0193 - Duell der Magier
das Gewehr mit beiden Fäusten gepackt und stürmte in den Staub hinein, der ihn in den Augen biß. Durch das nasse Tuch atmete er gefilterte Luft, aber in diesem heißen Klima würde die Feuchtigkeit auch nicht sonderlich lange Vorhalten. Bis dahin hoffte er den unheimlichen Burschen erwischt zu haben, der irgendwie Häuser in Staub umwandelte.
Über das Wie machte sich der Archäologe keine Gedanken. Das würde ihm der Kerl schon verraten, der hier mit seinem Vandalismus unersetzliche Schätze zerstörte.
Überall knisterte und knirschte es, und immer wieder klang Rauschen auf, wenn Staub wie Sturzbäche aus höheren Etagen niederrutschte. Dichter wurden die Wolken und wollten Scott-Majors die Sicht nehmen.
Wo steckte der Fremde?
Warum zerstörte er die Stadt?
Plötzlich sah der Archäologe den Schatten wieder. Knapp zwanzig Meter stand der Kerl starr und hatte beide Arme gegen ein noch unzerstörtes Haus ausgestreckt, in dem es jetzt auch zu knistern begann.
Merkwürdig dürr war er.
Scott-Majors riß das Gewehr hoch und rief den Fremden an.
Der hatte durch Knistern und Rauschen den Ruf gehört und drehte sich jetzt um.
Scott-Majors kam, das Gewehr im Anschlag, auf ihn zu. »Rühr dich nicht vom Fleck, Freundchen, und mach keine dumme Bewegung!« rief er dem Unheimlichen zu.
Als er noch zehn Meter entfernt war, rissen zwischen ihnen die Staubschleier auseinander.
Owen Scott-Majors, heißblütiger Realist, sah ihn jetzt klar und deutlich. Sah, wen er vor sich hatte.
Das nackte Grauen sprang ihn an und ließ ihn entsetzt aufschreien.
Dann riß er den Stecher durch. Brüllend entlud sich das Gewehr.
***
»Autobahnfahren ist ungesund«, hatte Jörg Tewes behauptet. »Landstraßen sind schöner und grüner, und wenn man Glück hat, kann man noch echte Kühe sehen.«
»Autobahnen stehen unter Naturschutz, also befahren wir sie auch«, hatte Bernd Rollenkamp entschieden und sein quietschgrünes Vehikel, einem Wasservogel nicht unähnlich, in Richtung Autobahn in Bewegung gesetzt. Momentan stürmte die »Ente« mit annähernd 100 km/h über die mäßig befahrene Autobahn Kassel entgegen. Das plärrende Radio war nicht in der Lage, den Motorlärm zu übertönen, aber das machte fast gar nichts. Lauter noch war der Fahrtwind, der durch das weitest geöffnete Rolldach ins Innere des Gefährts zischte. Bernd saß hinter dem Lenkrad und stand förmlich auf dem Gaspedal, um dem Wagen ein Höchstmaß an Leistung abzufordern. Obwohl Citroëns Kleinster normalerweise ein Marschtempo von über Tempo 100 erreichte, ging hier nichts mehr. Auf dem Beifahrersitz kauerte Jörg Tewes mit dem Autoatlas auf dem Schoß und versuchte verzweifelt die richtige Ausfahrt ausfindig zu machen.
»Wir müssen Kassel-Mitte runter«, behauptete Bernd zum wiederholten Mal, was Jörg nicht daran hinderte, alles in Frage zu stellen.
Auf der Rückbank tummelten sich Monica und Uschi Peters, die beiden eineiigen Zwillinge, die über eine höchst sonderbare Begabung verfügten, von der jedoch nur die wenigsten Menschen etwas wußten. Die beiden neunzehnjährigen Mädchen waren in der Lage, Gedanken zu lesen und auszusenden - jedoch nur, wenn sie nicht allzuweit voneinander entfernt waren. Jede für sich schaffte es nicht, aber gemeinsam konnten sie telepathische Kontakte zu weit entfernten Personen aufnehmen.
Im Augenblick indessen beschränkte sich ihre Tätigkeit darauf, vom Rücksitz aus lästernde Kommentare abzugeben.
Kurz vor Zierenberg begann der Entenmotor zu stottern. Bernd nahm unwillkürlich den Fuß vom Gas. Schlagartig verlor der Wagen an Geschwindigkeit.
»He - hier ist aber noch nicht Kassel! Das sind noch ein paar Kilometer«, protestierte Monica vom Rücksitz und beugte sich leicht vor. »Fahr weiter, Kamerad!«
»Sag das mal dem Auto«, gab Bernd ungnädig zurück und trat das Gaspedal wieder voll durch. Der Wagen bockte noch heftiger, dann ertönte ein lautes Knallen, und nichts ging mehr.
»Das hat uns gerade noch gefehlt«, stöhnte Jörg Tewes. Bernd schaltete die Warnblinkanlage ein und ließ den Wagen zum Straßenrand hin ausrollen. Er lenkte ihn noch vom Seitenstreifen auf den grünen Rasen neben der Kriechspur. Dort kam der Citroën 2 CV zum Stehen.
»Ich habe das dumpfe Gefühl, daß es das war«, brummte Bernd, stieg aus und öffnete die Motorhaube. Äußerlich war nichts zu erkennen, aber der Motor reagierte auf keinen Startversuch mehr. Bernd und Uschi, die über einiges technische Talent verfügten,
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