0193 - Duell der Magier
geschluckt haben.
Auch Bill fühlte, daß sich das Zeug in ihm festsetzte. Er packte zu und riß Scott-Majors mit sich, auf den Dschungelrand zu. Sie mußten zwisehen den Pflanzen Schutz suchen. Das dichte Laub würde möglicherweise die größten Staubmengen auffangen.
Allzu weit hatten sie es nicht, kämpften sich in das ewige Grün vor. Bill achtete nicht auf Insekten und Schlangen. Sie waren ihm in diesem Moment herzlich gleichgültig. Für ihn gab es nur eines: Flucht vor dem im Endeffekt tödlichen Staub.
Erst, als er fast dreißig Meter weit vorgestoßen war zwischen breitblättrigen Bodenpflanzen und Lianenenden, hielt er inne. Hier war von der Blauen Stadt bereits nichts mehr zu sehen, und hierher würde der treibende Staub wohl auch nicht mehr kommen.
Jetzt erst fand er Zeit, sich um Owen Scott-Majors zu kümmern. Scott-Majors mußte so rasch wie möglich in ärztliche Behandlung. Er hatte zu viel von dem Staub abbekommen. Und es war fraglich, ob die Künste des expeditionsbegleitenden Arztes ausreichen würden.
»Narr«, murmelte Fleming und hustete selbst auch Staub aus. Aus verquollenen und verschleierten Augen starrte der Archäologe ihn an. Bill berührte seine Schulter.
»Der Fremde«, sagte er. »Haben Sie ihn erwischt? Wer war er?«
Doch Scott-Majors lallte nur unverständliche Laute, begann zu wimmern und schlug um sich. Schaum trat ihm vor den Mund, dann hustete er wieder und erbrach sich.
Bill begriff, daß er von Scott-Majors nichts mehr erfahren würde. Der Mann hatte über sein Erlebnis den Verstand verloren, und er begann zu sterben. Der blaue Staub brachte ihn um.
***
Zamorra fuhr schnell. Da es auf bundesdeutschen Autobahnen so gut wie keine Geschwindigkeitsbegrenzungen gab, drehte er voll auf, ging vorsichtshalber grundsätzlich auf die linke Seite und betätigte die Lichthupe als Laserkanone, um ein paar entsetzte Mercedesfahrer zur Seite zu scheuchen. Nicole hatte sich gemütlich zurückgelehnt, das Schiebedach geöffnet und die Seitenscheibe versenkt, um den Fahrtwind zu genießen, der ihr mit fast 200 km/h entgegenpfiff. Bei diesem Tempo und den geöffneten Fenstern war eine Verständigung nur noch schreiend möglich, und Nicole hatte die Augen geschlossen und ließ ihre leicht bläulich gefärbten Haare fliegen.
Zamorra hatte per Autobahn einen leichten Umweg riskiert und das Ruhrgebiet durchkreuzt. Jetzt, zur Abendstunde, näherten sie sich ihrem Ziel. Plötzlich runzelte er die Stirn. Da war irgend etwas, das er mit seinen Para-Sinnen wahrnahm.
Fast reflexhaft glitt seine Hand zur Mittelkonsole, fand die beiden entsprechenden Schalter und ließ die Elektromotoren surren. Nicoles Seitenfenster und das Schiebedach schlossen sich. Das Mädchen schreckte hoch. »He, was ist?«
Zamorra ging mit der Geschwindigkeit drastisch herunter und scherte nach rechts ein. »Ich spüre etwas«, sagte er.
Sofort war Nicole hellwach. »Das Amulett?« fragte sie.
Mit der Linken faßte Zamorra an seine Brust, wo unter dem schockroten T-Shirt das Amulett des Leonardo de Montagne am Silberkettchen hing.
Aber er wußte bereits vorher, daß es nicht das Amulett war, das ihn warnen wollte. Das Gefühl, daß sich etwas in der Nähe befand, kam von außen.
Telepathie…?
Er bremste weiter ab und lauschte in sich hinein. Er spürte bekannte Schwingungen. Eine Person, die er kannte, befand sich hier irgendwo. Nein, zwei Personen! Doch ihre Geistesschwingungen waren in den Grundzügen gleich…
»Ich werd’ verrückt«, murmelte er. »Die Peters-Zwillinge!«
Nicole beugte sich leicht vor und strich sich eine blauschwarze Haarsträhne aus dem Gesicht. Es war nicht ihr Original-Haar, sondern eine ihrer unzähligen Perücken, mit denen sie sich fast täglich ein anderes Aussehen gab.
Er bremste noch weiter ab. Die Hinweisschilder auf eine Autobahnausfahrt tauchten auf, und hinter der Ausfahrt erkannten Zamorra und Nicole zwei Gestalten, die den Daumen in den Wind hielten.
Er hielt den Wagen an und sah eines der beiden Mädchen und einen jungen Mann am Fahrbahnrand stehen.
»Die Welt ist klein«, murmelte Nicole, als der Wagen stand und die beiden Anhalter auf ihn zuzulaufen begannen. »Wohin man auch kommt - man trifft immer wieder auf bekannte Gesichter!«
***
Als das Staubchaos vorüber war, wagten die Menschen sich aus dem Dschungel zurück zum Zeltlager und machten Bestandsaufnahme.
Der blaue Staub hatte sich überall abgelagert und machte ein Verweilen unmöglich. Bill gab daher das
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