0189 - Am Schreckensfluß
Tempel war eine Katastrophe geschehen.
***
Der Rundpfoter, die Katze, dieses geheimnisvolle Wesen mit telepathischen Gaben, wußte genau, was es riskierte. Und es hatte beschlossen, das letzte Risiko einzugehen.
Einige Teile eines noch unübersichtlichen Puzzles würden sich jetzt ineinanderfügen. Wenn die Fremde, die Nicole Duval genannt wurde, starb, würde das einen Mann, der Zamorra hieß, zerbrechen und tödlich treffen. Das aber durfte nicht geschehen, denn Zamorra war eine Trumpfkarte, die noch längst nicht zum Einsatz gekommen war. Und sie durfte nicht vorzeitig aufs Spiel gesetzt werden.
Die Katze wußte nicht, ob das, was sie plante, wirklich gelingen würde, aber sie mußte es wenigstens versuchen.
Sie schlich auf Samtpfoten durch den Dämonentempel, vorbei an ledergepanzerten Kriegern oder Adepten, Magiern, Schamanen… Und sie lauschte mit ihren empfindlichen Sinnen nach den unhörbaren Schwingungen eines starken Dhyarra-Kristalls.
Schon bald wurde sie fündig. Ein geeigneter Kristall sechster Ordnung befand sich in der Unterkunft des Obersten Schamanen. Doch eine Adeptin und drei Krieger standen Wache, und sie paßten sehr genau auf, daß auch kein Tier eindringen konnte.
Und sie ließen in ihrer Aufmerksamkeit nie nach…
Die Katze wußte, daß dies die Phase war, in der alles mißlingen konnte.
Vor den vier Menschen blieb sie stehen, setzte sich auf die Hinterpfoten und begann sich zu putzen.
Ein harmloses, kleines Tier…
...das im nächsten Moment riesengroß war!
Arme schlugen zu, wirbelten nach rechts und links und prallten gegen lederne Panzer. Krieger wurden zur Seite geschleudert. Die Adeptin setzte zu einem telepathischen Schrei an, der den gesamten Tempel alarmieren würde.
Die Katze, die nicht mehr viel mit ihrem früheren Aussehen gemein hatte, blockierte die Gedanken der Adeptin, aber sie war nicht schnell genug. Ein Teil der Warnung kam noch durch.
Der dritte Krieger drang mit seinem Schwert auf seinen Gegner ein… seine Gegnerin! Die hochgewachsene Frau mit dem Katzenkopf wehrte den Hieb ab. Krallen zerfetzten den Brustpanzer des Mannes. Er schrie, aber nur so lange, bis er den Boden berührte. Dann sprang die Katzenfrau, riß den Körper der schreckerstarrten Adeptin herum und warf sie in den aufzuckenden Laserstrahl aus einem Blaster. Die beiden noch lebenden Tempelkrieger sanken stöhnend zusammen, als der harte Gedankenschlag der Katze sie traf, und sie verloren die Besinnung.
Die Katze stürmte in die Unterkunft des Obersten Schamanen. Sie war prunkvoll ausgestattet, aber die Katze wußte genau, wo zwischen all dem Schmuck und der Pracht sich der gesuchte Kristall befand.
Kurz dachte sie an den OLYMPOS, aus dem sie gekommen war, um sich in die Reihen der Dämonischen einzuschleichen. Das war jetzt vorbei, sie hatte sich selbst enttarnt.
Und sie dachte an Bastet, eine ihrer Schwestern, die vor langer, langer Zeit die Welt verlassen hatte und in eine andere vorgedrungen war, um sich dort in einem Ägypten genannten Land als Göttin verehren zu lassen. Ob Bastet noch lebte?
Sie selbst würde nicht mehr lange leben. Schon jagten von allen Seiten alarmierte Dämonendiener und Tempelkrieger heran, aber jetzt besaß die Katzengöttin den Kristall und setzte ihn ein.
Von einem Moment zum anderen gab es ein Mädchen namens Ayna im Tempel nicht mehr, fortteleportiert von der Kraft des Kristalls. Dann konzentrierte die Katze sich auf Zamorra.
Hatte sie noch genug Zeit?
Die Verbindung stand. Sie sammelte ihre Kräfte zu einem letzten Vorstoß. Doch die Dämonendiener griffen mit ihren Kristallen bereits aus der Ferne an.
Sie mußte ihre Energien abstrahlen und Zamorra erreichen…
JETZT!
Da explodierte der Kristall in ihrer Hand und hüllte alles in gleißendes Licht, heller als die Sonne…
***
Zamorra hielt sich nur noch mit Mühe aufrecht. Der Teppich war zu Boden gegangen, noch so unendlich weit von Grex entfernt. Tiefe Verzweiflung hüllte ihn ein. Er verlor so viel Zeit…
»Nicole«, stöhnte er, und selbst das Stöhnen wurde zur Anstrengung.
Die Augen wollten sich schließen. Ringe tanzten vor ihnen und schwarze Flecken. Er hatte sich zu sehr verausgabt.
Aber da war etwas…
Etwas Fremdes, das nach ihm tastete. Er nahm es fast körperlich wahr, und seine erste Reaktion war, die Arme auszustrecken. »Wer… werbist du? Wo bist du?«
Der oder das Fremde befand sich weit entfernt und hatte sich jetzt förmlich auf Zamorra eingepolt.
Lebensenergie!
Da war
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