019 - Der Sarg des Vampirs
ernst es war.
Der Herzog schlug die Tür zu. Schwester Marina verriegelte sie von innen.
Dann trat der Herzog zurück. Er stand unter dem gelblichen Licht der Lampe, die
auch den dunklen Wagen und das schmiedeeiserne Gitterwerk des Tores anstrahlte.
Außer den drei Menschen auf dem dämmrigen Schlosshof gab es noch jemand,
der die Dinge aufmerksam beobachtete.
Der Fremde wartete unter einer Reihe schattiger Zypressen, die Dunkelheit
hüllte ihn fast völlig ein. Er rührte sich nicht, sah, wie die Scheinwerfer des
Wagens aufblinkten, wie das Auto langsam durch das Tor rollte und sich auf der
schmalen, glatten Straße entfernte.
Die dunkle Gestalt des Herzogs zeichnete sich vor dem schmiedeeisernen
Gitterwerk ab. Er blickte den roten, kleiner werdenden Rücklichtern nach, die
sich in der Finsternis verloren.
Der Mann unter den Zypressen warf unwillkürlich einen Blick zurück. Ein
schmaler, unwegsamer, halsbrecherischer Pfad führte zwischen den Bäumen und dem
Buschwerk hindurch. Diesen Weg war er gekommen, und den musste er auch wieder
zurückgehen, um nicht gesehen zu werden.
»Es nützt nichts«, sagte er mit sanfter Stimme, und sein
scharfgeschnittenes, braunes Gesicht glänzte im Schein des bleichen Mondes, der
durch die Wipfel schien und dieses Gesicht aus dem Schatten riss. »Auch sie
gehen diesen Weg ...«
Er zog den dunkelroten Umhang, den er sich um die Schultern geworfen hatte,
weiter nach vorn und lächelte sarkastisch, so dass sein Gebiss sichtbar wurde.
Die beiden überlangen Eckzähne waren deutlich zu erkennen.
●
Larry Brent sah den Mann am Ende der
staubigen Straße im Licht der Scheinwerfer. Er blendete ab, fuhr scharf rechts
heran, bremste und ließ den Wagen ausrollen.
In weiser Voraussicht ließ Larry den Alfa Romeo
neben einer alten, von der Straße etwas zurückgebauten Scheune stehen. Unter
drei dicken, uralten Kastanienbäumen konnte er den schnittigen Wagen gut parken.
Im Rückspiegel sah er den Mann über die Straße kommen. Das Dorf lag wie
ausgestorben. Keine Straßenlaterne brannte, nirgends schimmerte ein Licht
hinter den zugezogenen Fenstern.
Es war windstill.
X-RAY-3 stieg aus und schloss den teuren Wagen ab.
»Señor Brent?«, fragte der Mann, der sich ihm näherte Es klang mehr wie
eine Feststellung. Offenbar kannte Sanchos den roten Alfa Romeo des Herzogs de Avilla .
»Sanchos?« Die Männer reichten sich die Hand.
»Was ist aus Ihrem Schützling geworden?«, wollte Larry wissen, während er
sich aufmerksam umblickte. Er machte sich ein Bild von der Landschaft und
Umgebung. Er war schneller mitten in die Geschehnisse hineingerissen worden,
als er erwartet hatte.
»Ich musste sie überreden, in meiner Wohnung zu bleiben, denn sie wollte
mir partout die Stelle zeigen, an der ihre Freundin verschwunden ist. Ich
konnte sie ihr aber zum Glück so genau beschreiben und Irene überzeugen, dass
ich weiß, welche sie meint. Das Mädchen konnte kaum noch auf den Beinen stehen
und schlief, als ich ging.« Sanchos musterte Larry Brent. »Ich finde es
erstaunlich, dass sich ausgerechnet ein Amerikaner der Dinge annimmt, die hier
in diesem winzigen Nest passieren.« Er ging mit dem PSA-Agenten über die
Straße. Eine Wiesenfläche dehnte sich vor ihnen aus. Im Hintergrund war
deutlich der Wald zu sehen, der mit den Bergen verschmolz.
»Wir werden in der ganzen Welt tätig«, erklärte Larry. »Unsere Aufgabe ist
es, außergewöhnliche Kriminalfälle aufzuklären oder – falls solche durch
Vergleichsunterlagen der Computer schon vorzeitig bekannt werden – zu
unterbinden.« Weiter ließ er sich nicht darüber aus, sondern bemühte sich, das
Gespräch in eine andere Richtung zu lenken und kam auf das eigenwillige Leben
von Sanchos zu sprechen.
Dieser fasste sich in den Bart und lachte leise. »Eigenwillig? Was ist
daran eigenwillig? Ich habe ursprünglich Geschichte studiert. Dabei stieß ich
auf Unterlagen, die die merkwürdige Story der de Avilla -Herzöge
erwähnen. Aus einem Hobby wurde praktisch eine Forschungsaufgabe. Ich fand
Zusammenhänge, die eindeutig darauf hinwiesen, dass es sich bei den Dingen, die
in der Vergangenheit geschahen, nicht nur um phantastische Erzählungen
handelte. Es gab erstaunlich viel Bemerkenswertes. Ich konnte Einblick in
Polizeiberichte und Chroniken nehmen, und die Unterlagen stellten sich als echt
heraus. Ich war mehr als einmal in der Nähe des geheimnisvollen Grabes, an dem
sich alle siebenunddreißig Jahre ein unheimlicher
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