0189 - Am Schreckensfluß
er nicht wie ein gewisser Lieutenant Kojak aus dem Fernsehen ein Blaulicht auf das Dach seines zivilen Dienstfahrzeugs setzen konnte. Es gab nicht einmal eine Polizeiglocke an Bord.
Und so mußte er sich mit langsam fahrenden Lastwagen und Schafherden, die die Straße kreuzten, fluchend, aber hilflos abfinden.
***
Der große fliegende Teppich aus Aronyx kam rasch voran. Einige Male versuchte Nicole, die Krieger oder Dämonendiener anzusprechen. Aber zwischen ihnen stand eine eisige Mauer des Schweigens.
Der fliegende Teppich bewegte sich hoch in der Luft, und das mit hoher Geschwindigkeit. Nicole wagte nicht, zu nahe an den Rand zu treten. Sie wurde zwar nicht direkt schwindlig, aber dennoch fürchtete sie eine zu starke Bewegung des etwas nachgiebigen Teppichbodens. Die Grecer dagegen schienen sich vollkommen sicher zu bewegen. Es störte sie nicht, daß der Teppich unter ihren Schritten nachgab.
Wieder spielte Nicole mit dem Gedanken, sich doch in die Tiefe zu stürzen, aber immer wieder schreckte sie davor zurück. Noch war sie nicht tot! Noch konnte immer irgend etwas geschehen…
Sie überlegte, ob es nicht möglich war, den Teppich zum Absturz zu bringen. Dazu mußte sie wissen, welcher der Schamanen ihn lenkte und in der Luft hielt. Wenn es ihr gelang, diesen über die Kante in die Tiefe zu stürzen…
Aber dieser Angriff mußte überraschend kommen, und in ihrem roten Gewand, das keine Ärmel besaß, konnte sie sich nicht schnell genug bewegen.
Aus ihm befreien konnte sie sich nicht. Die Tempelkrieger würden es nicht zulassen.
Sie fragte sich, warum man sie nicht direkt im Tempel getötet hatte, sondern die Mühe eines weiten Fluges auf sich nahm. Aber auf ihre Frage erhielt sie keine Antwort. Vielleicht handelte es sich um ein bestimmtes Ritual, das vollzogen werden mußte.
Warum?
Plötzlich sprach doch jemand: die Witch. Sie deutete auf etwas, das sich vor ihnen wie eine silberne Schlange über das Land zog und hier und da von Wäldern begrenzt wurde.
»Wir sind gleich da«, sagte sie. »Dort ist der Krokodilfluß, und dort wirst du sterben.«
***
»Das ist Kerr«, sagte Rob Mullon, als die Tür seines Arbeitszimmers sich öffnete und der hochgewachsene Scotland-Yard-Inspector eintrat. Byanka wandte den Kopf und betrachtete ihn. Obgleich seine Augen im Moment nicht die geringste Grünfärbung zeigten, erkannte sie ihn sofort als einen Druiden. Sie nahm die Aura der Kraft wahr, die ihn umgab.
Kerr war unangefochten nach Carmarthen gekommen und hatte das Polizeigebäude betreten.
Er sah von Mullon zu dessen Assistenten Binder, dann zu Byanca. Sie hatte ihre tarnende Schminke entfernt und sah jetzt wieder so aus wie zuvor. Und sie war unglaublich schön.
Sie mochte achtzehn, vielleicht aber auch achtundzwanzig Jahre alt sein; es war schwer zu schätzen. Kerr wußte, daß sie in Wirklichkeit über dreitausend Jahre alt war - die meiste Zeit davon hatte sie im Tiefschlaf zugebracht.
»Warum sind Sie geflohen?« fragte er leise und ließ sich auf der Schreibtischkante nieder. Er sah in ihre dunklen Augen. Unwillkürlich drängte sich ihm ein Vergleich zu seiner Babs auf, aber er verdrängte diese Gedanken sofort wieder. Es durfte keinen Vergleich geben. Er liebte Babs und war nicht gewillt, sich von einer anderen Frau auch unbewußt den Kopf verdrehen zu lassen.
Vielleicht wollte Byanca es nicht einmal. Aber allein ihr Aussehen übte eine seltsame Ausstrahlung auf Kerr und auf jeden anderen Mann in ihrer Nähe aus.
»Ich nahm an, niemand würde meine Geschichte glauben«, sagte sie, lehnte sich im Sessel zurück und schlug die langen Beine übereinander. »Offenbar habe ich die Menschen unterschätzt. Ich dachte, diese Welt sei technisch orientiert und verleugne die alten Kräfte.«
»Dieser Eindruck ist vollkommen richtig«, sagte Kerr. »Selbst unser Freund Mullon hat Schwierigkiten, das Vorhandensein und die Wirksamkeit von Magie zu akzeptieren. Nur ein geringer Prozentsatz der Menschheit weiß von den alten Kräften und glaubt an sie, und gerade das macht es unseren Feinden immer wieder leicht.«
»Mister Mullon sagte, daß du Dämons Aufenthaltsort ermittelt hast«, sagte Byanca. Sie redete Kerr vertraulich an, als würden sie sich seit Jahren kennen. »Ich suchte ihn bisher vergebens.«
»Vielleicht an der falschen Stelle. Er hat sich eine Burg in Wales geschaffen«, erklärte Kerr.
Byancas Augen weiteten sich. »Hier - nicht in der Dämonenwelt?«
»Hier. Wir sollten uns diese
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