagen festzustellen.
Aber ich hatte wenig Hoffnung, daß wir auf diese Weise wirklich eine Spur finden würden.
Wie hätte ich auch ahnen können, daß wir in jeder Hinsicht die falschen Leute vernommen hatten!
***
Irgendwann klopfte es an die Tür, die vorn von der Halle aus in unser Zimmer führte. Phil erschien mit dem alten Onkel und mit Mr. Snubbish.
Snubbish war auf den ersten Blick ein sympathischer Bursche. Er hatte ein markantes Gesicht, grinste ewig und war mit seinen wasserhellen Augen ständig unterwegs, weil es keine Ecke gab, die ihn nicht flüchtig interessiert hätte.
Wenn man ihn jedoch genauer ansah, merkte man, daß seine Bewegungen gekünstelt waren und daß er sich Mühe gab, immer im Mittelpunkt zu stehen.
»Hallo, hallo!« rief er, als er noch in der Tür stand. »Was ist denn hier los? Sieht das hier offiziell aus! Wo sind wir denn überhaupt?«
»Dies ist vorübergehend ein FBI-Büro«, erklärte ich ihm. »Mein Name ist Cotton, Special Agent der Bundespolizei. Wollen Sie bitte Platz nehmen, Mr. Snubbish?«
»Aber gern! Bin mächtig gespannt, was hier los ist! Tag, Marvy. Hallo, Hazel, du siehst wieder blendend aus!«
»He, he!« keifte der Alte, bevor das Ehepaar die burschikose Begrüßung des Familienfreundes erwidern konnte. »Sie sind vom FBI! Schämen Sie sich, junger Mann! Mir haben Sie nichts davon gesagt.«
»Entschuldigen Sie, Sir! Ich konnte vorhin nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Bitte, setzen Sie sich!«
»Ich sitze ja schon«, knurrte er.
»Ich habe Sie hierher bitten lassen«, fing ich an, »weil Mrs. und Mr. Scotty einen Brief erhalten haben, in dem ihnen die Entführung ihres neunjährigen Sohnes als vollzogene Tatsache geschildert wird.«
»Um Himmels willen!« rief Snubbish und sprang auf. »Das ist ja furchtbar! Was sitzen wir hier noch herum? Wir müssen die Kidnapper suchen!«
»Nur ruhig Blut, Mr. Snubbish«, bremste ich. »Diese Arbeit hat das FBI bereits übernommen. Außerdem ist die Sache nicht so gefährlich, denn die Kidnapper scheinen Pech gehabt zu haben.«
»Wieso?« krähte der Alte. »Und warum habe ich eigentlich nichts von diesem Brief erfahren, Hazel? Das ist ja der Gipfel!«
»Aber Onkel!« warf die Frau ein. »Als der Brief kam, warst du doch gerade Milch holen. Ich habe Marvin umgehend in der Firma angerufen. Wir haben einen Treffpunkt vereinbart und wollten von da aus sofort zum FBI gehen. In den Zeitungen steht doch immer, daß Kindesentführungen vom FBI bearbeitet werden. Unterwegs…«
»Stopp!« sagte ich. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Leitung dieses Gesprächs überließen. Sie wissen ja alle, welch ein scheußliches Verbrechen in dieser Gegend geschehen ist, und ich muß mich auch noch um andere Dinge kümmern, als nur um den Fall dieses Briefes.« Sie senkten die Köpfe. Nur der Alte hatte die Lippen zusammengepreßt und sah mich feindselig an. Aber er fügte sich meinem Wunsch und sagte nichts weiter.
Ich fuhr fort: »Wir wollen zunächst mal annehmen, daß dieser Brief ernst gemeint ist. Daß jemand einen solch makabren Scherz betreiben sollte, ist unwahrscheinlich. Es dürfte also ziemlich feststehen, daß wir es mit einem echten Fall von Kidnapping zu tun haben.«
»Aber ich denke, der Junge liegt im Krankenhaus?« platzte der Alte heraus. Ich sah Bob Harriet fragend an.
»Der Junge ist im Krankenhaus«, sagte Bob mit Nachdruck. »Selbstverständlich haben wir das sofort nachprüfen lassen. Um allen Eventualitäten vorzubeugen, sind erst mal zwei G-men zum Hospital gefahren und haben die Bewachung des Jungen übernommen.«
Ich sah, wie die Frau erleichtert
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