0193 - Der Mitternachts-Vampir
für den er als Elektronik- und Informatikfachmann verantwortlich war.
Ausgestorben lag die Hauptstraße vor ihm. Die wenigen, am Rand stehenden Wagen, zeigten bereits eine glitzernde Schicht auf dem Blech. Das war Eis.
Frostkalte Novembernächte liebte Dirk. Allerdings nicht, wenn er draußen war, und dann nur am Wochenende, so daß er am anderen Tag nicht aufzustehen brauchte.
Es brannten nur wenige Lichter. Hinter den Schaufensterscheiben der Geschäfte meist nur die Notbeleuchtung. Selbst die kleine Disco schräg gegenüber hatte schon geschlossen. Ein einsames Mofa stand vor dem Laden.
Dirk nahm eine Abkürzung. Hinter der VW-Werkstatt führte ein schmaler Weg den Hügel hoch und erreichte kurz vor der Siedlung die Straße. Der Weg war zwar anstrengender zu laufen, aber das konnte Dirk wirklich nicht schaden. Vielleicht verschwand dann der Alkoholdunst aus seinem Kopf.
Ein paar Kurven mußte er gehen.
Wenn er weiter hoch schaute, sah er schon die bläulichweißen Lichtinseln der Straßenlaternen, die in der neuen Siedlung standen.
In dem Bezirk, den er jetzt durchquerte, wohnten die alteingesessenen Bürger. Es waren auch prächtige Häuser darunter, oft sehr alt, aber gut gepflegt.
Plötzlich blieb er stehen.
Nicht weit entfernt glaubte er, einen Schatten gesehen zu haben. Als Dirk seinen Schritt verhielt, verschwand der Schatten hinter einem Busch, und ihm kam es vor, als wäre er überhaupt nicht dagewesen.
Dirk wischte über seine Augen. Werde mich wohl getäuscht haben, dachte er und hoffte nur, daß er keine weißen Mäuse sah.
Wenig später passierte er die Stelle, wo er den Schatten gesehen hatte.
Dort war alles leer.
Wenn er jedoch hinter dem alten Schuppen nachgesehen hätte, der am Rand eines großen Grundstücks stand, hätte er einiges gesehen. So aber ging er weiter und war ahnungslos, als er die neue Straße betrat, die in die Neubausiedlung führte.
Auch hier war es ruhig. Kaum daß hinter den Fenstern der Häuser Licht brannte. Nur vereinzelt ein paar hellere Flecken im Einerlei der Hauswände.
Immer wenn Dirk die Siedlung sah, bekam er einen Schrecken. Er hatte nie ein solches Reihenhaus haben wollen, aber hohe Bau- und Grundstückskosten hatten ihn schließlich zu einem solchen Kompromiß gezwungen.
Und weiter ging er.
Wieder kürzte er ab. Zwischen den Garagenkomplexen gab es einen schmalen Weg. Die Anlieger hatten sich die Kosten für eine Plattierung geteilt, so daß er jetzt auch von den Kindern als Spielweg benutzt werden konnte.
Er führte an den kleinen Gärten vorbei, und wo sich sein Ende befand, da begann auch schon der Häuserkomplex, in dem auch das Reihenhaus der Lebers stand.
Man konnte es vom Weg aus sehen. Dirk brauchte nur nach links zu schauen und acht Häuser abzuzählen.
Dort war seins.
Wo die Lampe über der Tür brannte.
Wieso brannte sie denn? Gabi ließ sie nie an. Sie wollte auch Strom sparen, und so betrunken war Dirk noch nie, daß er den Weg nicht allein gefunden hätte.
Das Denken fiel ihm ein wenig schwer, und er wunderte sich auch, daß sich vor der Haustür Menschen aufhielten.
Da war doch nichts passiert?
Was die kalte Luft nicht vermocht hatte, das schaffte nun das Gefühl der Angst. Dirk Leber wurde schlagartig nüchtern und klar im Kopf. Er begann zu laufen.
Weit hatte er es nicht, und die Menschen vor seinem Haus hörten auch seine Schritte, die als Echos an den Fassaden widerhallten. Ein Nachbar lief ihm entgegen. Er trug noch einen Schlafanzug und hatte nur einen Bademantel übergeworfen.
»Dirk«, rief er, »gut, daß du kommst.«
»Was ist denn geschehen?« Schwer atmend blieb Dirk Leber stehen.
»Komm erst mal mit.«
»Nein, Manni, sag was los ist.«
»Deine Frau. Sie ist…«
»Ist ihr etwas passiert?«
Manni Mehlert hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, Dirk. Wirklich nicht. Silke ist bei deinem Jungen. Er weint, und sie versucht ihn zu beruhigen.«
Käsig sah Dirk plötzlich aus. Er zitterte am ganzen Leib. Deutlich malte sich der Schreck auf seinem Gesicht ab. Er kümmerte sich nicht um den Nachbarn, sondern rannte auf das Haus zu. Das kleine Tor des Vorgartens stand offen. Dirk hetzte über den Weg und vorbei an den Nachbarn ins Haus. Er hatte die mitleidigen Blicke gesehen, die man ihm zuwarf, und er empfand sie in diesen Augenblicken als scheinheilig und verlogen.
Von oben hörte er Stimmen. Eine gehörte Silke Mehlert, die andere seinem Sohn.
Mit Riesensätzen hetzte der besorgte Vater und Ehemann die
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