0190 - Ein Gangster starb im Niemandsland

angegeben. Der Cop, der den Besitzer des Wagens holen wollte, fand eine zertrümmerte Tür und im Wohnzimmer einen erschossenen Mann. Er gab Alarm.
    Das FBI erreichte die Meldung von Bradfords Tod um zehn Uhr vormittags. Um 12 Uhr wussten wir aufgrund der Kugeluntersuchung, wer der Schütze war. Eine Stunde später standen Hank Sullivan und die anderen Mitglieder der Bande, die sich noch in unserer Hand befanden, im Leichenschauhaus dem leblosen Körper ihres Chefs gegenüber.
    Sullivan blieb zwar bei seinem Leugnen, aber zwei der anderen gingen in die Knie. Ein Mann gab zu, dass er Ellis Madleen im Auftrag von Bradford die Keystone-Maschinenpistole in einem Koffer gebracht hatte. Er berichtete von dem Waffenlager, das Bradford in einer Garage unterhielt. Wir fuhren hin und stellten fest, dass das Lager nicht mehr vollständig war. Nelson befand sich im Besitz zweier Maschinenpistolen mit einem Koffer voll Munition und zweier Pistolen vom Typ Webster.
    Da der Verkehrspolizist den nachtblauen Lincoln schon jenseits der Stadtgrenze gestoppt hatte, stand fest, dass Babyface Nelson den Weg nach Süden eingeschlagen hatte.
    Die mittel- und südamerikanischen Staaten bieten einem Gangster von Nelsons Schlag gute Möglichkeiten. Er musste die Südgrenze erreichen. Das war seine einzige Chance, und uns war klar, dass er sie bis zur letzten Konsequenz wahrnehmen würde.
    Babyface hatte in einem blauen Lincoln New York verlassen, aber ich war überzeugt, dass er längst am Steuer eines anderen Wagens saß. Spätestens am Morgen dieses Tages würde er den Lincoln gegen ein anderes Auto zu tauschen versucht haben, wenn er nur einen Funken Verstand besaß. Unsere Beschreibung des Lincoln hatte nur den Sinn, die Fährte zu finden. In dieser Beziehung war der Lincoln wichtig, selbst wenn er ohne Insassen seit Stunden an irgendeinem Straßenrand stand.
    Als der Verkehrscop den Wagen stoppte, hatte Buck Loggan offensichtlich noch darin gesessen. Loggans Gesicht mit der platten Nase war einprägsamer als Nelsons glattes Kindergesicht, aber ich war nicht sicher, ob Bradfords Leibgardist sich noch in Babyfaces Gesellschaft befand. Vielleicht lag er längst reglos in irgendeinem Gebüsch am Rand irgendeiner Straße.
    Was Ellis Madleen anging, so glaubte ich, dass sie sich nach wie vor bei Nelson befand. Sie schien einen Narren an ihm gefressen zu haben und bereit zu sein, mit ihm durch dick und dünn zu gehen; mehr noch - auch bereit, mit ihm zu sterben. Ihr blondes Haar und ihre ganze Erscheinung waren auffallend, aber jeder Friseur konnte sie innerhalb einer Stunde in eine Brünette verwandeln, und wenn sie sich einen Trenchcoat anzog und ein Tuch um den Kopf band, dann blieb von ihrer auffallenden Erscheinung nicht mehr viel über.
    Alles in allem schienen mir Nelsons Chancen nicht schlecht zu stehen, aber vielleicht war ich nur skeptisch aus schlechter Laune.
    Unserem Start von New York war eine kurze Konferenz mit dem Chef vorausgegangen. Mr. High teilte unsere Ansicht, dass Nelson nicht New York verlassen hatte, um in New York Station zu machen. Wir schätzten, dass er die ganze Nacht durchfahren würde. Dann erst musste ihn der Wagentausch zum ersten Aufenthalt gezwungen haben, und ich hielt es für fraglich, ob er die kommende Nacht noch einmal durchfahren würde. Noch jedenfalls verfügte er über etwa fünfzehn Stunden Vorsprung, und Mr. High schickte uns auf die Reise, um möglichst aufzuholen, während er selbst die Nachrichtenvermittlung organisierte.
    ***
    Phil hatte den Lautsprecher der Funksprechanlage eingeschaltet. Wir benutzten die Frequenz 633. Alle Meldungen für uns sollten über diese Frequenz gesendet werden. Selbstverständlich waren wir für den Sprechverkehr der New Yorker Polizei oder des FBI außer Reichweite, sobald wir das Stadtgebiet verlassen hatten. Ebenso wenig konnte uns natürlich eine Nachricht aus North Carolina direkt erreichen, solange wir noch in der Gegend von New Jersey herumkutschierten, aber über das ganze Land verteilt stehen die Sendestationen für den Sprechverkehr der Polizei der einzelnen Bundesstaaten. Jede Meldung konnte von einer solchen Station aufgenommen und wieder ausgestrahlt werden, sodass wir, wenn wir uns in der Nähe befanden, die Nachricht erhalten würden. Auf dem gleichen Weg konnten wir Meldungen nach New York geben.
    In der Gegend von Trenton erreichte uns die erste Nachricht. Sie wurde von der Polizeileitstelle in Camden übermittelt.
    »Sondereinsatz FBI New York!