0192 - Hotel zur dritten Hölle
würden schwere Regentropfen auf Blech fallen.
Will Mallmann überlegte wirklich, ob er die Stufen nach oben gehen sollte. Er entschied sich schließlich dafür. Bevor er die erste betrat, prüfte er das Gewicht.
Das Holz war weich und dementsprechend angefault. Es gab auch nach, aber es schien sein Gewicht zu halten. Jedenfalls brach es nicht.
Als Will seinen Fuß hochhob, hinterließ er einen Abdruck im weißgrünen Schimmel.
Der Kommissar hielt sich am Rand, als er die Stufen nach oben schritt.
Die Tapete hing in langen Streifen herab, falls sie noch vorhanden war.
Will erreichte die erste Etage. Ein kleiner quadratischer Flur, von dem rechts und links der Gang abzweigte.
Zimmertür lag neben Zimmertür. Die meisten standen offen, so daß der Kommissar einen Blick in die Räume werfen konnte. Auch hier war alles verfallen.
Die Möbel, die Betten. Staub und Schimmel bildeten einen dicken Überzug.
Nein, ein Mensch konnte hier nicht leben. Will durchsuchte sämtliche Räume auf der rechten Seite, dann machte er kehrt und nahm sich die auf der anderen vor.
Auch hier waren die Zimmer leer. Plötzlich blieb er stehen.
Von unten hatte er ein Geräusch gehört. Es war ein dumpfes Poltern gewesen, und dem Kommissar rann ein Schauer über den Rücken. Was hatte das zu bedeuten? Hielten sich doch noch Menschen in diesem Hotel auf?
Oder waren es keine Menschen, sondern irgendwelche andere Wesen, die Ähnlichkeit mit der toten Kathie Berner zeigten?
Das war die Frage, und Will Mallmann hatte sich entschlossen, ihr auf den Grund zu gehen.
Er wollte eine Antwort.
Bis zur Treppe ging er vor. Den Fuß hatte er bereits auf die erste Stufe gesetzt, als er das Gelächter hörte. Grell, kalt und höhnisch schallte es durch das Haus. Im gleichen Augenblick fühlte Will den Schwindel. Die verfallene Treppe drehte sich vor seinen Augen, wurde zu einem wirbelnden Kreisel, der einen gewaltigen Sog mit sich führte.
Dieser Sog packte den Kommissar. Er griff nach ihm wie mit gierigen Händen. Der Kommissar verlor den Halt, und dann merkte er nichts mehr.
Das Unheil hatte ihn verschlungen…
***
So groß die Klappe des Regisseurs Harry del Rio normalerweise auch war, wenn er mit seinem Boß telefonierte, war er daumengroß mit Hut.
Logan Costello war für ihn ein unberechenbarer Mann, mal scheinheilig freundlich auf der einen Seite und auf der anderen wieder kalt und erbarmungslos.
Ähnliche Eigenschaften wies auch del Rio auf. Er wollte ein großer Regisseur werden, und um dieses Ziel zu erreichen, ging er über Leichen. Er brauchte jedoch auch Rückendeckung, und die holte er sich von seinem Boß.
Als Costello hörte, daß ein Oberinspektor Sinclair den Regisseur besucht hatte, drehte er fast durch und hätte vor Wut und Haß am liebsten in den Hörer gebissen.
»Was wollte er?«
Der Regisseur erzählte es ihm. Logan Costello schwieg. Er ließ sich Zeit mit der Antwort, und del Rio wagte auch nicht, ihn zu unterbrechen.
Schließlich sagte der Mafioso: »Es ist gut, daß du angerufen hast. Sinclair wird, so wie ich ihn kenne, nicht lockerlassen und die Spur weiterverfolgen. Wahrscheinlich kreuzt er im Hotel zur dritten Hölle auf.«
Jetzt lachte Costello meckernd. »Da wird er sich wundern.« Im nächsten Augenblick klang seine Stimme knirschend. »Aber der Hund ist raffiniert, ich kenne ihn. Und er ist gut bewaffnet. Doch ich will ihn tot sehen, und dafür wirst du sorgen, del Rio.«
»Soll ich ihn umlegen?«
»Ja, auch das. Du wirst auf jeden Fall nach Deutschland fahren und ihn im Hotel erwarten. Nimm dir zwei, drei Leute mit. Ich schicke sie dir. Aber haltet euch im Hintergrund. Sinclair soll sich erst mit den anderen auseinandersetzen. Wenn er es trotz allem schaffen sollte, legt ihr ihn aus dem Hinterhalt um. Hast du verstanden?«
»Ja, Sir.«
»Dann warte, bis ich dir die Männer schicke. Am Flughafen steht ein Privatjet, den kannst du nehmen. Von Frankfurt aus ist es nur ein Katzensprung.«
»Ich erledige alles, Boß.«
»Das will ich dir auch geraten haben. Sonst wirst du in Zukunft keine Filme mehr drehen.«
Nach diesen Worten legte Logan Costello auf.
Del Rio zündete sich eine Zigarette an. Er hockte in seinem Atelier und schaute sich um. Seine Mundwinkel hatten sich verzogen. Er hatte es geahnt, so mußte es einmal kommen. Nichts von dem hier gehörte ihm.
Costello hatte nicht nur die Einrichtung gekauft, sondern auch ihn. Er mußte spuren, wenn Costello pfiff. Der Mann hatte sich vorgenommen,
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