0195 - Eine schaurige Warnung
der aus einem in der Nähe wachsenden Gebüsch stürmte und sich mich als sein Ziel aussuchte. Mir fielen die Aussagen des jungen Paares wieder ein, die der Sergeant protokolliert hatte. Die beiden hatten auch von einem Bluthund gesprochen.
Weit hatte er die Schnauze aufgerissen. Für einen Moment bekam ich schreckliche Angst, denn einen Sprung weiter, dann konnte er meine Kehle durchbeißen.
Er tat es nicht. Dicht vor meinem Gesicht ließ er sich auf seine Hinterläufe nieder und blieb erst einmal hocken, wobei er mich nicht aus den Augen ließ.
»Ja, so ist es gut«, hörte ich eine kratzige Stimme.
Und dann sah ich ihn.
Das mußte Abrakim sein, dessen Gestalt sich aus den Nebelschleiern löste. Er war von einem zwergenhaften Wuchs. Ein Gegner, über den ich normalerweise gelächelt hätte, wenn er mich angriff, aber hier verging mir das Lachen, denn er hielt etwas in der rechten Hand, das mich ungemein störte und mir Angst einflößte.
Ein Schlachtermesser!
Dreimal so lang wie der Griff war die breite Klinge, die an ihrer Oberseite wie ein Wulst zulief. Bestimmt war sie scharf wie ein Rasiermesser, und ich begann regelrecht zu zittern, als Abrakim auf mich zulief, wobei er keinen Versuch machte, zu stoppen.
Todesangst überfiel mich. Gespenstisch sah der Zwerg aus, wie er aus dem Nebel kam und seinen rechten Arm schwang. Ein Schlag, und ich würde kopflos da hängen.
Ein heiseres Krächzen drang aus meiner Kehle. Zeichen einer ungeheuren Angst.
Noch zwei Schritte, dann…
Der Bluthund zog sich zurück. Auch er ahnte etwas – und dann blieb der Zwerg stehen.
Ich atmete auf.
Dennoch zitterte ich am ganzen Körper, und dieses Zittern setzte sich auch fort, zudem bemerkte der Zwerg es, und er fing an zu lachen. Vor seinen Lippen dampfte kein Atem, für mich ein Zeichen, daß ich es nicht mit einem Menschen zu tun hatte, sondern mit einem Geschöpf der Hölle.
»Ja!« keuchte er. »Du hast Angst, Fremder, und du sollst Angst haben. So wie die anderen, die in meinen Wald eingedrungen sind, der mir und Mandragoro gehört.«
Mandragoro!
Ein Name war gefallen, den ich gut kannte. Ich brauchte nur zurückzudenken und erinnerte mich wieder an den Fall der mordenden Pflanzen, die in London fast ein riesiges Hotel verschlungen hätten. Professor Zamorra, Suko und mir war es buchstäblich im letzten Augenblick gelungen, die Gefahr abzuwenden.
Damals war der Dämon Mandragoro auch das Wesen im Hintergrund gewesen. Es hatte nur einen anderen vorgeschickt.
Wie hier…
Mir wurde auch einiges klar. Die beiden Arbeiter hatten sich in Monstren verwandelt, die abgefault waren wie Pflanzen. Sie mußten die Magie des Mandragoro in ihrem Innern gespürt haben.
Wie auch Abrakim.
Er starrte im Augenblick nicht mich an, sondern auf meine Waffen. Die Beretta und das Walkie-talkie lagen dicht vor seinen Schuhspitzen, ebenso die Taschenlampe. Irgend etwas schien Abrakim zu bewegen, denn er duckte sich und zog seinen kahlköpfigen Schädel noch tiefer zwischen die Schultern.
Dann hatte er die Lösung.
In einem Anfall von Zorn hob er den rechten Fuß, ließ ihn für eine halbe Sekunde über dem Sprechgerät schweben und trat wuchtig zu.
Ich verzog das Gesicht, als ich das häßliche Knirschen hörte, das entstand, als der Zwerg das Walkie-talkie zerstörte. Und noch einmal trampelte er.
Nur noch Reste lagen im Gras, mehr war von diesem lebensrettenden Gerät nicht zurückgeblieben.
»Du bist nicht allein gekommen, wie?« fuhr er mich an.
Ich schwieg.
»Los, ich will eine Antwort.« Er sprach schnell, stieß die Worte als Hecheln hervor und war nur schwer zu verstehen. Dabei klatschte er mir die flache Seite des Haumessers gegen die Stirn, so daß ein scharfer Schmerz meinen Kopf durchströmte.
Ich holte ein paarmal tief Luft. Der Schmerz ebbte allmählich ab, der Druck blieb. Es bereitete mir Mühe zu sprechen. »Ja!« keuchte ich. »Du hast recht. Ich bin nicht allein gekommen. Andere sind ebenfalls noch da.«
»Wie viele?«
»Vielleicht einer, vielleicht hundert.« Ich log wie gedruckt, aber das machte nichts. Dieser Abrakim sollte verunsichert werden, damit er nicht ausflippte.
»Hundert?« kreischte er. »Nein, es sind keine hundert. Dann hätte ich sie genau gesehen. Du versuchst nur, deine Haut zu retten, das ist alles.«
»Gut«, erwiderte ich. »Es ist nur einer da. Ich habe einen Freund mitgenommen.«
Abrakim trat etwas zurück und legte den Kopf schief, damit er mich anschauen konnte. »Du wirst es
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