0189 - Am Schreckensfluß
des Tempels.
Du bist in Khysal, aber ich kann nicht genau bestimmen, wo. Meine Kraft reicht nicht mehr aus. Lebe wohl, vernahm sie eine Gedankenstimme, die verblaßte.
Da wußte Ayna, daß sie den Rundpfoter nie mehr Wiedersehen würde. Er war tot, das Ersterben der Gedanken verrieten es ihr.
Sie kauerte sich langsam ins hohe Gras. Sie war wieder in Freiheit, war in Khysal, ihrem Heimatland, aber ganz konnte sie sich dessen noch nicht erfreuen. Zu lange hatte der Rundpfoter sie begleitet, zu sehr hatte sie sich an die Gegenwart der schnurrenden Katze gewöhnt. Und nun gab es sie nicht mehr, würde es sie nie wieder geben.
Ein paar Tränen rannen über die Wangen des Mädchens. Sie trauerte um ein Wesen, das das eigene Leben hinter den großen Plan zurückgestellt hatte, den kein Sterblicher kannte.
Nicht einmal jene, die direkt davon betroffen waren.
***
Asmodis zeigte sich Sarkana in seiner Tarnidentität als »Parkington«. Der Ex-Fürst der Finsternis besaß eine ganz stattliche Zahl von verschiedenen Masken. Er vermochte sein Aussehen entsprechend zu verändern und trat in mannigfaltiger Gestalt auf. Zu seinem Repertoire gehörten sogar einige Frauen.
Jetzt war er Parkington. Parkington, der Großindustrielle, der stets irgendwo in der Welt unterwegs war und sich nur ganz selten in England sehen ließ, um seinen Bungalow zu bewohnen und sich ein wenig um die Geschicke seiner Firmen zu kümmern. Und als Parkington hatte es ihn dann erwischt. Damon, der Rachsüchtige, hatte erfahren, daß Asmodis hinter dem Verrat einer der Hexen stand, als Kerr und Byanca zum ersten Mal Mörder auf ihrer Fährte hatten und gewarnt worden waren. Parkingtons Bungalow war vrnichtet worden, und nur weil Asmodis seinerseits rechtzeitig gewarnt worden war, war er der Vernichtung entgangen. Die Polizei vermutete hinter der Explosion, die aus dem Bungalow einen riesigen Krater gemacht hatte, einen Terroristenanschlag. Und Asmodis seinerseits wußte, daß er den Bogen überspannt hatte. Damon hatte seine Entscheidung, ihn mit der Schmach des Verlierers weiterleben zu lassen, gründlich revidiert, denn Asmodis besaß noch zu viele Freunde, vorwiegend jene, die während seiner Amtszeit in hohen Positionen der Familienhierarchie gestanden hatten und darauf hofften, über Asmodis wieder in diese Stellungen zu kommen, wenn dieser auf seinen Thron zurückkehrte. Denn Damon hatte als erstes dafür gesorgt, daß Asmodis’ Vertraute ihren Einfluß und ihre Macht verloren.
Nach dem »Terroristenanschlag« war »Mister Parkington« untergetaucht. Auf diese Weise hatte Asmodis sich die Möglichkeit einer Rückkehr in diese Tarnexistenz offengehalten, obgleich es für ihn einfacher gewesen wäre, seinen Tod vorzutäuschen und Damon eine kurze Zeit zu narren. Aber Asmodis wollte unter diesen Bedingungen nicht darauf verzichten, auch nur eine einzige seiner Tarnexistenzen zu opfern. Wer konnte wissen, wie lange dieses Trauerspiel andauern würde…
So existierte der Großindustrielle Parkington für die Sterblichen weiter, wenn er auch aus Furcht vor weiteren Anschlägen erst einmal verschwunden war.
Und deshalb zeigte sich Asmodis Sarkana als Parkington.
Sie kannten sich von früher, und Asmodis wußte, daß Sarkanas Sippe sehr viel auf Traditionen hielt. Der neue Besen, mit dem Damon kehrte, gefiel der rumänischen Vampirfamilie überhaupt nicht. Deshalb hatte Asmodis keine Bedenken, sich mit Sarkana zu treffen.
»Wir brauchen deine Hilfe, Asmodis«, begann Sarkana. »Er hält uns schlimmer als Sklaven. Angehörige mächtiger Sippen haben ihm zu dienen und ihm die Füße zu küssen. Unter deiner Herrschaft erging es uns besser.«
Asmodis-Parkington grinste spöttisch. »Ihr wollt revoltieren und traut euch nicht«, stellte er fest.
»Wir haben einen Plan. Aber der Kampf muß schnell gehen. Du kennst Dämons Stärke im Kampf. Du kennst auch seine schwachen Stellen. Wir hoffen auf deinen Rat.«
Sie hatten sich in einem kleinen Café in Roanne getroffen. Frankreich war dem Ex-Fürsten der Finsternis als vorläufiger Fluchtpunkt recht gewesen, und ringsum hoben sich die Berghänge der Loire mit ihren Weingärten empor. Und nur wenige Kilometer entfernt, in der Nähe des Dorfes Feucs, erhob sich das Château Montagne, das einem gewissen Professor Zamorra gehörte, Asmodis’ Erzfeind in den Reihen der Menschen. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, daß Asmodis sich ausgerechnet hierher verzogen hatte.
»Deine Abwesenheit vom Caerdamon
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