0193 - Der Mitternachts-Vampir
daß seine Gier stärker war als seine Angst. Er würde versuchen, den Jungen zu beißen.
Und deshalb mußte ich schneller sein.
Auf den weiblichen Blutsauger brauchte ich zum Glück nicht zu achten. Suko und Will ließen ihn nicht aus den Augen. Er würde es nicht wagen und so lange warten, bis sich Morro rührte.
Der Mitternachts-Vampir zögerte.
Noch…
Und dann übernahm jemand die Initiative, mit dessen Eingreifen ich nie gerechnet hatte.
Klaus!
Irgendwie hatte der Junge erkannt, daß die Chancen jetzt günstiger für ihn standen. Er befand sich zwar noch im Griff des Vampirs, aber er schleuderte plötzlich seinen Kopf herum und traf den Blutsauger hart am Kinn.
Dessen Kopf wurde ebenfalls zur Seite gedrückt, und die Zähne befanden sich nicht mehr direkt über der straff gespannten Haut des Halses.
Das war die Chance.
Ich griff ein!
***
Lady X lag in ihrem Sarg. Obwohl sie eine Untote war, tobten Gefühle in ihrem Innern. Sie hatte die Männer kommen sehen und sie auch erkannt.
Ihr Todfeind befand sich unter ihnen.
John Sinclair!
Diesem Mann allein galt all ihr Haß, zu dem sie überhaupt fähig war.
Sinclair war schuld daran, daß sie zu einem Vampir geworden war. Er hatte es immer wieder geschafft, den Kugeln ihrer Maschinenpistole zu entgehen, und nun befand er sich in ihrer Nähe. Und er wußte nichts von ihr.
Die Männer hatten die Särge zwar registriert, doch niemand von ihnen hatte in sie hineingeschaut.
Das war der erste große Vorteil. Als zweiten besaß sie noch ihre Maschinenpistole. Nun würde es sich erweisen, daß ein Vampir mit einer Waffe auch etwas anfangen konnte. Er brauchte sich nicht nur auf seinen Trieb und seine beiden Eckzähne zu verlassen. Wenn Sinclair einmal angeschossen war und sein Blut sprudelte..
Sie dachte nicht mehr weiter, denn die drei reagierten. Fast schmerzte es sie, als sie bemerkte, wie der Chinese mit der Dämonenpeitsche zuschlug und eine Braut tötete.
Lady X hatte Mühe, sich ruhig zu verhalten und die Nerven zu bewahren. So behutsam wie möglich schob sie den schweren Sargdeckel zur Seite.
Keiner beachtete sie.
Dann war es soweit, daß sie sich aufrichten und aus dem Sarg steigen konnte.
Ihr Gesicht zeigte ein diabolisches Lächeln, die Zähne standen weit hervor. Mit beiden Händen hielt sie die wertvolle MPi umklammert, und die ehemalige Terroristin war fest entschlossen, ihre drei Gegner in den Rücken zu schießen…
***
Ich feuerte.
Dabei hatte ich auf den Kopf des Blutsaugers gezielt, doch der zuckte genau in dem Moment zur Seite, so daß meine Kugel fehlte. Gleichzeitig hörte ich das Krachen der beiden anderen Waffen. Allerdings kümmerte ich mich nicht darum, für mich war Morro, der Mitternachts-Vampir, wichtiger.
Ich zögerte bewußt, einen zweiten Schuß abzufeuern. Erst einmal mußte ich den Jungen in Sicherheit wissen. Hastig sprang ich vor, bekam ihn zu packen und schleuderte ihn zur Seite, daß er stolperte und zu Boden fiel.
Das hatte natürlich Zeit gekostet, und die Spanne nutzte Morro eiskalt aus.
Er warf sich gegen mich.
Ich konnte nicht schnell genug ausweichen, drehte mich zwar noch, an der Schulter traf er mich trotzdem und schleuderte mich so hart herum, daß ich mich zweimal um mich selbst drehte. Er war schon wieder siegessicher, was mir sein Schrei bewies, als er mich angriff.
Diesmal fiel er voll gegen mich. Aber auch gegen mein Kreuz.
An das Kruzifix hatte er in seiner wilden Wut nicht mehr gedacht. Den Mund hatte er schon aufgerissen, um die Zähne in meinen Hals zu schlagen, als ihn das geweihte Kreuz berührte.
Plötzlich versteifte er. Morro wurde regelrecht starr, als wäre er nur noch eine Statue. Sein Gesicht fiel zusammen, er rollte mit den Augen, beide Arme hob er an und schlug seine gekrümmten Finger in meine Schultern, als wollte er so einen letzten Halt vor dem Sterben bekommen.
Er schaffte es nicht.
Die Macht des Kreuzes war zu stark. Der Vampir löste sich auf, verlor seine Kraft und rutschte an mir zu Boden. In den Knien knickte er zuerst ein. Zwischen ihm und mir drang bereits der erste Rauch hoch und sammelte sich unter der Decke.
Ich trat zurück.
Morro fiel aufs Gesicht. So wie er gefallen war, blieb er liegen und verfaulte.
Es gab keinen Mitternachts-Vampir mehr. In einer wirklich überraschenden Blitzaktion hatten wir es geschafft und dem Spuk ein Ende bereitet.
Ich schaute zu meinen beiden Freunden hin.
Will und Suko standen nebeneinander. Der Kommissar hatte seine Arme
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