0188 - 7 Uhr - die Stunde des Todes
seiner ursprünglichen Absicht, wegen Bauchschmerzen um fünf nach Hause zu gehen, eben doch nicht den Heimweg einzuschlagen? Wo war er bis zu der Zeit, als Sie ihn sahen? Mit wem war er in dieser Zeit zusammen? Wo wollte er hin, als Sie ihn bemerkten?« Martley hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. Obgleich ich diese Fragen eigentlich gar nicht an ihn gestellt hatte, meinte er: »Tja, Mr. Cotton, das kann ich Ihnen nicht sagen. Das werden Sie schon selber herausfinden müssen.«
Er stand auf und verabschiedete sich. Geistesabwesend gab ich ihm die Hand und brachte ihn bis hinaus zur Hoteltür. Auf der Straße blieb ich stehen, steckte mir eine neue Zigarette an und blickte nachdenklich in die Dunkelheit.
Irgend etwas an der ganzen Sache war nicht richtig. Wenn ich nur wüßte, was!
***
Der Mann hieß Sam L. Rochester, und er war nicht erbaut, Phil zu sehen. Zuerst hatte das Dienstmädchen ihn abweisen wollen, aber sein FBI-Ausweis verschaffte ihm dann doch Zutritt in die Wohnung.
Rochester kam aus einem Zimmer, zu dem eine hohe Flügeltür führte. Er musterte Phil abweisend und sagte, während sie noch im Flur standen: »Was wollen Sie?«
»Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten«, sagte Phil kurz. »Aber ich würde das gern im Sitzen tun.«
»Ich habe jetzt keine Zeit«, antwortete Rochester.
»Das ist sehr schade für Sie.« Rochester wurde stutzig. »Wieso? Was soll das heißen?«
Phil zuckte die Achseln: »Oh, eigentlich nichts Besonderes. Aber Sie wissen ja vielleicht, daß dieser brutale Überfall fünf Menschenleben gekostet hat. Nebenher bemerkt, Angestellte Ihrer Firma, nicht wahr, Herr Präsident?«
»Nun ja, sicher, aber…«
»Kümmert Sie nicht, was?« sagte Phil, als könne er Gedanken lesen. »Ich weiß Bescheid, Mr. Rochester. Sind ja genügend Arbeitskräfte zu kriegen, wenn man solche hohen Gehälter zahlen muß wie Sie — wegen des Risikos. Trotzdem sollten Sie vielleicht mal daran denken, daß drei der fünf Männer eine Familie zurücklassen.«
»Alle unsere Leute haben Lebensversicherungen«, bemerkte Rochester kühl und machte immer noch keine Anstalten, Phil wenigstens im Flur einen Stuhl anzubieten.
»Soso«, sagte Phil leise. »Alle Leute bei Ihnen haben eine Lebensversicherung! Das ist ja schön! Aber glauben Sie denn, mit ein paar 1000 Dollar könnten Sie einer Frau den Mann, einem Kind den Vater bezahlen? Ihre Nerven möchte ich haben!«
Rochester schwoll an. »Ich verbitte mir das!« fauchte er.
Phil spöttelte mit beißender Sqhärfe: »Ach, sieh mal an! Der Herr Präsident verbittet sich das! Herr, wir haben einen Banküberfall aufzuklären! Einen Überfall, bei dem fünf Männer erschossen wurden! Begreifen Sie, daß ich in dieser Angelegenheit vom zuständigen Richter jeden Haftbefehl kriegen würde, wenn ich das aus irgendwelchen Gründen für nötig halte?«
Rochester lenkte ein. »Wir wollen uns doch nicht streiten, Mr. Decker! Entschuldigen Sie meine gereizte Stimmung! Aber so eine Sache geht einem eben doch mehr an die Nerven, als man zeigen möchte. Bitte, wenn Sie mit in die Bibliothek kommen wollen?«
»Mr. Rochester, wie Sie selbst sagten — ich las es in einem Aktenvermerk, den mein Kollege angelegt hat —, besaß außer dem Chefkassierer, den beiden Wächtern und Ihnen niemand sonst Schlüssel zu dem Gebäude. Ist das richtig?«
»Ja, das stimmt.«
»Kann irtan mit den Gebäudeschlüsseln auch in die Tresore?«
»O nein! Wo denken Sie hin! Für den Tresorraum muß man vier verschiedene Schlüssel haben und das Kennwort wissen, das täglich gewechselt wird.«
»Wissen Sie das Kennwort immer?«
»Ja, der Chefkassierer stellt das Kennwort ein und verständigt mich davon. Es wäre doch möglich, daß ihm mal was zustoßen würde. In dem Falle müßten wir den Tresorraum aufsprengen lassen, wenn nicht außer dem Chefkassierer noch jemand das Kennwort wüßte.«
»Das ist einleuchtend. Hat Ihnen in den letzten Tagen jemand gemeldet, daß die Schlüssel für die Türen gestohlen worden seien?«
»Nein, eine solche Meldung ist nicht eingegangen.«
»Folglich müssen der Chefkassierer und die beiden Wächter noch immer die Schlüssel haben?«
»Ja, natürlich.«
»Wie erklären Sie es sich, daß unsere Leute nur beim Chefkassierer und bei einem der Wächter Schlüssel fanden? Der zweite müßte doch auch welche gehabt haben?«
»Ja, das müßte er. Vielleicht hat er sie zu Hause liegengelassen?«
Phil schob die Unterlippe vor, dachte nach
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