019 - Das Sklavenspiel
auf.
Der größte Teil der Ladung ging jedoch auf seinen Schultern nieder, auf denen Zoltan ruhte. Der Einarmige rührte sich nicht. Er hatte das Bewusstsein verloren.
Röchelnd stolperte Drokar weiter, Arzak und Matt entgegen.
Die beiden nahmen ihm Zoltan von den Schultern, allerdings darauf bedacht, nicht mit dem ätzenden Schleim in Berührung zu kommen, der seinen Rücken überzog.
Drokar wälzte sich vor Schmerzen auf der Erde. Seine panischen Versuche, die Säure zu entfernen, führten nur dazu, dass auch die Hände in Mitleidenschaft gezogen wurden.
»Wir brauchen Wasser!«, rief Matthew den anderen zu. »Wir müssen dieses Zeug von ihm ab waschen.«
Die Taratzen zerrten einige Lianen aus dem Dickicht, die Navok und Aruula mit dem Schwert durchtrennten. Mit dem Wasser, das daraus hervor schoss, spritzten sie den Wulfanen so gut es ging ab.
Matt beugte sich inzwischen über Zoltan, der vor ihm im Gras lag, und fühlte nach dessen Puls.
Nichts. Der Mann war tot. Matt hoffte, dass er zuvor nicht noch einmal das Bewusstsein erlangt hatte.
»Bei Luthator, dem Herrn des Totenreichs«, fluchte Arzak. »Was für ein Monstrum war das?«
»Eine fleischfressende Pflanze«, erklärte Matt. »Sie verdaut ihre Opfer offenbar mit einer scharfen Magensäure.«
»Wir müssen dieses Gezücht verbrennen!«, verlangte der Wulfane zornbebend.
»Das hat doch keinen Sinn«, lehnte Navok ab. »Wenn wir Feuer legen, kommen wir womöglich selbst dabei um.«
»Aber irgendetwas müssen wir gegen dieses Monstrum unternehmen«, forderte Drokar, der nach Rache dürstete.
»Es ist eine Pflanze, kein denkendes Wesen«, schaltete sich Matt ein. »Wer weiß, wie viele es von der Sorte noch hier gibt. Willst du den ganzen Wald abfackeln? Wir sollten lieber weiter gehen.«
»Und wenn wir auf noch schlimmere Überraschungen stoßen?«, gab Navok zu bedenken.
»Das wird sich wohl kaum vermeiden lassen«, sagte Matt düster. »Immerhin heißt dieses Gebiet hier ›Tal des Todes‹…«
***
»Tot, tot, tot«, stammelte Crane verstört.
»Alle um mich herum sterben. Warum nur?«
Der Tod von Pagur und Zoltan schien ihm sehr nahe zu gehen. Er hatte zwar kaum mit ihnen gesprochen, doch für einen Außenseiter, der überall als Irrer verlacht und fortgejagt wurde, mochte die bloße Abwesenheit von Hohn und Spott schon so etwas wie Freundschaft bedeuten. Die blassen Züge des Jünglings verzogen sich zu einem Ausdruck tiefster Trauer. Mit gekreuzten Beinen auf dem Boden hockend, wiegte er seinen Oberkörper vor und zurück.
»Immer bin ich allein«, heulte er. »Alle verlassen mich.«
Aruula tat Crane Leid. »Mach dir keine Sorgen«, tröstete sie ihn. »Wir kümmern uns um dich.«
Crane sah überrascht in die Höhe und vergaß einen Moment weiter zu jammern. Doch als ihm Aruula aufmunternd über sein dünnes Haar streichen wollte, wich er erschrocken zurück.
»Nein, nein - nicht anfassen!« Panik leuchtete in seinen Augen, während er über den Boden davon kroch. Außerhalb ihrer Reichweite begann er wieder mit dem Oberkörper zu schaukeln. »Tot, tot, tot«, murmelte er vor sich hin.
Die Barbarin schüttelte verwirrt den Kopf. Was ging in diesem verängstigten Mann vor? Da er nicht auf ihre Fragen antwortete, blieb ihr nur eine Möglichkeit, es heraus zu finden.
Vorsichtig öffnete sie ihren Geist, um nach Cranes Gedanken zu greifen. Sie benutzte ihre telepathischen Fähigkeiten ganz instinktiv, ohne darüber nachzudenken. So wie andere Menschen nach einem Becher griffen und einen Schluck Wasser tranken, ohne sich der einzelnen Schritte dieser Handlung bewusst zu sein.
Doch der Griff nach Cranes Gedanken war anders als alles, was Aruula je zuvor erlebt hatte. Ein brennendes Prickeln jagte über ihren Körper, während sie in sein Inneres horchte.
Die Barbarin wandte instinktiv den Kopf ab, doch ihre mentalen Sinne ließen sich nicht so leicht zurückrufen. Ihr Blick wurde in einen schwarzen Wirbel gezogen, der so schnell kreiste, dass ihr übel wurde.
Kalter Schweiß trat auf ihre Stirn, als sie merkte, dass sich die Sicht wieder klärte. Sie erfasste plötzlich ein Chaos aus roten Schemen, die aufeinander einschlugen - untermalt durch das undeutliche Brausen eines gepeinigten Chores lauter Schmerzensschreie. Aruula ahnte, dass sie etwas durch Cranes Augen sah. Es schien eine Erinnerung zu sein, die so schrecklich war, dass sich sein Verstand weigerte, das Vergangene so ins Gedächtnis zu rufen, wie es sich abgespielt
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